Die Bemühungen auf einer Intensivstation sind oft vergeblich: 45 Prozent der Covid-Intensivpatienten über 65 Jahren starben trotz Behandlung.

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Es ist ein verlockender Gedankengang, der zu mehr Gelassenheit bei der Bekämpfung der Pandemie einlädt: Weil immer mehr ältere Menschen geimpft sind, so das Argument, könne sich Österreich eine höhere Infektionsrate leisten, ohne die Überlastung der Spitäler zu riskieren. Schließlich würden die Jüngeren, die sich dann vermehrt anstecken könnten, dank milderer Krankheitsverläufe viel seltener eine ärztliche Behandlung brauchen.

Doch wie hoch ist das Risiko, im Fall einer Corona-Infektion im Spital zu landen, wirklich? Daten der Gesundheit Österreich GmbH (Gög), eines nationalen Forschungs- und Planungsinstituts, geben Aufschluss. Sie zeigen, wie viele Aufenthalte in stationärer Behandlung es pro Altersgruppe seit Ausbruch der Pandemie im März 2020 bis Ende Februar 2021 gab.

Tatsächlich steigt die Gefahr massiv mit dem Alter. Wer etwa zwischen 75 und 84 Jahre alt ist und positiv auf das Coronavirus getestet wurde, hatte bisher grob gesagt eine 50-zu-50-Chance auf einen Aufenthalt in einem gewöhnlichen Spitalsbett. 7,7 Prozent der Infizierten mussten auf eine Intensivstation – ihr Risiko war damit fast zehnmal so groß wie das der 45- bis 54-Jährigen und 19-mal so groß wie das der 35- bis 44-Jährigen (siehe Grafiken).

Allerdings bergen die Daten eine Unschärfe. Eingerechnet sind auch Aufenthalte, bei denen die Patienten Covid "nur" als Nebendiagnose zu einer anderen Krankheit hatten. Doch die Abgrenzung ist schwierig, zumal ein beträchtlicher Teil wiederum als Hauptdiagnose eine mit Covid verbundene Komplikation – etwa eine Lungenentzündung – oder eine häufige Diagnose im Zusammenhang mit Covid – zum Beispiel Diabetes – hatte. Unterm Strich ergibt sich aus einer Analyse der Gög: Von den statistisch erfassten Patienten dürften 84 Prozent (Normalbetten) beziehungsweise 82 Prozent (Intensivstationen) tatsächlich wegen des Coronavirus im Spital gelegen sein.

Auch die Folgen eines Aufenthalts auf der Intensivstation hängen stark vom Alter ab: 45 Prozent der Covid-Patienten über 65 Jahren sind trotz der Behandlung verstorben. Bei den 50- bis 64-Jährigen beträgt die Todesrate 19 Prozent, bei den unter 50-Jährigen sieben Prozent.

899 Kinder und Jugendliche im Spital

Die geringsten Fallzahlen gibt es bei den Jüngsten. Seit Ausbruch der Pandemie waren 899 Kinder und Jugendliche (bis 19 Jahre) mit Covid-Diagnose in gewöhnlicher Spitalsbehandlung, 81 auf einer Intensivstation. Zur Einordnung: Derzeit leben in Österreich gut 1,7 Millionen unter 20-Jährige, darunter gab es bis Ende Februar 58.703 registrierte Covid-Fälle.

Ins Auge sticht dabei aber, dass die Quote der Spitalsaufenthalte bei den Allerkleinsten beträchtlich höher ist. Während bei den Fünf- bis 14-Jährigen eines von 1.000 infizierten Kindern auf der Intensivstation landet, sind es bei den Null- bis Vierjährigen immerhin sieben.

Volker Strenger, Arzt an der Uni-Kinderklinik Graz und Chefinfektiologe der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde, erklärt das unter anderem mit der besonderen Vorsicht, die man bei erkrankten Kleinkindern walten lasse. Überdies fielen in die Statistik auch jene Neugeborenen, die sich bei ihrer infizierten Mutter gleich nach der Geburt angesteckt haben. Zudem gelte zumindest in Graz die Neonatologie als Intensivstation: Infizierte Kinder landeten in jedem Fall dort – egal, ob sie wirklich Intensivbehandlung bräuchten oder nicht.

Strenger hält die Zahl der Spitalsaufenthalte von an Covid erkrankten Kindern für keineswegs so dramatisch, wie das manche Stimmen in den sozialen Medien tun. Natürlich sei eine Einlieferung in eine Intensivstation für jedes einzelne Kind und die Eltern schlimm, schickt er voraus, doch bei einem Verhältnis von eins zu 1.000 sei Alarmismus fehl am Platz. Man dürfe nicht so tun, als ob abseits der Corona-Pandemie nie jemand schwer erkranke: Seiner Erfahrung nach müssten etwa wegen des RS-Virus, einer Atemwegsinfektion, in einem ganz normalen Jahr mehr Kinder auf die Intensivstation in Graz, als es nun wegen Covid der Fall ist. (Gerald John, 3.5.2021)