EU-Außenbeauftragte Josep Borrell: "Pressefreiheit ist ein Grundpfeiler demokratischer Gesellschaften."

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Brüssel – Zum internationalen Tag der Pressefreiheit am Montag hat die Europäische Union an den Stellenwert unabhängiger Medien erinnert. "Pressefreiheit ist ein Grundpfeiler demokratischer Gesellschaften, die nur gedeihen können, wenn Bürger Zugang zu verlässlichen Informationen haben und informierte Entscheidungen treffen können", sagte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell am Sonntag im Namen aller 27 EU-Staaten.

In einer Zeit, in der unabhängige und freie Medienberichterstattung wichtiger denn je seien, sei die Pressefreiheit weiterhin bedroht, so Borrell. Doch kritisieren Nichtregierungsorganisationen zunehmenden Druck auf Journalisten und unzureichende Unabhängigkeit der Medien auch in einigen EU-Staaten.

Bulgarien und Ungarn

So besäßen in Bulgarien einige wenige Unternehmer "einen Großteil der Medien und bestimmen die Redaktionslinie in enger Abstimmung mit führenden Politikern", beklagt Reporter ohne Grenzen. In Ungarn hätten Ministerpräsident Viktor Orban und seine Regierungspartei Fidesz "die Medien Schritt für Schritt unter ihre Kontrolle gebracht".

Borrell sagte nun im Namen aller EU-Staaten, dass Informations- und Redefreiheit überall gefördert und geschützt werden müssten. Die EU sei entschlossen, mehr zu tun – innerhalb und außerhalb Europas. Vor allem geschlechtsbezogene Gewalt gegen Journalistinnen sei Grund zur Sorge.

Österreich hat Nachholbedarf

Nachholbedarf in Sachen Pressefreiheit gibt es nach Ansicht der Gewerkschaft GPA auch in Österreich: "JournalistInnen in Österreich sind auch nach dem Regierungswechsel von türkis-blau auf türkis-grün direktem und indirektem Druck ausgesetzt", kritisierten Eike-Clemens Kullmann und Stefan Jung, die Vorsitzenden der Wirtschaftsbereiche Journalisten und ORF-Journalisten sowie ORF-Töchter in der GPA am Sonntag in einer Aussendung.

Gerade in der Corona-Pandemie habe sich gezeigt, "wie unverzichtbar Qualitätsjournalismus für unsere Demokratie und unser Gemeinwesen ist", so Kullmann und Jung. Die Pandemie habe neben einer neuen Form des "Verlautbarungsjournalismus" auch eine kaum noch überschaubare Zahl an Falschmeldungen zu Tage gefördert. "Um mit qualitätsvollem, kritisch hinterfragendem Journalismus dagegen halten zu können, diesen zu stärken und damit einen wichtigen Grundpfeiler einer funktionierenden demokratischen Gesellschaft abzusichern, braucht es endlich eine Neuausrichtung der Medienförderung mit klar definierten Qualitätsstandards", so Kullmann.

Unverzichtbarkeit des ORF

Was sich in der nun schon über ein Jahr andauernden Ausnahmesituation ebenfalls zeige, sei "die Bedeutung und Unverzichtbarkeit des ORF, eines starken öffentlich-rechtlichen Rundfunks mit allen seinen Sendern und Kanälen", so Jung: "Nach etlichen Sparpaketen und einem schmerzhaften Personalabbau ist es hoch an der Zeit, endlich eine solide, wertgesicherte Finanzierung für den ORF sicherzustellen, denn die jahrelange Austeritätspolitik trägt sicherlich nicht zur Qualität journalistischer Arbeit bei."

Kritik übt Kullmann auch an der parlamentarischen Anfragebeantwortung durch den Bundeskanzler zur "Wiener Zeitung." So falle der Betrieb und die Finanzierung dieser Tageszeitung "sehr wohl" in den Aufgabenbereich der Republik. Schließlich sei sie die Eigentümerin des Mediums. Die Zuständigkeit sei klar im Staatsdruckereigesetz geregelt, zudem gebe es ein gültiges Redaktionsstatut, argumentiert Kullmann und fordert erneut den Erhalt der "Wiener Zeitung" in Printform und als öffentlich-rechtliches Zeitungsmedium.

"Presse- und Medienförderung neu aufstellen"

Das letzte Jahr habe gezeigt, dass Österreich in Sachen Pressefreiheit kein leuchtendes Vorbild sei, kritisierten auch die Neos am Sonntag in einer Aussendung. Es brauche deshalb "rasch eine breite Debatte in Österreich darüber, wie Medienfinanzierung aussehen soll", so Neos-Mediensprecherin Henrike Brandstötter. (APA/dpa/red, 2.5.2021)