Vorarlberg hat eine große Chance fahrlässig vergeben. In die Kritik ist auch das Gesundheitsministerium einzubeziehen, das hier jegliches Engagement vermissen ließ, wertvolles Wissen über die Pandemie in der vom Bundesland ausgerufenen "Modellregion" zu generieren.

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Foto: APA/DIETMAR STIPLOVSEK

Der Erkenntnisgewinn aus dem Öffnungsversuch ist – soweit bis jetzt absehbar – marginal, weil die Modellregion eben nicht wissenschaftlich präzise vorbereitet wurde. Hätten das Land und das Ministerium das Potenzial der Wissenschaft wirklich erkannt, hätten sie die besten Wissenschafter Österreichs nach Vorarlberg geschickt, um ein fundiertes Forschungssetting aufzubauen. Koste es, was es wolle.

Das beginnt bei einer klaren Zieldefinierung, was eigentlich genau gemessen und welches Ziel erreicht werden muss. Parameter – vom Alter der Infizierten bis zur Wirtschaftsleistung und Pendlerströmen – hätten im Vorhinein definiert und in einem Untersuchungsplan als Basis für spätere Big-Data-Analysen festgelegt werden müssen.

Die Modellregion bräuchte zum Datenvergleich etwa auch eine ähnlich strukturierte Kontrollregion, in der Lockdownbedingungen herrschen. Die Vorarlberger Ergebnisse hätten jedenfalls ein einmaliges und wichtiges evidenzbasiertes Datenmaterial für ganz Österreich liefern können.

So aber wurschtelt sich Österreichs Politik große Strecken weiter wissenschaftsbefreit im Nebelflug durch die Pandemie. (Walter Müller, 29.4.2021)