Justizministerin Alma Zadić (Grüne) hat mehrfach angekündigt, den Maßnahmenvollzug zu reformieren.

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Wien/Straßburg – Mit einer außergerichtlichen Einigung auf eine Zahlung von 6.000 Euro hat ein Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Sachen Maßnahmenvollzug geendet. Der EGMR hat die Republik Österreich schon 2015 und 2017 unter anderem wegen zu langer Unterbringung im Maßnahmenvollzug verurteilt. Die Interessenvertretung SiM drängte am Dienstag auf eine Reform. Justizministerin Alma Zadić (Grüne) hat mehrfach angekündigt, eine solche heuer auf den Weg bringen zu wollen.

Im konkreten Fall ging es um einen Mann, der in der Justizanstalt Asten untergebracht war und mittlerweile gestorben ist. Er hatte gegen die Unterbringung im Maßnahmenvollzug Beschwerde eingelegt – mit Berufung auf ein Sachverständigengutachten, wonach seine Geisteskrankheit in Remission war und er somit keine Gefahr für die Gesellschaft darstellte.

Ressourcen-Not im Maßnahmenvollzug

Um "aufgrund der tragischen Umstände des Falles" einen langen Rechtsstreit zu vermeiden, wurde eine außergerichtliche Einigung der Mutter mit der Regierung ausverhandelt, berichtete die SiM-Juristin Sonja Vrbovszky, die den Mann im Verfahren begleitet hatte. Aber sie stellte fest, dass es wohl mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer neuerlichen Verurteilung der Republik gekommen wäre.

Die SiM (Selbst- und Interessenvertretung zum Maßnahmenvollzug) fordert seit Jahren eine Reform des Maßnahmenvollzugs auf Basis der Expertenempfehlungen des Justizministeriums vom Jahr 2015. Damals hatte Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) erste Schritte für eine Neuordnung der Unterbringung geistig abnormer Rechtsbrecher gesetzt, die allerdings nicht umgesetzt wurde.

Mittlerweile zeige sich immer wieder, dass wegen der Ressourcennot "der Maßnahmenvollzug zu einer reinen Sicherungsverwahrung verkommen ist. Therapie statt Strafe findet nun oft nicht einmal mehr ansatzweise statt", konstatierte SiM-Obmann Markus Drechsler. Mit Stand 1. April befanden sich laut SiM über 1.290 Menschen im Maßnahmenvollzug. (APA, 4.5.2021)