Wenn Marsch Salzburg den Rücken kehrt, wird er gewonnen haben, was es in Österreich zu gewinnen gibt.

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New York, Salzburg, Leipzig. Im Fußball und in der Firma Red Bull sind das Sprossen auf einer Leiter. Die Sprosse Leipzig ist schon ziemlich weit oben. Dorthin, zum deutschen Vizemeister in spe, wird Jesse Alan Marsch als Cheftrainer im Sommer übersiedeln. Man kann aber nicht sagen, dass der US-Amerikaner sprunghaft wäre, im Gegenteil. Es ist nur der nächste, logische Schritt im von Dietrich Mateschitz finanzierten System, das Trainer wie Spieler zwischen seinen Vereinen rotieren, lernen, aufsteigen lässt.

Marsch (47) passt da hinein, ein Vollprofi, stets ruhig und freundlich, der dem Spiel und dem Gegner "mit viel Respekt" begegnet. Dieses geflügelte Wort aller RB-Coaches hat Marsch, der in der Schule Deutsch gelernt und seine Kenntnisse flott wieder aufgefrischt hatte, zur Hochblüte getrieben. "Je selbstloser ein Leader ist, desto besser führt er", auch das ist ein Credo von ihm. Er legt es an auf Fußballer und in der Politik – über Ex-US-Präsident Donald Trump hat er sich nicht nur einmal kritisch geäußert. Politik und soziales Engagement sind auch daheim wichtige Themen. Seine Frau Kim hat als Sozialarbeiterin gearbeitet, beide engagieren sich für benachteiligte Kinder. Bei den zwei Söhnen und der Tochter ist ihm die schulische Bildung besonders wichtig.

Legendäre Kabinenpredigt

Wenn Marsch Salzburg den Rücken kehrt, wird er gewonnen haben, was es in Österreich zu gewinnen gibt. Einem Double aus Meistertitel und Cupsieg vom Vorjahr folgt heuer das nächste. Das Cupfinale gegen den LASK war am Samstag eine klare Sache (3:0), und in der Liga führt Salzburg klar.

Von Marsch in Erinnerung bleibt nicht zuletzt eine Kabinenpredigt, die er in Liverpool hielt. Red Bull – ein Klassiker! – nahm die Rede für eine Doku auf. Salzburg lag in der Champions League zur Pause 1:3 zurück. Marsch wurde laut: "Das ist kein fucking Freundschaftsspiel." Salzburg begeisterte, glich zum 3:3 aus, am Ende stand ein respektables 3:4.

Als Fußballer war Marsch, der aus Racine, Wisconsin, stammt, keine rasend große Nummer. Im US-Team wurde er zweimal eingewechselt, später wurde er dort Assistenztrainer. Es folgten Engagements in Montreal und an der Princeton University, an der er selbst studiert und gekickt hatte. 2015 heuerte er bei den New York Red Bulls an. Einer Saison als Co-Trainer in Leipzig folgte der Salzburg-Vertrag, nun geht’s retour, weil Leipzig-Trainer Julian Nagelsmann zum FC Bayern geht. Schließlich muss Leipzig nicht die letzte Sprosse sein. (Fritz Neumann, 2.5.2021)