Maria Zesch, Chief Commercial Officer B2B and Digitalisation bei Magenta, wechselt Anfang Juni zur Takkt AG.

Foto: Magenta Telekom

Seit über einem Jahr befindet sich Österreichs Arbeitswelt inzwischen zu großen Teilen im Homeoffice. Wie geht es uns damit? Und wie gut ist die neue Arbeitswelt in den heimischen Betrieben angekommen? Diesen Fragen geht Magenta in regelmäßig stattfindenden Studien auf den Grund.

Vor der Veröffentlichung der jüngsten Ergebnisse verrät Maria Zesch, Chief Commercial Officer B2B and Digitalisation bei Magenta, dem STANDARD im Exklusivinterview die Kernergebnisse der Studie. Zudem spricht sie über die Bedeutung der Netze während und nach der Pandemie, ihre eigenen beruflichen Pläne nach Magenta – und darüber, warum in den eigenen vier Wänden nicht immer die angestrebten 250 MBit/s erreicht werden.

STANDARD: Vor gut einem Jahr wurden Unternehmen aufgefordert, die Arbeit dort, wo es möglich ist, ins Homeoffice zu verlagern. Wo stehen wir jetzt? In wie vielen Unternehmen wird Homeoffice angeboten?

Zesch: Wir haben drei unterschiedliche Umfragen gemeinsam mit Marketmind gemacht: Letztes Jahr zu Beginn der Krise, dann mittendrin und nun erneut. Dabei sehen wir, dass die österreichischen Unternehmen viel stärker auf das Thema Homeoffice zugegangen sind. Sechs von zehn Unternehmen bieten ihren Mitarbeitern die Chance, im Homeoffice zu arbeiten. Der Trend geht weg vom Fokus auf Präsenz in Richtung Ergebnisorientierung.

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STANDARD: Welche Tools und Technologien werden dabei am meisten genutzt?

Zesch: Videokonferencing-Tools wie Webex, Teams und Zoom haben in Österreich einen starken Aufschwung erlebt. Rund 50 Prozent der Unternehmen nutzen das – aber auch hier gibt es Aufholbedarf. Ganz kleine Unternehmen sind übrigens stärker im Homeoffice als mittelgroße, vor allem im Mittelstand sehen wir Aufholbedarf. Die Basis für alles ist dabei das Netz, ohne Infrastruktur geht nichts. Wir haben da verschiedene Möglichkeiten: etwa mobile Router, die insbesondere in ländlichen Gegenden gern genutzt werden. Viele Unternehmen haben hier aufgerüstet und ihren Mitarbeitern entsprechende Möglichkeiten geboten. Das ist gerade bei Videokonferenzen wichtig.

STANDARD: Stichwort Internet im ländlichen Raum: Bundeskanzler Sebastian Kurz merkte bei der Verkündung des geplanten Breitbandausbaus an, dass Gigabit-fähige Anschlüsse nur in 43 Prozent der Haushalte verfügbar sind. Viele Unternehmen haben ihren Sitz auf dem Land. Wie ist die Lage aus Ihrer Sicht?

Zesch: Wir haben zu diesen 43 Prozent einen signifikanten Beitrag geleistet, 32 Prozent davon kommen von Magenta. Das Kernthema ist: Wie schnell kann man das Netz hochrüsten? Das Kabelnetz ist leichter hochrüstbar als klassische DSL-Leistungen, für die man graben muss – das dauert länger. Gerade auf dem Land ist uns das rasche Ausrollen von 5G wichtig, also Datenverkehr auf Mobilfunktechnik, um somit schwer erreichbare Gebiete an das Netz anschließen zu können. Ich habe zu diesem Thema zuletzt mit 20 Bürgermeistern gesprochen. Auch die kleinen Gemeinden freuen sich darauf, ihren Bürgern diese Technologie anbieten zu können.

STANDARD: Zugleich hat Magenta zwar einige Kunden auf 250 Mbit/s umgestellt. In der Praxis betonen aber viele – von der Digitalagentur bis zum Gamer –, dass sie diesen Wert nicht erreichen. Woran liegt das?

Zesch: Das ist immer ein "Bis zu"-Wert, bei dem es auf verschiedene Faktoren ankommt. Etwa auf die Technologie, ob es sich um ein geteiltes Medium handelt und wie viele Nutzer im Umfeld darauf zugreifen. Oft liegt das Thema auch eher im Haushalt selbst oder an der Gebäudedurchdringung. Da geht es dann um einfache Umstellungen, die eine Verbesserung bringen und die unser Serviceteam gemeinsam mit unseren Kunden durchgeht. Etwa die Nutzung eines Mesh-WLAN, wenn das WLAN selbst zu schwach ist.

STANDARD: Empfehlen Sie dann, sich von einem Drittanbieter ein Mesh-WLAN zu besorgen?

Zesch: Das muss nicht sein, das gibt es auch bei uns. Und ich würde empfehlen, alles aus einer Quelle zu kaufen. Denn so stellt man auch sicher, dass es eine einheitliche Auskunftsstelle gibt. Man kann eine solche Lösung auch leasen und somit in Raten abzahlen.

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STANDARD: Noch eine Frage zu den Netzen: Halten die Netze nach einem Jahr voller Homeschooling, Homeoffice und Streaming noch, oder geraten sie zeitweise an ihre Grenzen?

Zesch: Die Netze waren nie an der Kapazitätsgrenze. Insbesondere auf der Datenseite gab es seit Beginn der Pandemie nie kritische Situationen. Im Voice-Bereich war es im April letzten Jahres spannend: Nachdem wir bei der Sprachtelefonie jahrelang einen Abwärtstrend gesehen hatten, waren wir im März und April nicht auf den Ansturm vorbereitet. Es gab punktuelle Themen, die von unseren Technikern auch teils mitten in der Nacht bereinigt wurden. Die gesamte Branche macht hier einen tollen Job.

STANDARD: Stichwort Voice: Zu Beginn der Pandemie sind die Roamingminuten bei Magenta um 80 Prozent eingebrochen. Erholt sich das allmählich wieder?

Zesch: Das Roaming ist noch immer signifikant niedriger. Bei Geschäftskunden sehen wir eine drastische Reduktion, je nach Gebiet um 50 bis 95 Prozent. Im Privatkundenbereich sehen wir sprunghafte Anstiege, wenn Länder sich öffnen. Ich nehme an, dass das auch wieder für verlängerte Wochenenden und im Sommer der Fall sein wird.

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STANDARD: Wie geht es weiter, wenn die Pandemie besiegt ist? Ist Homeoffice gekommen, um zu bleiben?

Zesch: Definitiv ja. Bei Magenta haben wir etwa seit einem halben Jahr ein "New Work"-Programm, bei dem wir uns gemeinsam mit den Mitarbeitern überlegen, wie wir nach der Pandemie weiterarbeiten. Ergebnis ist, dass das Homeoffice die Regel sein wird, das Büro eher die Ausnahme. Je nach Team wird es unterschiedliche Tage geben, an denen man im Büro ist. Grundempfehlung wird sein, dass man zumindest einen Tag pro Woche im Büro ist, um das Feeling zum Unternehmen zu erleben, den Kontakt zu den Kollegen zu halten, aber auch um Kreativsessions und strategische Meetings abzuhalten. Man soll aber auf jeden Fall mehr als früher die Freiheit haben, zu Hause zu arbeiten.

STANDARD: Glauben Sie, dass die kleinen und mittelgroßen Unternehmen da mitziehen werden? Oder ist das eher ein Thema für die Großunternehmen?

Zesch: Bei den ganz kleinen Unternehmen und vor allem im Informations- und Kommunikationsbereich gibt es signifikante Tendenzen zum Homeoffice. Im mittelständischen Bereich sehen wir wiederum noch viel Skepsis und Präsenzkultur. Hier wird es ein zögerliches Hintasten geben, wiewohl die Pandemie eine Beschleunigung des Themas gebracht hat.

In unserer aktuellen Studie ist außerdem das Managed-Service-Modell stark in den Vordergrund gerückt: Ein Drittel sagt, dass sie für den Heimarbeitsplatz ein ähnliches Modell wie beim Autoleasing spannend fänden. Damit könnte man auch die Service- und die Austauschkomponente abdecken. Und das ist ein Trend, den man nicht aufhalten kann.

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STANDARD: Und Ihre eigene Perspektive? Magenta-CEO Andreas Bierwirth schrieb jüngst auf Linkedin, dass Sie das Unternehmen Anfang Juni verlassen und CEO eines anderen großen Unternehmens werden. Wo zieht es Sie hin?

Zesch: Ich gehe zur Takkt AG in Stuttgart, Deutschland. Die Takkt AG ist ein Versandhändler für B2B-Equipment, vom Schreibtischsessel bis zum Logistiklager. Dort werde ich mich weiter um Geschäftskunden kümmern, allerdings europaweit und in den USA. Das Kernthema wird auch dort die neue Welt des Arbeitens sein. (Stefan Mey, 1.5.2021)