Szene aus Gabriela Carneiro da Cunhas heuer bei den Festwochen zu sehender Performance "Altamira 2042".

Foto: Nereu Jr

Wären die Wiener Festwochen menschlich, wären sie schon geimpft, feiert das Festival heuer doch den 70er. Unter Einhaltung aller Maßnahmen – Zutritt nur geimpft, genesen oder (gratis vorm MQ) getestet – will man trotz Corona eine beachtliche Fete zustande bringen. Genauer gesagt zwei: Das Hauptfestival soll als "Frühsommerfestwochen" am 3. Juni starten und sechs Wochen laufen, gefolgt von den "Spätsommerfestwochen" ab 24. August. "Wiener Festmonate" nennt man sich heuer.

Wenn es auch nicht genau das Festival geworden sei, das ihm vorschwebte, so sei es doch ein "stimmiges Programm", sagte Leiter Christophe Slagmuylder am Donnerstag bei der Präsentation der etwa 30 Produktionen. Kunst und Realität würden heuer besonders aufeinandertreffen: "Jede Show wird eine Dokumentation unseres Lebens miteinander sein."

24 Eigen- und Koproduktionen

Zu den 24 Eigen- und Koproduktionen (zwölf feiern in Wien Weltpremiere) gehören unter anderen Pierrot Lunaire von Marlene Monteiro Freitas (16. Juni), die sich mit Schönberg befasst, und Das Lied von der Erde, in dem Philippe Quesne zu Mahlers Zyklus das Verhältnis Mensch und Natur erkundet (26. Juni). Milo Raus Highlight La Clemenza di Tito hingegen muss auf 2023 verschoben werden.

Im Schauspiel wird für den Briten Alexander Zeldin gerade das Jugendstiltheater am Steinhof revitalisiert und technisch hergerichtet. Er zeigt die drei Stücke über Privilegien und Kapitalismus als Trilogie unter dem Titel The Inequalities (Juni und September). Der Portugiese Tiago Rodrigues setzt sich in Catarina e a beleza de matar fascistas mit Gewalt auseinander (23. Juni), René Pollesch wurde um eine Operette gefragt, liefert mit der Uraufführung Die Gewehre der Frau Kathrin Angerer aber eine Art "Tanzfilm" (5. Juni). Das Nature Theater of Oklahoma (26. August) und die Wooster Group (8. Juni) kommen erstmals seit langem wieder aus den USA nach Wien. Ersteres spielt in Burt Turrido mit Opernnarrativen und Western Music, Letztere adaptiert Bert Brechts Lehrstück Die Mutter über Solidarität.

Neue Namen, alte Leidenschaften

Eine neue Generation von Regisseuren ist aus Teheran (Azade Shahmin), Israel (Orlan Urun / biriken), Südafrika (Kolela Putuma) oder Japan (Toshiki Okada) vertreten. Gabriela Carneiro da Cunha kommt mit Altamira 2042 (25. August) aus Brasilien und ist für Slagmuylder eine der Entdeckungen dieser Festivalausgabe.

Künstler Markus Schinwald hat mal Performance gemacht, mit Danse macabre kehrt er dazu zurück (4. Juni), Spielort wird passenderweise die Sargfabrik sein. Ausstellungen (14. Mai) gibt es von Maria Hassabi mit Here in der Secession und unter dem Titel And if I devoted my life to one of its feathers? zu Umweltzerstörung in der Kunsthalle. Auf Begegnungen hofft man in Workshops und zehn Open Labs im Rahmen des viertägigen Events Mitten (September).

Eröffnet wird bereits am 14. Mai mit einem Festzug fürs TV mit Florentina Holzinger und Soap & Skin, Anna Rispoli wird über die Notwendigkeit eines bedingungslosen Grundeinkommens nach den Erfahrungen des vergangenen Jahres eine "kollektive Rede" beisteuern. Ab dann können auch erste personalisierte Tickets gekauft werden. Man rechnet mit Erlösen von 1,1 Millionen (halb so viel wie sonst). (wurm, 29.4.2021)