Plädiert für "absolutes Fokussieren auf die Kernkompetenzen": Lisa Totzauer, Channelmanagerin von ORF 1.

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Wien – Die Zukunft der Filmlandschaft zwischen regionaler Identität und multinationalen Streaminggiganten war Dienstagabend Thema einer Runde, die am Tag nach der Oscar-Verleihung den Blick auf die Lage der Branche warf. Einig waren sich die Diskutanten auf Einladung der österreichisch-amerikanischen Gesellschaft vor allem in einem: Die gesamte Industrie befindet sich derzeit in einer Umbruchphase. Und die Zukunft ist von einem Spannungsfeld gekennzeichnet.

So könne der Weg zum Erfolg nur in der internationalen Kooperation liegen, die auch als Immunisierung gegen Provinzialität diene. Auf der anderen Seite gelte es, eine kleinteilige Filmwirtschaft ohne Abhängigkeit von großen Konglomeraten zu bewahren. Wichtig sei für Inhalteanbieter in einem kleinen Markt wie Österreich: "Absolutes Fokussieren auf die Kernkompetenzen", unterstrich Lisa Totzauer, Channelmanagerin von ORF 1. Zugleich dürfe Regionalität nicht Provinzialität bedeuten: "Deshalb sollten wir Partnerschaften ohne Tabus denken."

"Unser Disney ist Österreich"

"Selber produzieren, nicht einkaufen", hob auch Produzent Rudi Dolezal die Bedeutung heimischen Contents hervor: "Unser Disney ist Österreich." Diese Exklusivität dank Regionalität müsse aber auch finanziert werden, gab Produzent Alexander Glehr zu bedenken und verwies auf das lange diskutierte Steueranreizmodell als Dauerforderung der Branche, um Produktionen ins Land zu holen.

Eine weitere Gefahr für die Kreativbranche sei die Political Correctness, was sich nicht zuletzt an der vergangenen Oscar-Verleihung gezeigt habe. Hier würden letztlich Werke prämiert, die niemand mehr kenne, unterstrich Dolezal – was sich auf Nachfrage unter den sechs Debattenteilnehmern bestätigte, von denen lediglich einer eines der nominierten Werke gesehen hatte. "Wenn nur mehr alles ausgewogen ist und jeder bedacht wird, wird es unromantisch", so Dolezal.

Fragmentierung des Marktes

Auch für ORF1-Channelmanagerin Totzauer ist die Fragmentierung des Marktes ein Problem. So würden dank genauer Datenanalyse durch die großen Anbieter Produkte ganz auf einzelne Teilgruppen zugespitzt werden: "Wir werden spitzer, spitzer, spitzer und wundern uns, dass unser Geschäftsmodell nicht mehr funktioniert." Dies gelte umso mehr für die Kreativen, verwies Filmemacher und Komponist Tony Zawinul auf die geringen Entgelte für die Contentlieferanten durch die Streaminggiganten: "Ich habe schon Schecks über 3 Cent bekommen."

Uneinigkeit herrschte indes, wie die Zukunft der Kinobranche im Speziellen aussieht. Wenn man den weltweiten Umsatzrückgang von 2019 auf 2020 von 42 auf 12 Mrd. US-Dollar betrachte, müsse man klar sehen: "Es ist nicht davon auszugehen, dass das ein kurzfristiger Effekt ist", unterstrich Christian Horak von Ernst & Young. "Ich glaube nicht, dass das Kino nach Covid tot ist. Es muss sich nur neu erfinden", richtete Produzent Glehr indes den Blick nach vorne, den auch Regisseur Hannes Schalle einforderte: "Kein Stein bleibt auf dem anderen. Den Markt verstehen, ist ganz wichtig für alle. Forza, das schaffen wir schon." (APA, 28.4.2021)