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Einen unglücklicheren Zeitpunkt für Facebook hätte es kaum geben können. Am Freitag wurde bekannt, dass das soziale Netzwerk dagegen berufen hat, als Unternehmen unter das "Hass im Netz"-Gesetz zu fallen. Einige Stunden zuvor ist wieder eine Frau von einem Mann, ihrem Ex-Freund, getötet worden. Es ist die neunte Tötung einer Frau in Österreich in diesem Jahr, und das Jahr ist noch jung.

Immer offensichtlicher wird, wie unsicher und prekär das Leben von Frauen ist – vor allem, wenn sie sich aus toxischen Partnerschaften befreien. Und genauso offensichtlich ist, dass die Gesellschaft viel zu wenig tut, um Frauen zu schützen.

Zusätzliche Brisanz erhält diese Tat, weil der verdächtige Mann jener "Bierwirt" ist, der schon im Zusammenhang mit einem obszönen Posting gegen die nunmehrige Grünen-Klubobfrau Sigi Maurer auffällig geworden ist. Maurer hatte das Posting veröffentlicht und nachgewiesen, dass es vom Computer im Lokal jenes Mannes stammt. Ob er selbst es geschrieben hat, ist nicht ausjudiziert. Aber er hat eine Atmosphäre in seinem Lokal geschaffen, in der solches Treiben gegen Frauen möglich war.

Alle sollen sich betroffen fühlen

Dieser Mann soll nun seine Ex-Freundin getötet haben. Die Frau hinterlässt zwei Kinder. Die Betroffenheit in der digitalen wie der analogen Welt ist am Freitag groß. In der Tat sollten sich alle betroffen fühlen – auch Facebook und andere Internet-Riesen. Denn es gibt, zumindest, einen mittelbaren Zusammenhang zwischen Postings, die vor Frauenhass triefen – und realen Taten, die Frauen das Leben rauben. "Gewalt gegen Frauen im digitalen Raum und analoge Taten gehören oftmals zusammen – und können tödlich enden", schrieb der "Spiegel" in einer Titelgeschichte Anfang Februar. Auch in Deutschland steigt die Zahl der Femizide, der Morde und Tötungen aus Frauenhass, stetig.

Wenn der Zusammenhang zwischen digitaler und analoger Welt nicht gesehen wird, wenn Drohungen, Verunglimpfungen und physische Gewalttaten immer noch getrennt betrachtet und geahndet werden – und wenn weiter von "Eifersuchtsdramen" und "Beziehungstaten" statt von Gewalttaten und Morden die Rede ist, dann bleibt die Welt für Frauen hoch gefährlich.

Politische Lippenbekenntnisse

Frauenministerin Susanne Raab sagte in einer ersten Reaktion auf die jüngste Tat, Gewalt gegen Frauen beginne bei abwertenden Äußerungen und ende oftmals bei physischen Übergriffen. Ihr sei wichtig, dass jede Frau wisse, "dass sie einen Zufluchtsort hat". Das ist allerdings nicht viel mehr als ein Lippenbekenntnis.

Denn diese Zufluchtsorte platzen aus allen Nähten. Es braucht mehr Geld, mehr Ressourcen, mehr Konsequenz auch in der Alimentierung dieser Schutzeinrichtungen. Unter Türkis-Blau wurden Gelder für Frauenschutzmaßnahmen gestrichen, viele konkrete Vorschläge von Gewaltschutzeinrichtungen für Verbesserungen hat die Regierung bis heute nicht aufgegriffen. Und es mangelt an Präventions- und Schulungsmaßnahmen. Regierung und Länder müssen ein umfassendes Frauenschutzpaket schnüren. Polizei und Justiz müssen viel stärker noch als bisher die toxischen Umtriebe bestimmter Männergruppen, häufig auch mit rechtem und rechtsextremem Hintergrund, ins Visier nehmen.

Hinter Hetze gegen Frauen im Netz, Gewaltfantasien und obszönen Abwertungen steht ein Gedanke: Die Gleichberechtigung von Frauen ist das Übel, das "ausgemerzt" werden muss. Dieses Gift verbreitet sich stetig, und es werden weitere Femizide folgen. Das dürfen wir nicht dulden. Nicht in Österreich, nicht in Europa, nirgendwo. (Petra Stuiber, 30.4.2021)