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Wissenschafter fanden bisher unbekannte Bakterien innerhalb von kugelförmigen Amöben.
Foto: AP/Warner Bros. Pictures

Sie sind klein, mysteriös und verbringen einen Großteil ihrer Lebenszeit in Bällen: Die Bakterien der neu entdeckten Gattung Pokemonas weisen offensichtlich Gemeinsamkeiten mit vielen Wesen aus dem Serien- und Videospiel-Franchise Pokémon auf. In ihrer Veröffentlichung weisen die Forscher der Universität Köln allerdings darauf hin, durch ihre Benennung keinerlei kommerzielle Interessen zu verfolgen, die einen Interessenskonflikt darstellen könnten.

Auf die neue Gattung stießen die Wissenschafter bei der Untersuchung von kugelförmigen Amöben. Die entdeckten Bakterien gehören zur Ordnung der Legionellales. Sie leben als Parasiten in Wirtsorganismen, vor allem in Amöben. Allgemein bekannt sind sie insbesondere als Krankheitserreger: Die Art Legionella pneumophila etwa kann bei Menschen und Tieren durch Tröpfcheninfektion die sogenannte Legionärskrankheit verursachen, eine Lungenentzündung, die bei sehr schweren Verläufen zum Tod führt.

Legionellales-Bakterien (in dieser Illustration rot gekennzeichnet) leben bevorzugt in Amöben, etwa in der kugelförmigen Thecofilosea.
Illustration: Marcel Dominik Solbach

"Wir wollten Amöben auf Legionellales untersuchen und haben für unsere Forschung eine Gruppe von Amöben ausgewählt, die keine nähere Verwandtschaft zu den bisher untersuchten Wirten aufweist", sagt Marcel Dominik Solbach, Doktorand am Zoologie-Institut der Universität. Er ist Erstautor der Studie, die im Fachjournal "Frontiers in Cellular and Infection Microbiology" erschien. In den Umweltproben, die das Forschungsteam unter die Lupe nahm, wies es neben bekannten Arten dieser Bakterienordnung auch eine unbekannte nach, außerdem zwei neue Gattungen.

Abra und Kadabra

Eine dieser Gattungen heißt nun Pokemonas, da sie sich – ähnlich wie ein Pokemon im Pokeball – in rundlichen Gebilden "fangen" lässt, also sich in kugelartigen Amöben ansiedelt. Das Pokemon-Franchise, das 2021 sein 25-jähriges Jubiläum feiert, wurde auch auf der Ebene der Arten gewürdigt: In Pokemonas abra und Pokemonas kadabra erkennen Fans nicht nur Teile einer alten Zauberformel, sondern zwei spezifische Pokemon wieder.

Pokemonas-kadabra-Bakterien (rot fluoreszierend angefärbt) innerhalb ihres amöbischen Wirts im Lichtmikroskop.
Foto: Marcel Dominik Solbach

Durch das Markieren des Bakterien-Erbmaterials mit farbgebenden Molekülen können die Lebewesen auch unter dem Mikroskop sichtbar gemacht werden. "Die entsprechenden Bilder sorgen bei Außenstehenden oftmals für ein gewisses Erstaunen und erinnern eventuell an Magie und Zauber", sagt der Mikrobiologe. "Deswegen erschienen uns diese Namen ganz passend." Außerdem sind die Pokemon Abra und Kadabra praktischerweise – im Gegensatz zu vielen anderen der fiktiven Arten – namentlich in der deutschen wie in der englischen Sprache gleich. Sonstige Parallelen gibt es nach aktuellem Wissensstand nicht.

Krankheiten verhindern

Da es sich bei den Bakterien auch in diesem Fall um Krankheitserreger handeln dürfte, ist es nicht zu empfehlen, sich alle Arten einzufangen. Die Studie soll allerdings dazu beitragen, Ausbrüche der verursachten Krankheiten beim Menschen zu verhindern: Sie bringt mehr Licht in die Familienverhältnisse der Legionellales und hilft, Infektionswege und die Beziehungen zwischen Bakterien und Wirten etwas besser zu verstehen.

"Die Untersuchungsergebnisse zeigen, dass die Bandbreite der bekannten Wirtsorganismen dieser Bakterien erheblich größer ist, als bisher angenommen", sagt Studienleiter Kenneth Dumack. Außerdem könnten zahlreiche weitere Amöben Wirtsorganismen für diese Bakterienordnung sein und womöglich Krankheiten übertragen. "Um dem weiter nachzugehen, sequenzieren wir nun das komplette Erbgut dieser Bakterien." (Julia Sica, 1.5.2021)