Holz ist knapp und – deshalb – teuer. Die Baubranche ächzt unter dem Preisanstieg, Firmen bleiben auf den Kosten sitzen.

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Endlich kommt das Licht am Ende des Corona-Tunnels näher, doch ausgerechnet vor dem wirtschaftlichen Neustart geht der bisher recht Corona-festen Baubranche der Baustoff aus. Die Auftragsbücher sind zwar voll. Aber Holz fehlt. Dämmmaterial ist knapp, Kanalrohre und Stahlbeton auch. Die Preise für Baustoffe gingen deshalb zuletzt durch die Decke, an der Rohstoffbörse in Chicago stieg der Holzpreis in den vergangenen Monaten rasant. Für Betonstahl mussten heimische Betriebe Ende des ersten Quartals um rund 30 Prozent mehr zahlen als noch Ende 2020.

Die Folge ist: Die Bauwirtschaft ächzt unter explodierenden Kosten, wichtige Materialien können oft nur verspätet geliefert werden.

"Außergewöhnlich"

Stefan Anderl, Geschäftsführer der Elk Bau GmbH, spricht von einer "außergewöhnlichen Situation", mit der man es zu tun habe. "Bei sehr vielen Materialien gibt es deutliche Preisfluktuationen. Nicht nur bei Holz, sondern auch bei Stahl, Dämmmaterial und betonrelevanten Vorprodukten."

Sein Unternehmen, das mehrgeschoßige Wohnbauprojekte in Holzbauweise in Österreich und Deutschland umsetzt, habe sich zwar "mit einigem Aufwand an Zeit und Geld" gegen den Ausfall von Lieferketten abgesichert. "Aber ich höre derzeit oft, dass beispielsweise Baumeister keine Dämmmaterialien bekommen, und das zieht sich durch die gesamte Branche."

Wer die Kosten trägt

Aber längst nicht alle Unternehmen sichern sich gegen Preisschwankungen entlang der Lieferkette ab, viele bleiben derzeit auf den gestiegenen Kosten sitzen. Vor allem bei kleineren Projekten wie Einfamilienhäusern sind Festpreise üblich.

"Noch sind die Hauptbetroffenen der Preissteigerungen die Generalunternehmen, die in der Vergangenheit Pauschalpreise zugesichert haben", sagt Sebastian Beiglböck, Geschäftsführer der Vereinigung Österreichischer Projektentwickler (VÖPE). "Allerdings wird sich das mit einer gewissen Verzögerung auch auf uns Developer auswirken."

Es werde für Bauherren zunehmend schwieriger, Partner zu finden, die feste Preise zusichern. "Selbstverständlich droht dadurch die Gefahr, dass sich die Umsetzung von Projekten verzögert." Denn wenn man als Projektentwickler die Möglichkeit habe, sei man derzeit schon besser beraten, mit Ausschreibungen abzuwarten.

Immer teurer

Bernd Rießland, Obmann des Verbands gemeinnütziger Bauvereinigungen, ist auch überrascht über das starke Anziehen der Preise, weist aber darauf hin, dass die derzeit sehr niedrigen Zinsen "einiges abfedern können. Aber es kommt dann natürlich zu irrsinnig langen Rückzahlungszeiträumen." Von den bis vor kurzem üblichen 35 Jahren als Finanzierungszeitraum für ein Wohnbauprojekt habe man sich mittlerweile schon verabschiedet, "die Regel sind derzeit eher 40 bis 45 Jahre".

Dass Bauen mittelfristig teurer werden wird, ist für Robert Jägersberger, Bundesinnungsmeister der Bundesinnung Bau in der Wirtschaftskammer, keine Frage. Viele Projekte seien nicht mehr wirtschaftlich. Bauschaffende seien durch Corona bereits mit Mehrkosten wegen der notwendigen Schutzmaßnahmen für ein sicheres Arbeiten konfrontiert. Die Preissteigerungen für Baustoffe seien in dem Maß nicht vorhersehbar gewesen.

Es sei auch nicht vorhersehbar, wann die Trendwende bei den Materialkosten letztlich kommen wird wird, heißt es vonseiten der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG). Deren Geschäftsführer Wolfgang Gleissner weist jedoch darauf hin, dass Materialkosten nicht die einzigen Preistreiber am Bau sind: "In der Praxis ist es ein Zusammenspiel von Lohnkosten, Materialkosten sowie Kosten der Projekt- und Ausführungsvorbereitung. Auch die Preise der Liegenschaften spielen eine bedeutende Rolle."

Verzögerungen

Auch wenn die Preisanstiege bei Holz und Stahl besonders auffallen: Dass Baustoffe aller Art derzeit knapp sind, hat eine gemeinsame Ursache. Die Nachfrage übersteigt das Angebot auf den Weltmärkten. Besonders in China zog die Baukonjunktur zuletzt unerwartet stark an – deshalb fehlt Stahl. Auch in der Holzwirtschaft führen Branchenvertreter die Baustoffknappheit auf eine unerwartet hohe Nachfrage in China, aber auch in den USA zurück.

Dass Dämmmaterialien fehlen, habe wiederum auch mit dem pandemiebedingten Heimwerkerboom zu tun. Mangels Urlaubsmöglichkeiten haben viele Menschen in Österreich ins Eigenheim investiert.

Zudem machten Grenzschließungen und Zwischenfälle wie der zeitweise verstopfte Sueskanal den internationalen Warenverkehr instabiler. Auch das sei ein Grund dafür, dass Baustoffe derzeit knapp sind, sagen Branchenkenner. Die Folge sind verlängerte Lieferzeiten: Konnten Baustoffe vor Heißlaufen der Weltmärkte binnen zwei Tagen geliefert werden, verlängerten sich die Lieferzeiten zuletzt auf vier bis sechs Wochen, rechnet man bei der Wirtschaftskammer vor.

Neues Gleichgewicht

Zwar werden Nachfrage und Angebot nach dem Corona-Schock wieder zueinanderfinden. Aber die Preise könnten hoch bleiben. Othmar Lutz, Obmann der Baustoffhändler in der Tiroler Wirtschaftskammer, glaubt etwa, dass der Markt wieder in ein Gleichgewicht finden wird und sich die Lieferproblematik in der zweiten Jahreshälfte etwas entspannen wird. "Die Preise werden sich auf einem relativ hohen Niveau einpendeln", prognostiziert er.

Auch VÖPE-Geschäftsführer Beiglböck erwartet, dass die konjunkturbedingten Preissteigerungen vom Markt reguliert werden. "Bei den Baustoffen ist das schwieriger zu beurteilen. Eine gewisse Volatilität bei den Preisen dieser Produkte war immer gegeben, die Wirkung von Corona ist noch nicht endgültig abschätzbar." Unsicherheiten würden also bleiben. "Wir beobachten die Lage jedenfalls genau." Und immerhin würde die derzeitige Lage auch eine Chance bieten, "nämlich für das verstärkte Recycling von Baustoffen". Dann hätte die Krise auch etwas Gutes. (Martin Putschögl, Aloysius Widmann, 5.5.2021)