Die rege Kommunikationstätigkeit von Öbag-Chef Thomas Schmid wird den U-Ausschuss weiterhin beschäftigen.

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Aus den Chats von Öbag-Chef Thomas Schmid, die am Freitagnachmittag an den U-Ausschuss geschickt worden sind, lässt sich Leid und Freud erahnen, das die Arbeit im Finanzministerium in den Jahren 2018/2019 mit sich brachte. Jedenfalls aus dem Blickwinkel des Kabinettschefs und Generalsekretärs, der Schmid damals war.

Leid erwartete Schmid etwa im März 2018 von einer Russland-Reise, auf die er Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) begleiten sollte. Doch es war kalt am Zielort, minus 24 Grad waren angesagt, wie Schmids Mitarbeiterin ihren Chef wissen ließ. "Der Ausblick, in diese Kälte zu fliegen ist ein Horror", reagierte Schmid, "das ist der totale Alptraum. Das überlebe ich nicht." Seine Idee: Man solle noch einen Journalisten mitnehmen, statt ihm. Er selbst sagte dem Finanzminister am 26. März 2018 per Nachricht endgültig ab – eine nahe Verwandte sei krank geworden, "daher würde ich gern in Österreich bleiben". Und, so fügte er interessanterweise hinzu: "Was ich sehr bedaure, da ich mich sehr gefreut habe auf RU (Russland, Anm.)!" Die Reise dürfte dann abgesagt worden sein.

Cooles Reisen mit Kurz

Andere Reisen lagen dem höchsten Beamten des Finanzministeriums eher, etwa jene im Monat darauf mit Kanzler Sebastian Kurz und einer Wirtschaftsdelegation nach Abu Dhabi – wo auch die OMV einen Kaufvertrag für die Beteiligung an Ölfeldern unterschreiben sollte. Der Termin überschnitt sich mit einer Sitzung des Ecofin-Rates Ende April in Sofia, aber Schmid traf seine Wahl: "Ich fliege mit Kurz nach Abu Dhabi als Vertreter BMF (Finanzministerium, Anm.)". Ob der Finanzminister "fix nicht" mitkommen werde?, wollte die Mitarbeiterin Schmids wissen. Schmid: "Fix nicht." 1.000 Euro habe er gerade für Drinks für die Delegation auf Rechnung des Finanzministeriums bezahlt, ließ er seine Mitarbeiterin dann von unterwegs wissen – und: "Reisen mit Sebastian ist sehr cool."

Bundeskanzler Sebastian Kurz (links) wurde am 29. April 2018 in Abu Dhabi von Kronprinz Scheich Mohammed bin Zayed al-Nahya empfangen.
Bundeskanzleramt/Dragan Tatic

Dazwischen war Schmid noch nach Bangkok gereist, hatte dort offenbar auch mit einem Vertreter der thailändischen Eigentümer von Red Bull (aus dem aus der Yoovidhya-Familie) Kontakt, wie sich aus Chats erschließt. Er habe den Mann "an Bord" – ließ Schmid seine Mitarbeiterin wissen, für welches Projekt, das erschließt sich daraus nicht.

Heiße Hunde für Thailand

Jedenfalls folgte damals eine Reise in die Gegenrichtung: Eine nahe Verwandte des Red-Bull-Miteigentümers kündigte für 23. Mai 2018 ihren Besuch in Österreich an. Sie hatte vor, einen Biobauernhof zu besichtigen und den Nationalpark Hohe Tauern – vorbereitet wurde das in Wien im Finanzministerium – schließlich fand man einen "Bauern in Salzburg (...), der ein echter Biobauer ist". Wie dieser Besuch der Thailänderin dann verlief, ist nicht überliefert – wohl aber, dass sie offenbar Gefallen an Österreich gefunden hatte.

Denn schon für 13. August sagte ihr Onkel – der Red-Bull-Mann – seine Nichte wieder an, diesmal ließ er selbst bei "Thomas" anfragen, ob er sie fürs Visum unterstützen könne. Seine Nichte werde die Wurstfabrikanten Radatz und Wiesbauer besuchen, um thailändische Importmöglichkeiten zu prüfen, "für unser Hot-Dog-Projekt".

Kabinettsmitarbeiter flogen als Lokal

Cool sollte auch jene Feier in einem Wiener Lokal beim Donaukanal werden, zu der Schmid die Mitarbeiter des Kabinetts im September 2018 eingeladen hatte. Rund 20 Leute sollten bei der dort veranstalteten "Stand-up-Comedy" dabei sein, was nicht dem Geschmack aller Kabinettsmitarbeiter entsprach. – auch das erhellt sich aus Chats zwischen Schmid und seiner Mitarbeiterin. "Daher vorher Drinks an der Bar", empfahl Schmid.

Es dürften dann recht viele Drinks geworden sein. Mit der Information, dass sie sich "wie die Kindergartentante" fühle, rüttelte die Mitarbeiterin ihren Chef nach der Fete auf, denn ein paar Kabinettsmitarbeiter seien aus dem Lokal geflogen – nachdem sie Gläser aus dem Lokal in den Donaukanal geworfen hätten. Schmid fiel aus allen Wolken: "Was? Das ist bitte nicht dein Ernst. Das ist ja peinlich."

Beim Anstoßen war es bei der Party der Kabinettsmitarbeiter nicht geblieben, später flogen die Gläser und danach die Gäste.
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Flugs rief er den ihm bekannten Restaurantchef an und meldete seiner Mitarbeiterin die Details zu den Ärgernissen, hinter denen er zwei bestimmte Kollegen vermutete. Der Lokalchef habe ihm "gerade erzählt, dass sie Menschen beschossen haben, die getroffen wurden und sich danach beschwert haben." Wobei das nicht das Schlimmste gewesen sein dürfte, geht es nach der Nachricht von Schmids Mitarbeiterin: "Okay, das war dann davor – ich habe es nur mitbekommen, als es eskaliert ist." Der Diagnose des heutigen Öbag-Chefs – "Die haben sich einfach nicht im Griff" – folgte seine interessierte Frage: "Aber sonst hat es jedem gefallen – oder?"

Zusammenrücken für die Öbag

Am Ende dieses Jahres drehte sich dann fast alles nur noch um die Verstaatlichtenholding Öbag, die aus der Öbib hervorgehen und deren Alleinvorstand bekanntermaßen Generalsekretär Schmid werden wollte. Auch um die Büroräumlichkeiten ging es damals oft, insgesamt fünf Projekte hatte es da gegeben – das Haus in der Kolingasse in Wien-Alsergrund hatte es Schmid offenbar besonders angetan, wie sich aus Nachrichten erschließt.

Der Einzug der Öbag in die Kolingasse war von Thomas Schmid offenbar sehr erwünscht.
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Er ließ seine Mitarbeiterin wissen, wie viel Miete der Eigentümer haben wollte, wie lang die Öbag mietfrei gestellt werden sollte ("ein bis zwei Jahre") und dass der Einzug "noch geprüft" werde. "Vollgas" müsse man bei der Öbag-Vorbereitung nun geben, meinte Schmid damals einmal und das betraf offenbar auch die Übersiedlung ins fein ausgebaute Dachgeschoß des Gebäudes: "Wir müssen so schnell wie möglich hin", wusste die Kabinettsmitarbeiterin – es gab da aber einen Haken. Noch saß da oben der Vorstand der Österreichischen Volksbanken AG (Övag) mit seinen Mitarbeitern. "Kann der Vorstand nicht in ein unteres Geschoß ziehen im Jänner? Dann müssen halt die Övag-Leute zusammenrücken, da oben sitzen eh nur 15 Leute", schlug die Frau vor. Und: "Die wird man wohl umrichten (gemeint: umschichten, Anm.) können, bis sie ins neue Gebäude können. Antwort ihres Chefs: "Ich frag mal."

Kurz zur Einordnung: Diese Konversation spielte am 10. Dezember – das Gesetz, mit dem die Öbib-Nachfolgegesellschaft Öbag gegründet wurde , ist am 11. Dezember beschlossen worden. Der unter Einbindung Schmids gesuchte Aufsichtsrat der Beteiligungsholding stand im Februar 2019, er bestellte Schmid dann am 27. März zum Alleinvorstand.

"Bussi aufs Bauchi"

Doch zurück zu den Vorbereitungen, die damals dem Finanzministerium oblagen. Am 11. Dezember, dem Tag des Beschlusses des Öbag-Gesetzes, bahnte sich wieder ein Drama an, diesmal aber nicht wie sonst im Kabinett des Finanzministers, sondern in der Öbib. Ein wichtiger Mitarbeiter "fühlte sich diskreditiert und abmontiert", es könne "nicht ausgeschlossen werden, dass er vermutete, dass er aus der Öbib rausgedrängt werde", hält die WKStA im an den U-Ausschuss übersendeten Material dazu fest. Tatsächlich unterhielt sich Schmid oft mit seiner Kollegin relativ uncharmant über diesen Öbib-Mitarbeiter, man müsse ihn allenfalls "wegversorgen", heißt es in einem der Chats.

An diesem 11. Dezember erging ein Chat-Hilfeschrei der Mitarbeiterin an ihren Chef: "MEGA DRAMA!!!!!", Schmid müsse mit dem Mann reden. Der sei "außer Kontrolle und total emotional (...), der schmeißt uns sonst hin". Der Mitarbeiter fühle sich diskreditiert, spüre keine Menschlichkeit und fühle sich abmontiert, schrieb die Frau an Schmid. "Das hat er doch nicht ernsthaft gesagt", meinte der – aber doch, sie telefoniere ja parallel mit ihm. Der Tipp des Generalsekretärs: "Gib ihm ein Bussi aufs Bauchi. (...) Zeig ihm Wärme."

Ein paar Monate später, unter Öbag-Chef Schmid, fand der Mann dann in einem anderen Unternehmen der Republik Job und, mag sein, Wärme. (Renate Graber, Fabian Schmid, 2.5.2021)