Männer, die knapp davor stehen, eine Gewalttat zu begehen, können sich an einen "Männernotruf" wenden.

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Der Tenor all der politischen Appelle nach der bereits neunten gewaltsamen Tötung in diesem Jahr: Es müsse rasch und verstärkt endlich auch in die Prävention investiert werden.

In diesem Bereich arbeitet – im Sinne des Opferschutzes – auch der in Graz ansässige "Männer-Notruf" . "Natürlich kann man auch präventiv etwas dagegen unternehmen, wir praktizieren das seit Jahren", sagt Eduard Hamedl.

Der ehemalige Polizist hatte 2013 den "Männer-Notruf" gegründet – mit der Intention, frühzeitig bei Männern in Krisen zu intervenieren. Tatsächlich rufen jährlich rund 2800 männliche Hilfesuchende aus ganz Östereich an, die im letzten Augenblick doch noch das Gesprächsangebot des Notrufs annehmen. "Mittlerweile melden sich auch vermehrt Frauen, die sich von ihren Männern bedroht fühlen", sagt Hamedl.

Vieles könne in den Gesprächen noch rechtzeitig abgefangen werden, "viele vermitteln wir sofort an andere Kriseninterventions- oder Therapiestellen".

"Wir verstehen uns als Einrichtung, die opferschutzorientierte Täterarbeit leistet. Wir sind ein Ventil für Aggression, Frust und Verzweiflung und geben Männern eine niederschwellige und leicht zugängliche Möglichkeit, über ihre Krisen zu reden und sich Hilfe zu holen, damit es nicht zu einer Entladung in Form von Gewalt kommt", sagt Hamedl. Sein Team habe mehrere Gewalttaten ,"auch angekündigte Suizide, Gewalt gegen Frauen und einen Amoklauf, ebenso einen Bankraub mit geplantem Suizid" verhindern können.

Besitzdenken

Der überwiegende Teil der Probleme, die am Telefon besprochen werden, seien Beziehungsprobleme. "Da geht’s um Kränkung, mit der Männer oft nicht umgehen können, um Besitzdenken, eigentlich um die ganze Palette an altem Männerdenken", sagt Hamedl

Die Intensität der Probleme habe jedenfalls zugenommen. "Die Pandemie und die Lockdowns haben die Situation verschärft", sagt Hamedl.

Der vom Bund bis dato mit 3.750 Euro unterstützte "Männer-Notruf" (0800 246 247) ist rund um die Uhr von einem Team aus mehr als 30 ehrenamtlich tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern – z. B. Psychologen, Therapeutinnen, Pädagogen, ehemalige Polizisten – besetzt. "Sie haben alle entsprechende Ausbildungen und werden auch regelmäßig geschult", sagt Hamedl, der nach wie vor auch zu anderen Krisenfällen gerufen wird.

Eduard Hamedl war Mitglied einer Spezialgruppe für Verhandlungen bei Geiselnahmen und Selbstmordandrohungen sowie Erpressungen und Entführungen. Mehr als hundert Suizidgefährdete hat Hamedl in den letzten Jahren vor dem letzten Schritt bewahrt. (Walter Müller, 30.4.2021)