Ein kommunistisches Stallduell gibt es auch bei den diesjährigen Wahlen zur Österreichischen Hochschülerschaft (ÖH). Neben dem Kommunistischen Student_innenverband Linke-Liste, KSV-Lili, tritt auch der Kommunistische StudentInnenverband KSV-KJÖ an. Die Fraktionen mit ähnlichem Namen betonen zwar stets ihre inhaltlichen Differenzen, doch die Anliegen sind ähnlich.

Grund für die zwei Fraktionen war ein Richtungsstreit innerhalb der Kommunistischen Partei vor rund 15 Jahren, bei dem sich der KSV aufspaltete: In einen mit der Bundes-KP sympathisierenden Teil – den KSV-Lili – und die Kritiker der Bundespartei (KSV-KJÖ). Bei den Wahlen schneiden die beiden Fraktionen ebenfalls ähnlich ab. Zuletzt holten sie jeweils ein Mandat im Studierendenparlament, der KSV-Lili ist zudem seit 20 Jahren Teil der linken Koalition an der Uni Wien.

Dieses Jahr steigen zwischen 18. und 20. Mai die ÖH-Wahlen. Schon jetzt können Studierende per Briefwahl die Stimme für ihre Interessenvertretung abgeben. In einer STANDARD-Serie stellen sich in den kommenden Wochen alle acht Fraktionen durch die schriftliche Beantwortung eines Fragenkatalogs vor. Für den KSV-Lili geht die 26-jährige Studentin der Internationalen Entwicklungen Jessica Gasior ins Rennen.

Jessica Gasior geht für den Kommunistischen Student_innenverband Linke-Liste bei der ÖH-Wahl ins Rennen.
Foto: KSV-Lili

STANDARD: Was sollten die Hochschulen aus drei Semestern Pandemie lernen?

Gasior: Dass Studierende auch ein Leben außerhalb der Uni haben. Sie haben oft Betreuungspflichten und sind von – oft sehr prekären – Jobs abhängig. In der Pandemie zeichnet die Politik nach wie vor das Bild von Vollzeitstudierenden ohne sonstige Verpflichtungen, das als Entscheidungsbasis genommen wird. Es braucht auch einen großflächigen und nachhaltigen Ausbau der digitalen Angebote für Studierende, die sich kein Vollzeitstudium leisten können.

STANDARD: Was sind die wichtigsten Forderungen des KSV-Lili für die Unis?

Gasior: Wir kämpfen für die Rückzahlung aller Studiengebühren für die Corona-Semester und die Abschaffung aller Studiengebühren. Darüber hinaus setzen wir uns für die Rücknahme der UG-Novelle ein, die unter anderem die ohnehin bereits kritikwürdigen Mindestleistungen mit der Drohung der Exmatrikulation verbindet. Die langfristige Folge dürfte der Ausschluss der Studierenden mit Verpflichtungen sein.

STANDARD: Wieso ist der KSV-Lili gegen Studiengebühren?

Gasior: Sie führen tendenziell dazu, dass das Studium ein Privileg und Luxus bleibt. Zusätzlich unterscheidet sich die Höhe je nach Herkunftsstaat der Studierenden.

STANDARD: Und was ist mit den Aufnahmeverfahren?

Gasior: Auch die lehnen wir ab. Denn sie führen zu einer Selektion nach finanziellem Hintergrund – besonders im österreichischen Bildungssystems, wo Abschlüsse tendenziell vererbt werden. Wir wollen Bildung radikal frei und für alle zugänglich gestalten. Universitäre Bildung soll nicht dazu dienen, nützliches Humankapital so schnell und effizient wie möglich zu produzieren. Vielmehr müssen wir sie im Sinne der eigenen Interessen, abseits von Verwertungszwang und Leistungsterror ermöglichen

STANDARD: Und für Fachhochschulen?

Gasior: FHs sind Arbeitsmarktzwängen und wirtschaftlicher Verwertung stärker unterworfen. Es braucht eine Vertretung, die das offensiv kritisiert und die Drittmittelfinanzierung thematisiert.

STANDARD: Wie hoch ist das Wahlkampfbudget, und wer finanziert es?

Gasior: Die Bundes-KPÖ unterstützt uns diesmal mit rund 3000 Euro. Vor Corona haben wir uns auch durch Feste finanziert – das können Spenden von Einzelpersonen nun kaum kompensieren.

STANDARD: Wie unterscheidet sich der KSV-Lili vom KSV-KJÖ?

Gasior: Wir wollen aus den ÖH-Strukturen gesellschaftlichen Wandel vorantreiben. Unsere politische Arbeit ist basisdemokratisch, ohne Hierarchien, und orientiert sich an aktuellen marxistischen und feministischen Strömungen. Eine Verkürzung auf ein historisches Modell, das gescheitert ist, erscheint uns nicht als adäquate Antwort auf die aktuelle Zeit.

STANDARD: Mit wem würdet ihr (k)eine Koalition eingehen?

Gasior: Wir sind offen für Koalitionen mit allen linken Fraktionen – das beweisen wir in der ÖH der Uni Wien seit mittlerweile mehr als 20 Jahren. Wir schließen dezidiert Koalitionen mit allen konservativen, neoliberalen, rechten und rechtsextremen Fraktionen aus.

STANDARD: Es droht eine historisch niedrige Wahlbeteiligung – ab welchem Wert wäre die Legitimationsbasis der ÖH gefährdet?

Gasior: Aus unserer Sicht legitimiert sich die ÖH nicht nur durch Wahlen, sondern auch durch die aktive Beteiligung von Studierenden, zum Beispiel in Studienvertretungen oder Basisgruppen. Außerdem sollte bei der Debatte über die Wahlbeteiligung nicht vergessen werden, dass die Regierung die Rechte der ÖH in den letzten Jahren immer mehr eingeschränkt hat. Die sinkenden Handlungsmacht erweckt den Eindruck, als Studierende weniger politische Gestaltungsmöglichkeiten zu haben. Das führt wiederum zu einer niedrigeren Wahlbeteiligung. Daher muss es ein Ansatzpunkt der ÖH-Arbeit sein, diesen Teufelskreis zu durchbrechen. (Selina Thaler, 3.5.2021)