Es wird zu beobachten sein, ob die Regierung bzw. der Jubelchor darauf halbwegs sachlich und mit jener Demut und Selbstkritik reagiert, die nach dem bisher gebotenen Krisenmanagement angezeigt wären.

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Da kommt etwas auf uns zu. Ein ganzes Bündel neuer Indizien zur Klärung der Frage nämlich, ob es sich bei dem, was auf dem Ballhausplatz werkt, um eine Regierung handelt oder um einen Jubelchor in eigener Sache. Einen personell königlich ausgestatteten und finanziell kaiserlich dotierten Jubelchor, versteht sich.

Vielleicht, nicht zu früh, sieht es jetzt erstmals so aus, als wären tatsächlich Verbesserungen in der pandemischen Gesamtlage zu erwarten. Es wird zu beobachten sein, ob die Regierung bzw. der Jubelchor darauf halbwegs sachlich und mit jener Demut und Selbstkritik reagiert, die nach dem bisher gebotenen Krisenmanagement angezeigt wären.

Die andere Möglichkeit ist die, dass selbstbelobigender Seim und fadenscheinig Tatkraft suggerierendes Vokabular ("Turbo", "Vollgas", "Hochdruck") wie gewohnt über das Staatsvolk herniedergehen werden.

Man darf hier ruhig pessimistisch sein. Der Stilmix, auf den bisher gesetzt wurde, war die stets beschönigende Darbietung dessen, was man selbst geleistet habe, in Kombination mit dem reschen Griff ins Gemächt von allem und jedem, was sich dieser euphemistischen Selbstinterpretation entgegenstellt. Bis du nicht mein Freund, bist du mein Feind.

Eigenlob und Untergriff

Dieser Umgang mit Eigenlob und Untergriff, Freund und Feind ist natürlich alles andere als eine Neuigkeit, sondern politischer Standard, seit es Politik gibt. Originalität wäre das Letzte, was man der Regierung vorwerfen könnte. Wohl aber lässt sich behaupten, dass sie mit ihren Attacken auf Justiz oder EU demokratische Toleranzgrenzen gefährlich ausreizt.

Abhilfe schüfen mündige Wählerinnen, mündige Wähler, die dem Geschehen nicht mit kuhäugiger Naivität begegnen, sondern mit dem, was Heinrich Heine, selbst kein Republikaner, aber für deren Denken offen, als Geist des Republikanismus beschrieben hat: "Der Republikanismus eines Volks besteht (...) darin: dass der Republikaner an keine Autorität glaubt, dass er nur die Gesetze achtet, dass er von den Vertretern derselben beständig Rechenschaft verlangt, sie mit Misstrauen beobachtet, sie kontrolliert, dass er also nie den Personen anhängt und diese vielmehr, je höher sie aus dem Volke hervorragen, desto emsiger mit Widerspruch, Argwohn, Spott und Verfolgung niederzuhalten sucht".

Man arbeitet dran, vor allem am Spott. (Christoph Winder, 2.5.2021)