Medienmanager Wolfgang Fellner, hier 2019 in Kitzbühel, wehrt sich gegen Vorwürfe der sexuellen Belästigung.

Foto: Imago/Hartenfelser

Am Mittwoch hat der Wiener Medienmacher Wolfgang Fellner vor dem Wiener Arbeits- und Sozialgericht als Zeuge ausgesagt: Die Ex-Moderatorin von Oe24.TV, Raphaela Scharf, klagt den TV-Sender wegen ihrer Entlassung. Der Chef der Mediengruppe Österreich ist mit schwerwiegenden Vorwürfen konfrontiert: Fellner soll Scharf im Jahr 2019 mehrmals sexuell belästigt haben.

Scharf beschwerte sich daraufhin und wurde fristlos entlassen, da sie die Vorwürfe nicht zurücknehmen wollte. Fellner bestritt jegliche Anschuldigungen und sah einen "Racheakt", da er Scharf eine von ihr verlangte Gehaltserhöhung verweigert hatte. Wegen der Vorwürfe der sexuellen Belästigung führt Fellner ein Verfahren gegen Scharf, in dem er sie auf Unterlassung ihrer Behauptungen klagt.

Bei den meisten Vorwürfen steht es im Verfahren Aussage gegen Aussage. Am Mittwoch versuchte der Anwalt Michael Rami, der Scharf vertritt, Fellner in Widersprüche zu verwickeln. So befragte er ihn zu einem Chatverlauf, aus dem ersichtlich sein soll, dass Fellner die Initiative zu einem Abend- und einem Mittagessen gesetzt habe. Bei den Terminen soll Fellner Scharf mutmaßlich belästigt und versucht haben, sie zu küssen. In Fellners Wahrnehmung ging die Initiative von Scharf aus. Auch über die Bedeutung von "Umarmungsemojis" (Zitat Rami), die Fellner an Scharf schickte, wurde diskutiert. Für Fellner seien die Emojis aus dem Kontext gerissen, im Übrigen rechtfertigte er sich damit, dass ein Abendessen mit seinen Mitarbeitern nichts Außergewöhnliches sei.

Geheime Tonaufnahme

Bei der etwa dreistündigen Befragung Fellners legte Scharf eine Tonaufnahme vor, die ein Gespräch zwischen ihr, Fellner, der Programmdirektorin des Senders und dem Vorsitzenden des Betriebsrates nach einem weiteren mutmaßlichen Übergriff bei einem Fotoshooting im Mai 2019 dokumentiert. Auch diesen Übergriff bestreitet Fellner zunächst vehement. In diesem Gespräch habe Fellner seine Ex-Mitarbeiterin aufgefordert, ihre Anschuldigungen zu unterlassen. Die Aufnahme, die dem STANDARD vorliegt, wurde nicht abgespielt, weil Fellner das vorgelegte Transkript anerkannte.

"Nutten"-Sager

"Du schaust aus wie eine Nutte", sagte Fellner zu Scharf im Gespräch. Im Verfahren beteuerte er, dies nicht als Belästigung gemeint, sondern lediglich an ihr "Styling" gerichtet gesagt zu haben. Wenn er die Kleidung seiner Mitarbeiterinnen anspreche, sehe er keine sexuelle Belästigung. Außerdem sagte Fellner, dass es für sie "lebensgefährlich" sei, diese Vorwürfe anderen Menschen zu erzählen. Er habe ihr nicht gedroht, sondern festgehalten, dass die Vorwürfe für ihn und sie rufschädigend seien. Später im Gespräch drohte er seiner Ex-Mitarbeiterin: Wenn sie ihre Behauptungen nicht zurücknehme, werde er sie umgehend bei der Staatsanwaltschaft anzeigen. Im Prozess sah Fellner in seiner Wortwahl ein Missverständnis, diese könne ihm nur "rausgerutscht" sein.

Anwalt Michael Rami sieht sich durch die Tonaufnahme vor allem darin bestätigt, was den Umgang Fellners mit seinen Mitarbeiterinnen angeht. Der Vergleich mit einer "Nutte" sei per se schon eine sexuelle Belästigung. Fellner habe eine "extrem toxische Arbeitsatmosphäre" geschaffen, sagte Rami zum STANDARD.

Fellner bestreitet Vorwürfe

Fellner kommentierte die Vorwürfe so: "Ich habe heute klar ausgesagt, dass ich das nicht und auf gar keinen Fall getan habe." Er berief sich auf zahlreiche Zeugenaussagen, Fotos des Shootings und auf ein noch nicht vorgelegtes Handyvideo, die seine Darstellung beweisen würden. Die Vorwürfe Scharfs seien eine Retourkutsche. Auch bezichtigte Fellner einen Ex-Betriebsrat, der bereits als Zeuge ausgesagt hatte und weitere Fälle von sexueller Belästigung im Unternehmen wahrgenommen haben will, der Falschaussage.

Fellners Einvernahme konnte am Mittwoch nicht abgeschlossen werden. Die Verhandlung geht im September weiter, jene zur Unterlassungsklage findet Ende Mai statt.

Klage gegen Bericht

Über den Prozess berichtete der STANDARD bereits Anfang März. Der Bericht löste eine Diskussion über den gerichtlichen Umgang beim Thema sexuelle Belästigung aus. Auslöser war eine Aussage der Richterin: "Ich glaube, Sie träumen von warmen Eislutschern", kommentierte sie, als Scharf den Wunsch äußerte, weiter im Unternehmen moderieren zu können, aber nicht an Fellners Seite.

Seit dem Bericht geht Fellner gegen den STANDARD juristisch vor. Sein Begehren nach einer einstweiligen Verfügung war nicht erfolgreich, das Hauptverfahren darüber ist noch anhängig. (Laurin Lorenz, 28.4.2021)