Der Öl-, Gas- und Chemiekonzern OMV hat im heurigen ersten Quartal prächtig verdient, trotz Turbulenzen in der Konzernzentrale. Nun steht der Verkauf der Tankstellenkette in Slowenien an, für die es bereits unverbindliche Angebote gibt.

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Die Telefonleitungen laufen heiß, seit OMV-Chef Rainer Seele zu Wochenbeginn angekündigt hat, sich nicht mehr um eine Verlängerung seines Ende Juni 2022 auslaufenden Vertrags bemühen zu wollen. Die Nachbesetzung ist Aufgabe des Aufsichtsrats, der vom früheren Borealis-Boss Mark Garrett angeführt wird. Dieser will, ist zu hören, vergleichsweise schnell Nägel mit Köpfen machen. Ein Treffen mit Mubadala in Abu Dhabi stehe unmitelbar bevor.

Mubadala, in der die frühere Investmentgesellschaft der Vereinigten Arabischen Emirate, Ipic, aufgegangen ist, hält 24,9 Prozent der OMV. Ihr Aktienpaket ist mit dem der Staatsholding Öbag syndiziert, die mit 31,5 Prozent der größte Einzelaktionär der OMV ist.

OMV-Aufsichtsratschef Mark Garrett sondiert, wie es an der Spitze der OMV nach dem Abgang von CEO Rainer Seele im Sommer nächsten Jahres weitergehen kann.
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In dem erst vorigen Sommer um weitere zehn Jahre verlängerten Vertrag ist festgehalten, dass Österreich zwar das Nominierungsrecht für den CEO-Posten hat, Mubadala aber nicht übergangen werden darf. Garrett, der aufgrund seiner früheren Tätigkeit bei Borealis bestens vernetzt ist in den Emiraten, wird schon bald persönlich nach Abu Dhabi reisen, um das weitere Vorgehen in der CEO-Frage zu diskutieren. Mubadala hat Borealis lange Zeit kontrolliert, erst im Vorjahr hat OMV ihre Anteile am Kunststoffkonzern um 3,8 Milliarden Euro von 36 auf 75 Prozent aufgestockt.

Garrett, ein gebürtiger Australier und seit August 2018 Vorstandschef des Hamburger Energielogistikunternehmens Marquard & Bahls, werden selbst Ambitionen auf den Chefsessel der OMV nachgesagt. Aber auch interne Kandidaten bringen sich bereits vorsichtshalber in Stellung.

OMV-Chef Rainer Seele hat am Donnerstag gute Quartalszahlen präsentiert, nicht zuletzt auch dank der guten Performance des Kunststoffkonzerns Borealis.
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Seele, der im Juli 2015 Gerhard Roiss an der Spitze von Österreichs größtem Industriekonzern nachgefolgt ist, will seinen Job bis zum Ende ausüben. Vereinbarungen seien da, um eingehalten zu werden, sagte Seele am Donnerstag bei der Präsentation der Zahlen für das erste Quartal sinngemäß. Gleichzeitig gab der Deutsche bekannt, die Klage gegen die Rechercheplattform Dossier sei zurückgezogen worden.

Klage gegen "Dossier" zurückgezogen

"Wir wollen ein Medium in wirtschaftlichen Schwierigkeiten nicht durch eine Klage gefährden und haben deshalb im Vorstand beschlossen, dass wir die Klage zurückziehen", sagte Seele. Den Vorwurf, dass Dossier unrichtig und unsachgemäß über die OMV berichtet habe, halte man aufrecht. Es geht um den Vorwurf, die OMV habe beim Erwerb von Borealis mehr als nötig bezahlt.

Die Klage sei damals gemeinsam im Vorstand gefasst worden, "nachdem man uns eine juristische Empfehlung gegeben hatte", sagte Seele. "Wir hatten mehrfach darauf hingewiesen, dass wir eine ausgewogene Berichterstattung wollen und dass wir eine andere Sichtweise haben, aber das wurde ignoriert." Dem Vernehmen nach gibt es auch im Konzern Kräfte, die mit der Neuausrichtung der OMV in Richtung mehr Chemie nicht einverstanden sind.

Quartalsgewinn stark gestiegen

Zumindest im ersten Quartal hat OMV von Anteilsaufstockung bei Borealis und der nun möglichen Vollkonsolidierung profitiert. Nach den Corona-bedingt starken Einbußen konnten die Gewinne in den ersten drei Monaten nicht zuletzt auch dank eines höheren Ölpreises stärker zulegen als erwartet worden war. Fast die Hälfte des operativen Ergebnisses (CCS Ebit) von 870 (Vorjahr: 699) Millionen Euro steuerte der neu geschaffene Geschäftsbereich "Chemicals & Materials" bei.

"Dies zeigt, dass die künftige Ausrichtung der Gruppe auf Chemikalien nicht nur gut für die Bevölkerung und den Planeten ist, sondern auch ein außergewöhnlich profitables Geschäftsmodell darstellt", sagte Seele. Unter dem Strich kletterte der Gewinn (CCS Überschuss) um gut ein Drittel auf 424 Millionen Euro. An der Börse wurden die Zahlen gut aufgenommen, das OMV-Papier lag Donnerstagnachmittag knapp zwei Prozent im Plus.

Aquisitionen schloss Seele heuer aus, der Verkauf von Unternehmensteilen hingegen geht weiter. Als Nächstes sind die Tankstellen in Slowenien an der Reihe. (Günther Strobl, 29.4.2021)