Eine Szene der letzten Corona-Demo.

Foto: Christian Fischer

Der Tag der Arbeit ist hierzulande nicht nur ein gesetzlicher Feiertag, sondern in der Regel auch ein Tag der Demonstrationen und Versammlungen. Doch auch heuer werden die großen Aufmärsche der Sozialdemokratie Corona-bedingt ausfallen. Lediglich in Steyr wird die SPÖ eine "hybride" Präsenzveranstaltung vor den MAN-Werkstoren abhalten.

In Wien haben trotzdem mehrere Gruppierungen mit Bezug zum 1. Mai zu einer Versammlung aufgerufen. Konkret wurden in dem Zusammenhang 20 Versammlungen angezeigt, wie die Wiener Polizei mitteilt. Dazu gehören vier Demomärsche. Für den Großteil der Kundgebungen werden jedoch nur Teilnehmer im zweistelligen Bereich erwartet. Die meisten davon werden im innerstädtischen Bereich und dem Ring abgehalten.

Mobilisierung für Corona-Demo

Darunter findet sich vermutlich auch eine Versammlung aus dem Milieu der Anti-Corona-Maßnahmen-Szene. Diese wurde zwar bis Freitagnachmittag bei der Polizei nicht offiziell angemeldet, es wird jedoch trotzdem mobilisiert. Schon in der Vergangenheit ist man in der Szene davon abgerückt, Versammlungen auch offiziell anzumelden. Die meisten angemeldeten Veranstaltungen wurden im Vorfeld von der Polizei mit der Begründung, dass mit Verstößen gegen die Corona-Maßnahmen zu rechnen sei, untersagt.

Nachdem im Jänner, Februar und März jeweils relativ große Demonstrationen gegen die aktuellen Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie stattfanden – teilweise mit Unterstützung durch die FPÖ –, blieben die letzten Proteste eher unter den Erwartungen der Organisatoren. Immer wieder kam es dabei auch zu gewalttätigen Zwischenfällen, regelmäßig sind Größen der rechtsextremen Szene anwesend oder führend beteiligt. Auch antisemitische Symbole oder Sprechchöre sind breit dokumentiert. Die Israelitische Kultusgemeinde (IKG Wien) warnt ihre Mitglieder deshalb regelmäßig vor derartigen Demonstrationen.

Spaltungen wegen Gewaltdiskussion

In den letzten Wochen hat sich die Szene jedoch erneut gespalten. Dem Anschein nach geht es dabei um die Frage von Gewaltanwendung bei Protesten. Ehemalige Weggefährten sagten sich voneinander los, nachdem vor der letzten Demo von einem "Sturm auf den ORF" die Rede war. Dazu kam es zwar nicht, dafür aber zu gezielten Angriffen auf polizeiliche Sperren. Auch am Samstag könnte den Sicherheitskräften Ähnliches bevorstehen. Erneut ist in einschlägigen Gruppen ein Streit über die Frage von Gewaltanwendung entbrannt.

Dass sich Teile der Szene radikalisieren könnten, darauf wies Rechtsextremismusexperte Bernhard Weidinger vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands (DÖW) bereits vor drei Wochen hin: Gerade die abnehmende Dynamik könne bei manchen dazu führen, in gewisse Dinge, die bisher als Tabu galten, wie etwa breite Gewaltanwendung, zu kippen.

Erst am Freitag sollte einer der führenden Demo-Organisatoren, Martin Rutter, vor Gericht erscheinen. Ihm wird Widerstand gegen die Staatsgewalt vorgeworfen. Doch weil er das Tragen einer Maske verweigerte, wurde der Prozess vertagt. Rutter wurde bereits vor einigen Wochen wegen Verhetzung verurteilt. In der gleichen Angelegenheit wird weiterhin gegen eine ehemalige politische Weggefährtin Rutters, Jennifer Klauninger, ermittelt. Ein anderes Verhetzungsverfahren gegen Klauninger wurde allerdings mittlerweile eingestellt, wie die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt mitteilt.

Umfangreiche Vorbereitung

Man beobachte jedenfalls das Geschehen, heißt es seitens der Polizei. Man bereite sich "umfangreich" auf den Samstag vor: "Wir werden mit ausreichend uniformierten und zivilen Einsatzkräften im Einsatz sein, um auf mögliche spontan auftretende Situationen im Stadtgebiet reagieren zu können."

Ab dem Vormittag ist am Samstag jedenfalls mit temporären Verkehrsbeeinträchtigen in der Innenstadt zu rechnen, ebenso im Bereich des Rings. (Vanessa Gaigg, 1.5.2021)