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In Wien lässt es sich wieder gemütlich shoppen.

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Halb elf auf der Mariahilfer Straße: Aufbruchstimmung liegt in der Luft, ein Massenansturm bleibt vorläufig aus. Der harte Lockdown ist in Wien und Niederösterreich in der Nacht auf Montag zu Ende gegangen. Geschäfte öffnen wieder, ebenso wie Friseure und andere persönliche Dienstleister. In der Bundeshauptstadt fiel auch die Maskenpflicht an belebten Orten.

Der Andrang auf Wiens größter Einkaufsstraße hält sich in Grenzen, viele schlendern, die meisten Menschen tummeln sich vor Apotheken – wo getestet wird. Nur vor dem Diskonter TK Maxx hat sich eine riesige Schlange gebildet. Diese wurde im vergangenen Corona-Jahr beinahe schon Tradition und ist begehrtes Ziel zahlreicher Kamerateams.

"Die stehen schon seit neun Uhr da, die Leute. Ich kenne das Geschäft nicht, aber sie müssen was verschenken", konstatiert der Verkäufer vom Kaffeestand vis-à-vis. Locker 150 sehnsüchtige Kunden warten auf Einlass ins Geschäft, seit mehr als eineinhalb Stunden, in Zweierreihen, die meisten tragen Maske.

Warten auf Abstand in der Wiener Kärntnerstraße am Montag
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Blühender Pfusch

In Randbezirken herrscht in zahlreichen Geschäften Ebbe. Seit drei Stunden warte sie vergeblich auf Kunden, erzählt eine betagte Textilhändlerin in Ottakring. Fein säuberlich hat sie Hosen und Kleider geschlichtet, kaum eine Ware kostet mehr als zehn Euro. Doch auch dafür hätten viele Leute aufgrund hoher Arbeitslosigkeit kein Geld. "Aber noch billiger kann ich meine Ware nicht hergeben." Seit 25 Jahren hält sie nahe dem Yppenplatz die Stellung, ob sie ihren kleinen Betrieb über die Krise retten könne, sei ungewiss.

Eine Friseurin in Döbling bedient seit den frühen Morgenstunden eine Kundin nach der anderen. Doch die Vorstellung, dass alles wieder so wird wie früher, hat auch sie sich abgeschminkt. "Der Pfusch blüht, und keiner kontrolliert ihn." Sie rechnet damit, einen Gutteil ihres Geschäfts auf Dauer zu verlieren.

Freizeitwirtschaft lebt auf

Das Ende des sogenannten Ost-Lockdowns bedeutet, dass die in Wien und Niederösterreich andauernden restriktiven Ausgangssperren nicht mehr gelten. Dort waren diese rund um die Uhr in Kraft. So waren Fahrten in andere Regionen nur zu bestimmten Zwecken erlaubt. Auch die Kultur- und Freizeiteinrichtungen wie Museen und Zoos dürfen nun wieder öffnen – dies allerdings unter strengen Sicherheitsvorkehrungen. Weitere Lockerungen soll es erst wieder am 19. Mai bundesweit geben.

Seit Anfang April haben sich die beiden Bundesländer – zuerst gemeinsam mit dem Burgenland, das bereits vor zwei Wochen wieder öffnete – in einem regionalen Lockdown befunden. Grund war unter anderem eine Überlastung der Intensivstationen.

Zwischen den letzten beiden Lockdowns herrschte reges Treiben in den Einkaufsstraßen.
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Touristen fehlen

Handelsvertreter atmen vorsichtig auf: Durch die Öffnung des Handels in Wien und Niederösterreich steige die Stimmung. "Den nötigen Umsatzturbo werden aber erst die Touristen bringen, die wir durch die angekündigten Öffnungen am 19. Mai in der Gastronomie und Hotellerie wieder bei uns begrüßen dürfen", sagt Rainer Trefelik, Obmann der Bundessparte Handel in der Wirtschaftskammer Österreich.

Auch wenn Schranken für stationäre Geschäfte fallen, "der Onlinehandel kam, um zu bleiben", sagt Rainer Will, Chef des Handelsverbands. Natürlich werde es Nachholeffekte geben. Letztlich aber fließe wohl nur ein Viertel des während des Lockdowns nicht realisierten Umsatzes in die Kassen der Einzelhändler zurück. Viele locken einmal mehr quer durch alle Sortimente mit Rabatten von bis zu 50 Prozent. Will: "Der Großteil der Betriebe braucht angesichts der doppelten Gehälter, die bald ins Haus stehen, rasch Liquidität." (Renate Graber, Verena Kainrath, Leopold Stefan, 3.5.2021)