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Michael Collins beim Simulatortraining.

Foto: Reuters/Nasa

Washington – Michael Collins hatte den wohl undankbarsten Job der Raumfahrtgeschichte: Während weltweit rund eine halbe Milliarde Zuschauer vor ihren Fernsehern die Mondlandung bejubelten, war der Astronaut mittendrin – und doch ganz alleine. Collins drehte am 21. Juli 1969 (mitteleuropäische Zeit) in der Kommandokapsel "Columbia" Warteschleifen um den Mond, während seine Kollegen Neil Armstrong und Buzz Aldrin mit der Landefähre "Eagle" auf der Oberfläche des Erdtrabanten landeten.

Am Mittwoch ist der "vergessene dritte Astronaut" im Alter von 90 Jahren gestorben, wie seine Familie und die US-Raumfahrtbehörde NASA mitteilten. Collins habe an Krebs gelitten und "seine letzten Tage friedlich im Kreis seiner Familie verbracht", hieß es in einer Mitteilung der Familie. "Wir werden ihn schrecklich vermissen. Aber wir wissen auch, wie glücklich er sich gefühlt hat, das Leben zu leben, das er gelebt hat. Wir werden seinem Wunsch nachkommen, dieses Leben zu feiern und nicht zu trauern."

"Der einsamste Mensch"

Die USA hätten einen "wahren Pionier und lebenslangen Erkundungs-Aktivisten" verloren, sagte der kommissarische NASA-Chef Steve Jurczyk. Wegen seiner Rolle bei der "Apollo 11"-Mission hätten ihn manche den "einsamsten Menschen in der Geschichte" genannt.

Einsam sei er damals aber gar nicht gewesen, hatte Collins zu Lebzeiten immer wieder betont. "Ich habe mich als Teil dessen gefühlt, was auf dem Mond passiert. Ich weiß, dass ich ein Lügner oder Blödmann wäre, wenn ich sagen würde, dass ich den besten der drei Sitze von "Apollo 11" hatte, aber ich kann ehrlich sagen, dass ich zufrieden mit dem bin, den ich hatte. Die Unternehmung war für drei Männer angelegt und ich sehe mich als genauso notwendig an wie die beiden anderen."

Nixon erwähnte Collins nicht

US-Präsident Richard Nixon vergaß bei seiner Live-Schaltung vom Weißen Haus zum Mond allerdings, Collins zu erwähnen und sprach nur zu den anderen beiden – und so ging Collins als der "vergessene Astronaut" in die Geschichte ein. Dabei hatte er drei Jahre vor der "Apollo 11"-Mission schon an einer anderen bedeutenden Weltraumunternehmung teilgenommen – und da nicht nur als Chauffeur. Collins war Pilot der "Gemini 10"-Mission, der ersten, bei der das Raumschiff an gleich zwei Satelliten nacheinander andockte. Dabei wurde er auch der erste Mensch, der sich im All von einem Flugkörper zum anderen bewegte, und nie zuvor waren Menschen weiter von der Erde entfernt gewesen.

West-Point-Absolvent

Geboren wurde Collins 1930 in Italien als Sohn eines US-Militärattachés. Seinem Highschool-Abschluss in den USA folgte die Aufnahme in die Militärakademie und Kader-Schmiede West Point, wo er sich zum Kampfflieger und Testpiloten ausbilden ließ. 1963 schaffte es Collins in die Astronautenauswahl der NASA.

Nur ein Jahr nach seinem Flug zum Mond verließ er die Raumfahrtbehörde jedoch wieder und wurde Ministerialdirektor im Außenministerium. 1971 übernahm er den Direktorenposten im Nationalen Luft- und Raumfahrtmuseum in Washington. 1980 ging er in die Wirtschaft und gründete später seine eigene Firma. Außerdem schrieb Collins, der zusammengezählt mehr als elf Tage im All verbracht hat, zahlreiche Bücher über seine Reisen ins All. Der dreifache Vater bekam zahlreiche Auszeichnungen, zudem sind unter anderem ein Mondkrater und ein Zwergplanet nach ihm benannt.

Im Alter zog sich Collins zurück. "Grummelig" sei er geworden, sagte er einmal. Seine Zeit verbringe er mit "Laufen, Fahrradfahren, Schwimmen, Angeln, Malen, Kochen, Lesen, Sorgen um die Börsenwerte machen und der Suche nach einer guten Flasche Cabernet für weniger als zehn Dollar". Als Held habe er sich nie gesehen. "Es gibt Helden, die auch gefeiert werden sollten, aber Astronauten gehören nicht dazu. Wir arbeiten hart und haben unsere Aufgabe fast perfekt erfüllt, aber dafür waren wir angestellt worden." Er habe Glück gehabt im Leben – und sei glücklich gewesen. "Schreibt 'Glücklich' auf meinen Grabstein." (APA, 28.4.2021)