Der Nationalrat hat am Montag in einer Sondersitzung die Gleichstellung von Geimpften mit Getesteten und Genesenen beschlossen. Auch SPÖ und Neos gaben ihre Zustimmung, womit diesmal im Bundesrat keine Blockade droht. In Kraft tritt die Regelung mit den geplanten großen Öffnungsschritten am 19. Mai. Details dazu werden erst mit einer Verordnung des Gesundheitsministeriums geregelt. Es ist aber davon auszugehen, dass man drei Wochen beziehungsweise 22 Tage nach dem ersten Stich von der Testpflicht befreit wird.

Empfehlung des Impfgremiums

Wieso 22 Tage? Diese Empfehlung spricht das Nationale Impfgremium (NIG) aus. Ein "andauernder, stabiler Impfschutz" sei erst nach der zweiten Dosis gegeben, doch könne "zwecks Praktikabilität und Umsetzbarkeit" ab dem 22. Tag nach der ersten Dosis bei allen zugelassenen Impfstoffen mit einer Schutzwirkung gerechnet werden, heißt es in der aktuellen Anwendungsempfehlung des NIG.

Die Folge: Es können "Erleichterungen der Maßnahmen aus pragmatischen Gründen" erfolgen – denn angenommen wird auch eine geringere Ansteckungsgefahr. Allerdings sei "die Studienlage teils noch nicht letztgültig belegt", doch würden sich entsprechende Hinweise mehren.

Grundlage für grünen Pass

Die türkis-grüne Regierung wollte am Montag jedenfalls erste rechtliche Bausteine für den grünen Pass legen – per einfachen Nachweis starten soll dieser ja mit dem Öffnungstag (19. Mai), in seiner digitalen Form verspätet er sich und soll wahrscheinlich im Juni kommen.

Geimpfte Personen müssen sich bald nicht mehr auf das Coronavirus testen lassen, wahrscheinlich 22 Tage nach der ersten Schutzimpfung. Details soll Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (links, mit Kanzler Kurz) in einer Verordnung klären.
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SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner begründete die Zustimmung ihrer Fraktion damit, dass die Risikogruppen mittlerweile weitestgehend durchgeimpft seien. Es gelte nun, auch die restliche Bevölkerung zur Impfung zu motivieren.

Neos-Gesundheitssprecher Gerald Loacker hielt dagegen wenig von den Plänen der Regierung: "Angeblich kommt der grüne Pass. Es kommt gar nichts – es kommt eine Verlängerung der Zettelwirtschaft", sagte der Mandatar. Er sieht, ähnlich wie Rendi-Wagner, Probleme beim Datenschutz und kritisiert, dass dem Gesundheitsminister umfangreiche Ermächtigungen zuerkannt würden.

Erwartungsgemäß ablehnend reagierte die FPÖ im Plenum. Klubchef Herbert Kickl sieht den grünen Pass als "ein Stück normales Leben unter Bewährungsauflagen". Die Koalition pervertiere den Staat, der eigentlich ein Garant der Freiheit sein solle.

Kritik aus Wien

In diese Richtung kam im Vorfeld auch die Kritik von Wiens Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ): "Ich bin nicht sehr begeistert davon. Ich halte nichts von halb leeren oder halb vollen Gläsern. Einen wirklichen Impfschutz gibt es erst dann, wenn man zweimal geimpft ist, und dann kann es auch die entsprechenden Regelungen geben", sagte er auf ATV.

Eine auch wissenschaftlich offene Frage ist, was nach Ablauf der vollständigen Immunisierung nach der zweiten Teilimpfung – derzeit wird von sechs Monaten ausgegangen – passiert. Derzeit fehlen noch ausreichend Erkenntnisse, wie lange die Schutzwirkung tatsächlich anhält. Die Dauer werde angepasst, sobald wissenschaftliche Erkenntnisse vorliegen, heißt es vom Gesundheitsministerium. Nach einer Coronavirus-Infektion gilt man für einen Zeitraum von sechs Monaten als genesen.

Mehr Tests in Betrieben

In Vorarlberg wird der steile Anstieg der Infizierten nicht mit den Öffnungsschritten in Gastronomie und Kultur in Verbindung gebracht, sondern mit "privaten Ansteckungen". Die Landesregierung betonte zudem, dass auch an Arbeitsplätzen viele Ansteckungen passieren würden.

Thema war in der Sondersitzung daher nicht nur die Gleichstellung von Geimpften und Genesenen, sondern auch eine Testoffensive an den Arbeitsplätzen: Bei der Gefahr einer Ansteckung, etwa weil mehrere Leute zusammen in einem Raum arbeiten, wird vermehrt getestet werden müssen. Bisher gab es noch die Möglichkeit, sich alternativ durch das Tragen einer FFP2-Maske zu schützen. Diese Option soll wegfallen.

Zustimmung im Bundesrat gesichert

Wie lange die jeweiligen Tests gültig sind, wird in der Verordnung präzisiert werden. Als Orte, wo die Testpflicht vorgeschrieben werden kann, werden zum Beispiel Büros und auch Altersheime angeführt. Die Ausnahmen werden ausgeweitet und sollen künftig nicht nur aus physischen, sondern auch aus schwerwiegenden psychischen Gründen möglich sein, etwa bei Angstzuständen. Zudem soll eine Altersgrenze von 16 gelten.

Die am Montag zu beschließenden Weichenstellungen waren größtenteils bereits in jenem Gesetz enthalten, das der Nationalrat Ende März beschlossen hatte – im Bundesrat wurden die Änderungen damals allerdings blockiert, die Opposition war sich unter anderem bei Zutrittstests im Handel nicht mit der Regierung einig. Nun kann die Regierung dank der SPÖ einige Teile des Pakets jetzt schon durchbringen. Die Zustimmung im Bundesrat ist damit so gut wie fix. (lhag, 3.5.2021)