Foto: Robert Newald

Vor dem Schweizer Bundesgericht hat die österreichische Herausgeberfamilie Dichand einen wesentlichen Punkt gemacht im jahrzehntelangen Gesellschafterstreit um das Sagen und das Geld bei der "Kronen Zeitung". Das Höchstgericht hat das Verfahren eines Schiedsgerichts und das Zustandekommen einer Entscheidung im Sinne der Dichands bestätigt; es hat den Spruch am Mittwoch veröffentlicht.

Die deutsche Mediengruppe Funke, sie hält gemeinsam mit Immobilienmilliardär René Benko die anderen 50 Prozent an der "Kronen Zeitung", hatte das Schweizer Bundesgericht nach dem Schiedsspruch vom Mai 2020 angerufen.

Die Entscheidung des Schweizer Bundesgerichts im Überblick

  • Das Schiedsgericht – je ein Vertreter von Funkes und Dichands sowie ein Vorsitzender, auf den sie sich einigen – entschied am 19. Mai 2020 mit Mehrheit: Die Rahmenvereinbarung zwischen den "Krone"-Gesellschaftern könne nicht gesondert von der Beteiligung an den Gesellschaften gekündigt werden, auf die sich die Rahmenvereinbarung bezieht. Der Vertreter der Funke-Gruppe stimmte gegen diesen Spruch.
  • Die Funke-Gruppe beschwerte sich beim Schweizer Höchstgericht wegen aus ihrer Sicht "vorschriftswidriger Zusammensetzung des Schiedsgerichts" (Zitate hier aus der Entscheidung des Schweizer Bundesgerichts).
  • Die deutsche "Krone"-Gesellschafterin verlangte eine Wiederholung des Schiedsverfahrens wegen von ihr vorgebrachten Kontakte des von den Dichands entsandten Schiedsrichters Paul Oberhammer mit Dichand-Anwältin Huberta Gheneff während des Verfahrens. Oberhammer habe im Frühjahr 2019 insgesamt rund fünf Stunden mit Gheneff telefoniert. Und Oberhammer habe an einem vollständigen Entwurf für den Schiedsspruch mitgewirkt, argumentierte die Funke-Gruppe. Zeugenbefragungen seien "nachteilig beeinflusst" worden.
  • Das – nach Oberhammers Ausscheiden am 16. September 2019 – neu konstituierte Schiedsgericht lehnte eine Wiederholung des Verfahrens ab. Dieses neue Schiedsgericht hat laut Bundesgericht auch zu entscheiden, ob es Verfahren oder Teile davon nach einer Neubesetzung wiederholt.
  • Das Bundesgericht stellt nun mit Verweis auf seine Rechtsprechung fest: Eine Beschwerde könne sich nur gegen jenes Schiedsgericht richten, "das den angefochtenen Entscheid auch tatsächlich gefällt hat. Wird im Laufe eines Verfahrens ein Schiedsrichter ersetzt, kann mit Beschwerde demnach nur noch die neue Zusammensetzung gerügt werden, die einen Schiedsentscheid erlassen hat." Und diese neue Zusammensetzung habe die Funke-Gruppe in ihrer Beschwerde nicht angegriffen.

Worum ging es vor dem angefochtenen Schiedsgericht?

Das Schweizer Schiedsgericht bestätigte vor einem Jahr die Vorrechte der Dichands in der "Kronen Zeitung" und die Rahmenverträge mit der Funke-Gruppe darüber. Die deutsche Mediengruppe versuchte die Verträge insbesondere über jährlich garantierte Gewinne – hohe einstellige Millionenbeträge – für die Dichands und das Sagen in der Redaktion zu kündigen.

Das war nach Ansicht des Schiedsgerichts – Stand Mai 2020 und bezogen auf den Zeitraum bis 2019 – bisher nicht möglich, ohne die Gesellschaftsverträge der "Krone" zu kündigen. Und wer die Gesellschaftsverträge kündigt, müsste seine "Krone"-Anteile zum günstigen Buchwert der anderen Eigentümergruppe verkaufen – also etwa die Funke-Gruppe den Dichands.

Die Funke-Gruppe kündigte die Rahmenvereinbarungen über die Sonderrechte inzwischen neuerlich. Bisher – Stand März 2021 – gibt es darüber kein neues Schiedsverfahren. Laut Rahmenvereinbarungen sind Schiedsgerichte zuständig für Streitfragen unter den "Krone"-Gesellschaftern.

Fortsetzung vor Wiener Handelsgericht

Die deutsche Mediengruppe setzt im "Krone"-Gesellschafterstreit inzwischen verstärkt auf ordentliche Gerichte. Man wolle nicht mehr vor Schiedsgerichte gehen, die im "Krone"-Streit inzwischen fast ein Dutzend Mal die Funke-Gruppe abgewiesen haben, sagte einer der Funke-Anwälte in einer Verhandlung vor dem Handelsgericht Wien.

Vor dem Handelsgericht versucht die Funke-Gruppe etwa den Ausschluss der Dichands aus der "Krone"-Gesellschaft durchzusetzen. Eine weitere Verhandlung in der Sache ist für Juni angesetzt.

Streit um Stimmrechte

Zentraler Angriffspunkt in den Verfahren vor ordentlichen Gerichten sind die Stimmrechte der Dichands in der "Krone".

Die Argumentationslinie der Funke-Gruppe: Stimmrechte gibt es – grob umrissen – für ganze Anteilsprozente (eigentlich 1.000 Schilling Kommanditanteil). Nun haben die vier Dichands die 50 Prozent der "Krone"-Anteile von Gründer Hans Dichand 2018 beim Erben auf je 12,5 Prozent aufgeteilt. Damit hätten sie für die viermal 0,5 Prozent – und damit keine vollen Prozente – die Stimmrechte verloren. Viermal zwölf ergebe also 48 Prozent Stimmrechte, die Funke-Gruppe und Benko aber hätten 50 Prozent und damit die Mehrheit.

Mit der Argumentation meldete die Funke-Gruppe zum Jahreswechsel 2019/20 die Beherrschung der "Kronen Zeitung" bei den Kartellbehörden an. Bis zum Obersten Gerichtshof verneinten die Kartell-Instanzen ihre Zuständigkeit – die Klärung gesellschaftsrechtlicher Streitpunkte sei nicht Gegenstand des Kartellverfahrens.

Verhandlung im Juni

Nun geht es etwa am Handelsgericht im Ausschlussverfahren um diese Stimmrechtsfrage. Bei einer Verhandlung im Sommer 2020 ließ Richterin Kerstin Just deutlich durchklingen, dass sie das Handelsgericht nicht für diese Fragen zuständig sieht – weil die Rahmenvereinbarungen dafür Schiedsgerichte vorsehen.

2021 aber lud Just doch noch zu einer weiteren Verhandlung in der Sache (Corona-bedingt nun für Juni geplant). Dort soll die Geschäftsführung der Funke-Beteiligungsfirma NKZ für Österreich befragt werden, Geschäftsführer ist insbesondere Funke-Geschäftsführer Michael Wüller.

Thema sind von der Funke-Gruppe und ihren Anwälten eingebrachte Dokumentationen über Treffen und Anrufe der Dichand-Anwältin Huberta Gheneff mit einem der Schiedsrichter in jenem Verfahren, um das es auch vor dem Bundesgericht ging. Gheneff verneinte Absprachen und Angaben etwa über ein Treffen. Der Schiedsrichter – Universitätsprofessor Paul Oberhammer – hat das Mandat im Schiedsgericht einige Monate vor der Entscheidung im Mai nach den Vorwürfen zurückgelegt und Treffen in seiner Privatsphäre verortet. Das Mandat wurde vor der Entscheidung neu besetzt.

Die Dichands haben unterdessen wieder ein Schweizer Schiedsgericht angerufen: Die Funke-Gruppe verweigert die Gewinnausschüttung aus der "Krone" für das Geschäftsjahr 2018/19. Die Dichands versuchen sie via Schiedsgericht durchzusetzen. (red, 28.4.2021)