Einen rötlichen Touch verlieh Saharastaub im Februar auch so mancher Skipiste. Der Mineraleintrag bleibt nicht ohne Folgen.

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Rund 17 Tage kürzer kann die Schneesaison in einem Jahr ausfallen, in dem die weiße Pracht stark durch verwehten Staub aus der Sahara und Rußpartikel getrübt wird. Das haben französischen Wissenschafter mit Blick auf die vergangenen 40 Jahre für die Alpen und Pyrenäen berechnet. In Rahmen der derzeit laufenden Generalversammlung der European Geosciences Union (EGU) zeigten die Forscher auch auf, wie der Wüstenstaub die Lawinengefahr in Mitteleuropa ansteigen lassen kann.

Aufgewirbelter Saharastaub kann in der Erdatmosphäre enorme Distanzen zurücklegen – und auch in Europa Spuren hinterlassen. Zuletzt war das in großem Ausmaß etwa im Februar der Fall, große Mengen Wüstensand gelangten auch nach Österreich. Ein Team um die Direktorin des Schneeforschungszentrum Météo-France, Marie Dumont, untersuchte nun, welche Auswirkungen der Mineraleintrag auf die Schneedecke haben kann.

In den französischen Alpen war nach dem Ereignis im Februar klar ersichtlich, dass orange gefärbtes Schmelzwasser aus der Schneedecke tropfte. Vor wenigen Jahren untersuchte man bereits Lawinenabrisse, die eindeutig dort in der Schneedecke erfolgten, wo sich eine besonders staubbelastete Schicht befand, berichtete die Forscherin. Ob derartige Ereignisse tatsächlich die Schneestabilität beeinflussen können, wurde daraufhin analysiert und erste Ergebnisse nun präsentiert.

Kürzere Schneesaison

Der hervorstechendste Effekt hat mit der Farbänderung des Schnees zu tun: Der dunklere Schnee reflektiert entsprechend weniger Sonnenlicht. "Dadurch gelangt mehr Energie in die Schneedecke, was die Temperatur erhöht und Schmelzen auslöst", sagte Dumont.

Über die vergangenen 40 Jahre "ist die Ablagerung von Staub in Kombination mit Ruß für eine Verkürzung der Schneesaison von im Schnitt 17 Tagen verantwortlich", sagte die Wissenschafterin. Der Saharastaub, der im Februar in die Berge Frankreichs gelangt ist, könnte dazu beitragen, dass regional die Schneedecke bis zu einem Monat früher schmilzt. Das könne wiederum Auswirkungen auf die Wassersysteme und -versorgung haben.

Erhöhte Rutschgefahr

Neben diesem generellen Effekt ändern Schichten mit viel Staub auch das Temperaturprofil innerhalb der Schneedecke. Das hat wiederum Einfluss auf die Gesamtstruktur. Messungen und Simulationen haben ergeben, dass unter speziellen Wetterbedingungen eine Schicht mit Staub die Rutschgefahr innerhalb der Schneedecke erhöhen kann. Dieser Effekt sei aber stark von den Umgebungsbedingungen abhängig. Es gebe auch Umstände, unter denen der Staub eine Stabilisierung bringen könne, sagte die Wissenschafterin. Gibt es aber früh in der Schneesaison derartige Einträge, steige die Wahrscheinlichkeit, dass sich flüssiges Wasser zwischen den Schichten bildet. "Das erhöht das Risiko für Probleme mit Nassschneelawinen."

Trotz der vergangenen beiden "ziemlich staubigen Jahre" in Europa, wie es Sara Basart vom Barcelona Supercomputing Center (BSC) in Spanien ausdrückte, gebe es "keinen eindeutigen Trend", dass derartige Events zunehmen. Das spiegeln auch die Daten aus den Gebirgen Frankreichs wieder, sagte Dumont.

Im Jahr 2020 hatten die Saharastürme bereits Flughäfen auf den Kanaren lahmgelegt, der Staub war auch auf der anderen Seite des Atlantiks in den USA bemerkbar, so Basart, die an einem Frühwarnsystem u.a. für Fluglinien arbeitet und sich mit der Ausbreitung der Wüstengebiete in Afrika befasst. Der merkbare Effekt solcher Verwehungsereignisse auf die Schneeschmelze könne natürlich auch den Skitourismus in der stark erschlossenen Alpen- und Pyrenäenregion beeinflussen, merkte die Forscherin an. (APA, red, 29.4.2021)