Das Grab des KZ-Arztes Bodmann am Ehrenfriedhof in Lend war lange das einzige, das mit einem Kranz geschmückt wurde.

foto: alpine peace crossing

Das Grab des SS-Arztes Franz Bodmann in der kleinen Pinzgauer Gemeinde Lend hat nun auch das von KZ-Überlebenden gegründete Internationale Auschwitz Komitee (IAK) auf den Plan gerufen. Nach einem Bericht des STANDARD hat sich das Auschwitz Komitee an die Öffentlichkeit gewandt und fordert vom Inneministerium das Grab von Franz Bodmann nicht länger am Ehrenfriedhof in Lend unkommentiert zu belassen. Das IAK fordert dringend eine Information über die Gräueltaten des Verstorbenen.

Franz Bodmann war einige Zeit der mit hohen Kompetenzen ausgestattete Standortarzt im Vernichtungslager Auschwitz. Auf die Initiative des SS-Obersturmführers soll – laut Augenzeugenberichten – die Praxis des Tötens von Häftlingen mit Phenolinjektionen direkt in den Herzmuskel zurückgehen. Bodmanns weitere Stationen nach Auschwitz repräsentieren weitere Stätten des NS-Terrors: Majdanek, Neuengamme, Natzweiler-Struthof, Vavaria. In Neuengamme dürfte er aktiv an der Vergasung sowjetischer Kriegsgefangener mit Zyklon B mitgewirkt haben.

Dringende Klärung

"Mit der bis heute unkommentierten Grablegung werden die Verbrechen Bodmanns verschwiegen", betonte IAK-Vizepräsident Christoph Heubner. "Ein SS-Täter wird zukünftigen Generationen als ehrbares Mitglied der bürgerlichen Gesellschaft präsentiert." Und es stört ihn, dass das Bodmann-Grab als eines von nur wenigen geschmückt ist. "Das österreichische Innenministerium sollte jetzt umgehend dafür Sorge tragen, dass am Grab über dessen Untaten informiert wird und ähnliche Fälle in Österreich einer dringenden Klärung zugeführt werden", sagte er zur Austria Presse Agentur.

800 Kriegsgräberanlagen

Dass von den rund 30 Kriegsgräbern am Ehrenfriedhof von Bodmann geschmückt war, sorgt auch bei der Bürgermeisterin von Lend für Unbehagen. Um zu erfahren, wie mit dem Grab zu verfahren sei, schaltete Michaela Höfelsauer (SPÖ) nicht nur Historiker, sondern auch das Innenministerium in Wien ein. Das BMI ist aufgrund zweier Bundesgesetze über die Fürsorge für Kriegsgräber aus 1948 für die "würdige, geziemende, sowie dauernde Erhaltung und Pflege" von allen rund 800 Kriegsgräberanlagen verantwortlich. Und die können in Österreich im Einzelfall auch mehrere Tausende Opfer umfassen.

"Mir ist mitgeteilt worden, dass die Gemeinde nichts verändern darf. Ich habe zuerst nicht verstehen können, dass es so schwierig ist, etwas zu unternehmen", sagte Höfelsauer. Faktum sei aber, dass es für das Anbringen von Infotafeln oder bauliche Veränderungen die Zustimmung des Innenministeriums brauche. Auf APA-Anfrage bei BMI hieß es dazu, dass das Recht auf Totenruhe jeder Toten und jedem Toten gebührt – ungeachtet deren Angehörigkeit zu einer bestimmten Nation oder deren Individualhandlungen in den Tagen des Krieges. "In einen Diskussionsprozess über eine mögliche kontextualisierte Zusatztafel wird sich die Kriegsgräberfürsorge selbstverständlich einbringen."

Keine Umbettung

Bürgermeisterin Höfelsauer wünscht sich stärker noch als eine rasche Lösung eine gute Lösung – auch wenn sie einräumt, dass das Thema die Menschen in der Gemeinde nicht wirklich interessiere. "Ich habe leider den Satz, 'lasst ihn doch ruhen', häufiger gehört als jeden anderen. Aber wir wollen das nicht unter den Tisch kehren. Im Notfall könnte man ja auch das Gesetz ändern." Eine Umbettung des Toten komme für sie nicht infrage, zumal man dann klären müsste, wer von den beiden Verstorbenen wer ist.

Eine Kontext-Tafel beim Grab, die Bodmanns Verbrechen erklärt und einordnet, sieht sie aus zwei Gründen ein wenig zwiespältig. "Das Grab soll nicht zu einer Pilgerstätte für Rechte werden", sagt die Ortschefin. Und mit einer Zusatztafel würde man Bodmann auch auf eine Stufe mit zwei Opfern des Nationalsozialismus aus der Gemeinde stellen, denen man im Jahr 2018 Gedenktafeln gewidmet habe.

Zusatztafel als Ehrung?

Anfang Juni sei ein Treffen mit Historikern anberaumt. "Wenn dann herauskommt, dass eine Zusatztafel zielführend ist, wehre ich mich sicher nicht dagegen." Historiker aus Salzburg hatten zuletzt auch eine Reihe anderer Vorschläge präsentiert. So könnte man "belastete" Grabsteine etwa umlegen und auf der Rückseite mit Infos versehen. Oder das Grab mit Plexiglasscheiben umhüllen, auf denen Bodmanns Beteiligung an NS-Gräueln erläutert wird.

Zumindest die Frage, wer zuletzt das Grab Bodmanns schmückte, dürfte gelöst sein. Die Pflege der Kriegsgräber in Lend übernimmt das Schwarze Kreuz Salzburg, das einmal im Jahr zu Allerheiligen ein Kranz für den gesamten Soldatenfriedhof als Schmuck liefern lässt. "Darüber hinaus gibt es manchmal über den Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge Grabschmuckaufträge von Angehörigen etc., die über uns bei einer Gärtnerei beauftragt werden", teilte Landesgeschäftsführer Josef Hohenwarter auf APA-Anfrage mit. Beim Bodmann-Grab sei dies bis jetzt einmal der Fall gewesen. "Sein Lebenslauf war uns vor dem ersten Grabschmuckauftrag nicht bekannt. Wir haben dann beim zweiten Auftrag den Volksbund über ihn informiert." Der Volksbund habe daraufhin ein Ausschlusskriterium für weitere Schmuckaufträge eingetragen. (neu, APA, 2.5.2021)