Als Folge der Ibiza-Affäre wird das Glücksspielgesetz zwar novelliert, aber nicht entscheidend geändert.

Foto: APA / Robert Jaeger

Mehr als zehn Jahre sind seit der letzten großen Novelle des Glücksspielgesetzes (GSpG) vergangen. Seither wurden Lizenzen für Landesausspielungen mit Glücksspielautomaten erteilt und gerichtlich bekämpft; Spielbankenlizenzen mussten nach der Engelmann-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH 9. 9. 2010, C-64/08) neu ausgeschrieben und vergeben werden.

Doch diese Vergaben wurden zum Teil von den Höchstgerichten als mangelhaft und intransparent aufgehoben. Mehrheitsanteile an Casinos Austria (Casag) wurden an in- und ausländische Investoren verkauft. Spielerschutz- und Geldwäschebestimmungen wurden verschärft und neue Abgaben eingeführt.

Nun sind als Folge der Ibiza-Affäre größere Änderungen im Glücksspielgesetz geplant: Vor allem die Schaffung einer unabhängigen Glücksspielbehörde wäre ein Novum. Die vielfach kritisierte Dreifachrolle des Finanzministers als Aufsichtsbehörde, lizenzerteilende Stelle und Miteigentümer via Öbag am faktischen Monopolisten Casag soll damit entflechtet werden. Details zur Novelle müssen noch unter den Koalitionspartnern abgestimmt werden, wobei die Beschlussfassung im Nationalrat für Herbst angekündigt wurde. Die heiße Kartoffel, das Monopolkonzept, wird freilich nicht angetastet.

Strenge Ziele

Höchstgerichtliche und EuGH-Entscheidungen sollten Österreich daran erinnern, dass ein derartiges Monopol mit rigorosen Auflagen und strengen Zielen verbunden sein muss, die "kohärent und systematisch" verfolgt werden. Mangels EU-Sekundärrecht für die Bereiche Glücksspiel und Wetten ist die Messlatte für den gesetzlichen Regulierungsrahmen wie auch für das Verhalten des Monopolisten das EU-Primärrecht, vor allem Dienstleistungs- und -Niederlassungsfreiheit. Österreich gilt als derjenige EU-Mitgliedsstaat, dessen Rechtsrahmen für Glücksspiel bislang am öftesten vor dem EuGH gelandet und einem sogenannten "Scheinheiligkeitstest" unterzogen werden musste.

Bereits an der sogenannten inneren Kohärenz mangelt es in Österreich. Die massive Werbung des Monopolisten verfolgt offensichtlich das Ziel einer Auf- und Erschließung neuer Spielerschichten, vermehrt auch Frauen. Dass der Konzessionär in den letzten zehn Jahren von der staatlichen Aufsicht offenbar noch nie eine Zurückweisung oder Mahnung aufgrund der Werbesujets erhalten hat, spricht Bände.

Die äußere Kohärenz des Monopols betrifft die Stimmigkeit des regulatorischen Systems: Soll etwa Spielerschutz verfolgt werden, so müssen sich alle Beschränkungen des Wettbewerbs an der Suchtanfälligkeit des jeweiligen Produkts messen. Das ist in Österreich kaum der Fall. Die unterschiedliche Regulierung der verschiedenen (Sub-)Sektoren wie Lotterien, Sportwette, Automaten, Online-Casino, etc. haben ihren Ursprung eher in historischen und fiskalischen Gründen, in der Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern, und weniger in Spielerschutzerwägungen oder solchen zur Bekämpfung von Kriminalität.

Ein Beispiel: Obwohl das Automatenglücksspiel als Bereich mit der wohl höchsten Prävalenzrate bei der Spielsuchtanfälligkeit gilt, liegt hier ein Oligopol mit bis zu 27 Lizenzen in den neun Bundesländern vor. Lotterien mit einer deutlich niedrigeren Prävalenzrate sind dagegen monopolisiert. Ebenso Online-Glücksspiele: Die Österreichische Lotterien GmbH (ÖLG) verfügt mit win2day.at über die einzige nationale Konzession zum Angebot sogenannter Elektronischer Lotterien.

Beispiel Dänemark

In Europa zeigt sich eine Tendenz, Exklusivrechte bei stationären Lotterien – eine wesentliche Einnahmequelle des Staates – zu halten, ansonsten aber offene Lizenzmodelle ohne mengenmäßige Begrenzung, aber hohen Qualitätskriterien einzuführen. Ein positives Beispiel ist Dänemark, wo der stark wachsende Online-Bereich mit Fokus auf die Eindämmung der Spielsucht reguliert wird.

Die Einführung eines solchen offenen Lizenzsystems knüpft an hohe qualitative Standards und strenge Kontrolle an, mit dem übergeordneten Ziel der Kanalisierung der Spieler hin zum legalen System.

Wäre das auch ein gutes Vorbild für Österreich? Die Kanalisierungseffekte in Dänemark sind beachtlich und als Referenzmodell jedenfalls berücksichtigungswürdig.

Rechtsrahmen jederzeit abänderbar

Das Argument, dass sich die Republik 2011 mit der Vergabe der Online-Glücksspiellizenz an die ÖLG für die Laufzeit bis 2027 einzementiert hat, greift nicht. Die damaligen Ausschreibungsunterlagen bei der "Interessentensuche Lotterienkonzession" sehen in Punkt 1.3.1. explizit vor: "Jeder Konzessionswerber nimmt mit Antragstellung zur Kenntnis, dass jederzeit Änderungen an den rechtlichen Rahmenbedingungen (Gesetzen, Verordnungen, Judikatur) möglich sind. Der Konzessionsgeber kann somit keine Garantien hinsichtlich Investitionssicherheit, Umfang oder Exklusivität der Konzession geben."

Nicht erst seit dem Ibiza-U-Ausschuss ist klar, dass das Glücksspielmonopol legistisch jederzeit abgeändert werden kann, wenn der politische Wille dazu da ist.

Verpflichtung aus Richtlinie

Doch der scheint in den entscheidenden Bereichen immer noch zu fehlen. In den vergangenen Jahren haben keine relevanten Änderungen der Rechtslage stattgefunden. Umgesetzt wurden nur Bestimmungen, die der EU-Geldwäsche-Richtlinie entstammen.

Die geplante Schaffung einer unabhängigen Stelle für Lizenzvergaben im Rahmen der angepeilten GSpG-Novelle ist begrüßenswert. Aber auch hier ist zu beobachten, dass Österreichs Antrieb wohl – neben dem U-Ausschuss – eher aus den Verpflichtungen aus der Konzessionsvergabe-Richtlinie 2014/23/EU entstammt, die im Bereich der Glücksspiellizenzen immer noch nicht umgesetzt wurden.

Hätte die Regierung mehr Mut, würde sie auch das veraltete Monopolkonzept angehen. Verpflichtungen aus dem EU-Sekundärrecht gibt es dazu keine, sehr wohl aber gute internationale Beispiele, wie etwa aus Dänemark. (Arthur Stadler, 3.5.2021)