Der Rathausplatz war heuer nur spärlich gefüllt.

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Traditionellerweise wird am Tag der Arbeit vor dem Wiener Rathaus eine große Bühne aufgebaut, auf der dann sowohl der Wiener Bürgermeister als auch der oder die SPÖ-Vorsitzende Reden vor ihren Anhängern schwingen. Dabei ist – auch wenn es mitunter Zwistigkeiten über die konkrete Anzahl der Besucher gibt – der Rathausplatz immer sehr gut gefüllt. Heuer herrschte dort am 1. Mai coronabedingt weitgehend Leere. Lediglich am Vormittag marschierten SPÖ-Funktionäre kurz mit Fahnen auf, was live im Rahmen des Online-Ersatzprogrammes übertragen wurde. Auch Bürgermeister Michael Ludwig hielt vor Ort seine Rede.

Deshalb waren auch noch Sperrgitter vor dem Rathausplatz, als sich eine Gruppe davor unangemeldet versammelte. Einige dutzend Demonstranten aus der Anti-Corona-Maßnahmen-Szene skandierten Parolen wie "Kurz muss weg" und wurden schließlich von der Polizei auf die Einhaltung der Anti-Corona-Maßnahmen hingewiesen. Der allergrößte Teil trug keine Maske und hielt den Mindestabstand nicht ein.

Corona-Demo am Tiefpunkt

Nach etwa einer halben Stunde setzte sich die Gruppe am Ring in Bewegung. Aufgrund der Polizeisperren konnte sie jedoch nur im Kreis marschieren, kurz gelangte sie auch ungehindert hinter die Sperrgitter vor das Rathaus. Nach kurzer Zeit löste sich der Marsch jedoch weitgehend auf, ein kleiner Teil befand sich am Samstagnachmittag hinter dem Burgtheater noch im Polizeikessel. Es kam zumindest zu einer Festnahme einer bekannten Organisatorin der Szene.

Seit Wochen sinken die Teilnehmerzahlen bei den Corona-Demos, sie dürften nun vorläufig am Tiefpunkt angelangt sein. Die Szene dürfte intern mittlerweile stark zerstritten sein. Im Gegensatz zur letzten Demonstration kam es auch zu keinen gewalttätigen Angriffen auf die Exekutive.

20 Versammlungen

Insgesamt wurden 20 Versammlungen in ganz Wien angemeldet. Darunter vier Demonstrationszüge, der Rest war als Kundgebung mit wenigen Teilnehmern geplant. Eine linke Demonstration unter dem Titel "Internationalistische Demo" zog mit mehreren hundert Teilnehmern über den Ring. Sie forderten eine "solidarische, linke Alternative zur Pandemie-Politik der Herrschenden und kapitalistischen Gesundheitskrise". Eine weitere antifaschistische Demo mit laut Eigenangaben über 1.000 Teilnehmern zog von Ottakring in den Sigmund-Freud-Park.

Laut der Wiener Polizei verliefen die Versammlungen bis Samstagnachmittag weitgehend ruhig. Großteils würden von den Versammlungsteilnehmern auch die Covid-Bestimmungen eingehalten, hieß es.

Auseinandersetzungen

Am späteren Nachmittag kam es dann jedoch zu Zwischenfällen bei der linken Kundgebung im Sigmund-Freud-Park, nachdem auf der Votivkirche ein Transparent gehisst wurde. Personen vor Ort berichten von Einkesselung von Demonstranten, Pfeffersprayeinsatz, Festnahmen und unverhältnismäßigem Polizeiaufgebot. Die Polizei selbst schreibt auf Twitter, dass Beamte mit Dosen und Glasflaschen beworfen worden seien. Deshalb seien Kundgebungsteilnehmer "einige Meter" abgedrängt worden. Der Sicherheitssprecher der ÖVP, Karl Mahrer, sprach in einer Aussendung von "linken Chaoten", die die Polizei attackierten.

Laut der Gemeinderätin Viktoria Spielmann (Grüne) erhielt hingegen ihre Parteikollegin Julia Malle, ebenfalls Wiener Gemeinderätin, ungerechtfertigterweise eine Strafe, als sie durch den Kundgebungsort ging.

Die grüne Bezirksrätin Karin Stanger berichtet davon, dass eine Frau von Polizisten an den Füßen von einem Auto gerissen worden sei. Sie sei auf der Motorhaube aufgeschlagen. Die Polizei reagierte und schreibt, dass sie dem Vorfall nachgehen wolle.

Es kam zu elf Festnahmen, teilte die Polizei am Samstagabend mit. 1.500 Beamte waren im Einsatz. Vanessa Gaigg, 1.5.2021)