Rudi ist seit 2004 Kranführer: "Ich habe keine Angst, ich bin locker."

Foto: Manfred Rebhandl

Rudi ist 55, es geht ihm gut. Ich treffe ihn zufällig nach über 20 Jahren wieder in Wien, nachdem er als Kriegsflüchtling 1992 für ein paar Monate bei meinen Eltern in OÖ gewohnt hat, zusammen mit seiner Frau Halina und Sohn Anel, Sohn Amel und Tochter Asra wurden dann hier geboren.

Die Rogovics lebten auch bei uns, volles Haus. Im März des Jahres war er aus Deutschland nach Živinice zurückgekommen und dachte: "Was ist da los? Das wird gefährlich." Bis heute versteht er nicht, wie das friedliche Zusammenleben im Krieg enden konnte.

1997 war er mit meinem Vater auf dem Weg nach Bosnien. In Maribor übernahm Rudi das Steuer des Wagens, fünf Minuten später verlor ein Lastwagen auf einer Brücke einen 19 Kilo schweren Wagenheber, dieser durchschlug die Scheibe des nachfolgenden Wagens und zertrümmerte Rudi den Kiefer, Aufschlaggeschwindigkeit weit über 100 km/h. Mein Vater konnte den Wagen stoppen, Rudi lag danach vier Tage im Koma, aber er überlebte.

Seit 2004 ist er Kranführer. Der höchste Kran war mal mit 75 Metern einer in Tulln, der längste Ausleger war am Hauptbahnhof mit 70 Metern und 30 Metern Schiene am Boden, zwölf Tonnen maximale Last. Bei starkem Wind und ohne schützende Wände herum geht es da oben ziemlich hin und her, "aber ich habe keine Angst, ich bin locker".

Vor Arbeitsbeginn checkt er den Kran wie ein Pilot das Flugzeug, nach 15 Minuten, die er für den Aufstieg braucht. Jause kann er sich mit dem Kran hinaufholen. Häufigste Frage an einen Kranführer: "Was, wenn du aufs Klo musst?" Einfache Antwort: "Na, ich geh einfach!" (Manfred Rebhandl, 1.5.2021)