In Salzburg wird Autos mehr Platz eingeräumt als Radfahrern.

APA/Barbara Gindl

Obwohl immer mehr Menschen in Salzburg für Alltagswege auf das Rad umsteigen, heißt es für wichtige Radlwege: bitte warten.

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Salzburg – Die Stadt Salzburg gilt neben Bregenz seit Jahren als österreichisches Vorzeigebeispiel, weil sie einen Radverkehrsanteil von knapp 20 Prozent erreicht. Das Potenzial für noch mehr Radverkehr ist in der Mozartstadt groß. Denn vier von zehn Autofahrten sind kürzer als fünf Kilometer. Distanzen, die bei optimaler Infrastruktur gut mit dem Fahrrad bewältigbar sind.

Doch wichtige Radinfrastrukturprojekte werden aufgeschoben. Obwohl auch schon vor Corona die Zahl der Radfahrerinnen und Radfahrer im Bundesland Salzburg gestiegen ist. Im Jahr 2019 nutzten bereits 189.000 Salzburgerinnen und Salzburger regelmäßig das Fahrrad als Verkehrsmittel, um rund 40.000 mehr als noch im Jahr 2007. Aufgrund des Radfahrbooms infolge der Corona-Krise rechnet der Verkehrsclub Österreich (VCÖ) für das Jahr 2021 mit einem weiteren Anstieg auf über 200.000 regelmäßige Radfahrende. Das Problem ist, dass der Platz auf den Straßen nicht mit der Zahl der Radfahrer mitwächst.

Stadtquerung auf dem Fleckerlteppich

Entlang der Salzach ist das Radeln dank der Fahrradstraßen an den Ufern ein Vergnügen. Anders sieht es jedoch abseits der "Radfahrautobahn" aus. Dringendstes Projekt ist daher der Ost-West-Korridor durch die Stadt. Nach Westen Richtung Wals auf der Innsbrucker Bundesstraße gleicht die Radverbindung einem Fleckerlteppich aus Mehrzweckstreifen, Abschnitten, in denen auf der Straße zu fahren ist, und baulich getrennten Radwegen.

Im Osten ist der Stadtteil Gnigl unter anderem durch eine Fehlplanung der neuen Eichstraßenbrücke ohne eigenen Radweg de facto nicht an das Radwegenetz der Stadt angeschlossen. Eine sichere Verbindung zwischen Gnigl und Schallmoos drängt. Weil nichts über den Planungsfortschritt der Ost-West-Achse bekannt ist, befürchtet die grüne Bürgerliste, dass der Radkorridor nicht umgesetzt wird.

ÖVP plant mit Vorrang für Autos

Auch sonst hat in der Verkehrsplanung der Stadt unter Stadträtin Barbara Unterkofler (ÖVP) immer wieder das Auto Vorrang. Zuletzt wurden etwa am beliebten Wochenmarkt, der Salzburger Schranne, 16 neue Fahrradstellplätze abgelehnt, weil dafür zwei Autoparkplätze weichen müssten. Ein durchgängiger Radweg vom Salzburger Hauptbahnhof konnte nicht umgesetzt werden, weil die ÖVP dagegen stimmte, 15 Parkplätze dafür aufzulassen. Beim Haus der Natur, wo ein Kreisverkehr errichtet wird, damit die Autofahrer durch die Innenstadt fahren können, werden die Radfahrer in den Hinterhof der Kulturstätte Szene Salzburg verbannt.

Das Land Salzburg investiert hingegen ordentlich in die Radinfrastruktur. Verkehrslandesrat Stefan Schnöll (ÖVP) hat das Budget auf 6,5 Millionen Euro verdreifacht. Weil es in der Stadt Salzburg für einen grenzüberschreitenden Rad-Highway nach Freilassing mangels Zustimmung der Stadt-ÖVP keine Mehrheit gab, hat der ÖVP-Landesrat das Geld dafür vorgestreckt.

Geld für Radwege fließt in den Straßenbau

Geld aus dem Radwegebudget fließt dafür auf Antrag der ÖVP in den vierspurigen Ausbau eines fehlenden Abschnitts der Münchner Bundesstraße. Für das Jahr 2021 gehen deshalb 500.000 Euro aus dem insgesamt zwei Millionen großen Radwegetopf in den Straßenausbau. 2022 werden es sogar 700.000 Euro sein. Obwohl der Radweg nur einen Bruchteil der Kosten für den Straßenbau ausmacht, wird der Anteil der Stadt komplett mit Radwegmitteln bezahlt.

Sobald es um Investitionen in die Radinfrastruktur geht, setzt die Stadt ÖVP verlässlich den Rotstift an. So auch am Mittwoch bei der Investitionsklausur der Stadt. Baustadträtin Martina Berthold (Bürgerliste) hat versucht, ein Budget für die Sanierung des Geh- und Radweges der Moosstraße zu bekommen, und ist mit dem Anlauf gescheitert. Die 1,2 Meter breite Mugelpiste von der Stadt Richtung Untersberg, die sich Fußgänger und Radfahrer teilen müssen, ist seit Jahren in einem desolaten Zustand. Die Stadt hat daher vor drei Jahren sogar die Benützungspflicht des Radweges aufgehoben und Fahrradsymbole auf die Fahrbahn gemalt. (Stefanie Ruep, 30.4.2021)