Bei Betriebsübergaben will der Staat nicht mehr ganz so pingelig sein. Ob Nachfolgern mehr Zeit für Modernisierung und Investitionen gegeben wird, bleibt abzuwarten.

Foto: Imago Images / Olaf Döring

Wien – Kaum ist die offizielle Endversion in Brüssel angekommen, beginnt das Rennen um die Veröffentlichung der im EU-Aufbauplan enthaltenen Wohltaten. Das führend mit den Förderungen befasste Finanzministerium pries am Wochenende insbesondere geplante Reformen, etwa den Abbau von Hürden bei Betriebsübergaben. Diese sogenannte Grace-Period soll mit einem gleichnamigen Gesetz geregelt werden, mit dem Familienunternehmen, Klein- und Mittelbetriebe in der Zeit der Betriebsübergabe für bis zu zwei Jahre seitens des Staates unterstützt werden.

Auch die so oft angekündigte Reform der Gewerbeordnung findet sich im Programm. Kleinere Schritte werden nun in Aussicht gestellt. So sollen Unternehmen in Gewerbeverfahren die obligatorischen Firmenbuchauszüge nicht mehr brauchen, insbesondere bei der Gewerbeanmeldung, kündigte Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) am Sonntag via Aussendung an. Die bisherige Pflicht zur Ruhensanzeige soll zum Recht werden, quasi als Serviceoption für Betriebe.

Beraten vor strafen

Neuerungen stehen auch bei der Arbeitsinspektion an, diesfalls sind es allerdings alte Hüte. Denn das Motto "Beraten vor strafen" hatte bereits Arbeits- und Sozialministerin Beate Har-tinger-Klein (FPÖ) in der türkis-blauen Koalition ausgegeben. Nun soll es insbesondere bei Betriebsübergaben Realität werden. Dem Bürokratieabbau soll vermutlich die geplante Novelle zum Arbeitnehmerinnenschutzgesetz dienen. Die Meldung von neu bestellten Sicherheitsvertrauenspersonen an das Arbeitsinspektorat soll künftig entfallen.

Darüber hinaus sollen sich Unternehmerinnen und Unternehmer während des Generationswechsels von der Abgabenbehörde begleiten lassen können. Konkret darf man sich darunter die Erhöhung der Rechts- und Planungssicherheit vorstellen, weil dabei noch ungeprüfte Zeiträume des übergebenden Unternehmers analysiert und Auskunft über verwirklichte und unverwirklichte Sachverhalte erteilt werden können. Bis es so weit ist, dauert es allerdings noch. Im ersten Quartal 2022 ist erst mit dem Gesetzesentwurf zu rechnen.

Sicherheitspolster

So geht es bei vielen Themen im bis zum Monatswechsel unter Verschluss gehaltenen EU-Aufbau- und -Resilienzplan (RRF), der am 30. April nach Brüssel geschickt wurde. Nettozahler Österreich hat Projekte im Wert von 4,5 Milliarden Euro eingereicht, obwohl die Zuschüsse maximal 3,5 Milliarden Euro betragen werden. Zwei Drittel der Maßnahmen seien in der bisherigen Haushaltsplanung nicht enthalten gewesen und damit neu, was allerdings auch die Aufstockung bekannter Maßnahmen bedeuten könne.

Knapp die Hälfte der Gesamtsumme erfülle Klimaschutzzwecke, und 41 Prozent dienten der Digitalisierung, betont die Regierung. Die von der EU geforderte diesbezügliche Schwerpunktsetzung würde deutlich übertroffen. "Wir werden uns jeden Euro zurückholen, der uns zusteht", gab Blümel die Marschrichtung vor. Wie viel Geld genau von der EU nach Österreich fließen wird, sei von der Wirtschaftsentwicklung zwischen 2019 und 2021 abhängig.

Auf Wunsch der Länder

60 Prozent der eingereichten Projekte (im Volumen von 2,7 Milliarden Euro) kämen von den Ländern, suchte die Regierung Kritik seitens der Sozialpartner an mangelnder Transparenz bei der Erstellung des RRF zu parieren. Dazu gehörten Investitionen in Breitband ebenso wie die Ökologisierung des Verkehrs oder die Transformation der Industrie zur Klimaneutralität. Insgesamt macht Digitalisierung 1,8 Milliarden Euro aus, davon 890 Millionen für den Breitbandausbau. 605 Millionen für die Digitalisierung und Ökologisierung von Unternehmen und 171 Millionen für Schulen, insbesondere Computer für Schüler. Um 160 Millionen Euro soll die Digitalisierung der Verwaltung vorangetrieben werden. Weitere Anliegen: Ausbau von Elementarpädagogik, Investitionen in Umschulungs- und Weiterbildungsmaßnahmen sowie Maßnahmen im Gesundheitsbereich.

Elektrisch statt Diesel

Das Kapitel "Nachhaltiger Aufbau" ist mit 1,5 Milliarden Euro dotiert, wobei mehr als die Hälfte (850 Millionen Euro) für umweltfreundliche Mobilität reserviert ist. Dazu gehört das 1-2-3-Klimaticket ebenso wie die Umrüstung von Diesel- und gasbetriebenen Bussen auf emissionsfrei, also elektrisch samt Ladeinfrastruktur. Abseits von Bahnausbau und 1-2-3-Klimaticket glänzt das Verkehrskapitel freilich mit Allgemeinplätzen. Bei der genauen Ausgestaltung der Maßnahmen wird einmal mehr auf einen Mobilitätsmasterplan 2030 verwiesen, der allerdings aber im dritten Quartal präsentiert wird.

Bildung und Forschung

Der dritte Block, der "wissensbasierte Aufbau", ist mit 870 Millionen Euro dotiert. Die Palette reicht von der Qualifizierung von Arbeitnehmern (277 Mio. Euro) über Bildungsförderung bis hin zur Forschung, für die 212 Millionen reserviert sind (für Österreichs Forschungsschwerpunkte), und der Beteiligung an großen europäischen Projekten (250 Millionen Euro). (Luise Ungerboeck, 3.5.2021)