Einmal mehr stellt eine FPÖ-Politikerin infrage, dass FFP2-Masken einen Schutz vor Ansteckungen bieten und die Infektionszahlen verringern würden.

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Der Sommer naht, und immer mehr Öffnungen sind in Sicht. Das lässt wieder Diskussionen über die Beibehaltung von Schutzmaßnahmen aufkommen – und über die Sinnhaftigkeit der vielerorts geforderten FFP2-Masken. So verlangte Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger vergangene Woche, dass Geimpfte zukünftig von der FFP2-Maskenpflicht befreit werden sollen.

Experten wie Herwig Kollaritsch widersprechen zumindest beim momentanen Stand der Dinge (und Infektionen) diesem Ansinnen. Die wichtigsten Gegenargumente: Auch die Impfung schützt nicht 100-prozentig, zumal vor einer Weitergabe des Virus. Dieses Risiko erhöht sich durch Virusvarianten beziehungsweise Fluchtmutationen, die der Immunabwehr entfleuchen, wie in dieser Diskussion Anthony Fauci dem Republikaner Rand Paul beizubringen versucht:

Anthony Fauci streitet sich mit Rand Paul darüber, warum es auch nach einer Infektion oder Impfung noch sinnvoll ist, einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen.
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Die FPÖ und die Masken-Evidenz

Genereller ist die Kritik an FFP2-Masken vonseiten der FPÖ. Stellvertretend meinte FPÖ-Vizeklubchefin Dagmar Belakowitsch am Sonntagabend in der ORF-Diskussionssendung "Im Zentrum": Es gebe "überhaupt keine Evidenz, dass FFP2-Masken eine Wirkung haben". Sie erhöhten bloß den Atemwiderstand, und man schalte von Nasen- auf Mundatmung um, was zur Austrocknung der Schleimhäute führe; das sei für Erreger ideal, um sich im Körper festzusetzen.

Widerrede blieb aus – im Übrigen auch nach der Behauptung der FPÖ-Gesundheitssprecherin, dass 2015 und 2016 nicht weniger als 400 Million Menschen weltweit an Grippe gestorben seien. Was fast um den Faktor 1.000 zu viel ist. Dass Belakowitschs Maskensager unwidersprochen blieben, hing womöglich auch damit zusammen, dass sie die einzige Diskutierende mit einem abgeschlossenen Medizinstudium war – auch wenn sie selbst nie als Ärztin praktiziert hat.

Nicht nur falsche Behauptungen

Immerhin, an den Behauptungen ist nicht alles falsch: Es stimmt, dass der Atemwiderstand durch richtig getragene FFP2-Masken etwas erhöht wird und dass ausgetrocknete Schleimhäute das Infektionsrisiko vergrößern. Alle anderen Thesen sind zumindest fragwürdig.

So können aus HNO-Sicht FFP2-Masken insbesondere in der kälteren Jahreszeit zur Befeuchtung der Atemluft beitragen. Und der Virologe Norbert Nowotny (Vet-Med-Uni Wien) stellt klar: "Es existieren keinerlei wissenschaftliche Hinweise auf negative Folgen des Tragens von FFP2-Masken." Nowotny argumentiert, dass allein durch die mit der entsprechenden EU-Richtlinie abgesicherte Fertigung der Masken ein 94-prozentiger Schutz vor Viren garantiert sei.

Nicht allzu viele Studien ...

Die epidemiologische Evidenz, dass durch das Tragen von FFP2-Masken die Verbreitung von Sars-CoV-2 insbesondere im Vergleich zu anderen Masken deutlich verringert wird, könnte freilich noch höher sein. Das liegt vor allem daran, dass es nicht allzu viele einschlägige Studien gibt, wie etwa auch das Robert-Koch-Institut oder das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) eingestehen. Was noch dazukommt: Die Wirkung von FFP2-Masken wird durch unsachgemäßes Tragen (etwa über einem Bart) herabgesetzt.

All das bedeutet nun aber gerade nicht, dass der Mund-Nasen-Schutz und die FFP2-Masken keine Wirkung hätten oder dass es dafür keinerlei Evidenz gäbe. Metastudien – also die Auswertung mehrerer Untersuchungen zu dem Thema – legen eindeutig das Gegenteil nahe.

... mit eindeutigen Zahlen

Eine relativ rezente Zusammenschau dieser Art im "Deutschen Ärzteblatt" kam nach der Auswertung von immerhin 39 einschlägigen Studien zu dem Schluss, "dass das Tragen einer Maske vom Typ N95 (entspricht einer FFP2-Maske, Anm.) assoziiert war mit einer Reduktion der Gefahr für eine Erkrankung des Maskenträgers an Covid-19, Sars oder Mers von 17,4 Prozent (ohne Maske) auf 3,1 Prozent (mit Maske)".

"Überhaupt keine Evidenz, dass FFP2-Masken eine Wirkung haben", sieht jedenfalls anders aus. Von dem Faktum einmal abgesehen, dass diese Grippesaison – warum wohl? – nicht stattgefunden hat, 400 Millionen Grippetote 2015 und 2016 hin oder her. (Walter Müller, Klaus Taschwer, 4.5.2021)