In Sarajevo wurde bereits geimpft, doch nur sehr langsam.

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Mit dem Flieger aus Wien wurde am Dienstag vom hellblauen Frühlingshimmel herab auch ein wenig Hoffnung nach Sarajevo geliefert. Der österreichische Außenminister Alexander Schallenberg und der EU-Kommissar für Erweiterungsverhandlungen, Olivér Várhelyi, brachten die erste Tranche der 214.000 Impfdosen von Biontech/Pfizer für Bosnien-Herzegowina ins Land.

Sie sind Teil der insgesamt 651.000 Vakzine, die die EU finanziert und an die sechs Nicht-EU-Staaten in Südosteuropa liefert. Die ersten Dosen wurden am Dienstag auch in die anderen Staaten geflogen. Das österreichische Außenamt hatte in den vergangenen drei Monaten die äußerst schwierige und arbeitsintensive Aufgabe, 14 Verträge zwischen dem Pharmakonzern und den Behörden auszuhandeln. In drei Staaten waren die Biontech/Pfizer-Vakzine noch nicht einmal zugelassen. Wien hat die Zwischenfinanzierung übernommen, um ein Zeichen zu setzen, dass "wir den Westbalkan-Staaten zur Seite stehen", wie es Schallenberg ausdrückte.

Lobenswert ist, dass Österreich und die EU darauf achteten, dass die bedürftigsten Gesellschaften in Südosteuropa am meisten Impfstoff bekommen. Denn laut der Statistik von Our World in Data wurden in Bosnien-Herzegowina erst knapp 1,6 Prozent, im Kosovo erst 1,1 Prozent, in Nordmazedonien knapp drei, in Serbien aber bereits fast 30 Prozent der Bevölkerung geimpft.

Proteste in Sarajevo

In Bosnien-Herzegowina ist mit 4,3 Prozent die Sterblichkeitsrate laut der Johns-Hopkins-Universität zudem höher als in jedem anderen Land in Europa. Vor Kirchen und Moscheen sind überall vermehrt Todesanzeigen ausgehängt. In Österreich liegt die Sterblichkeit mit 1,6 Prozent weit darunter. In Sarajevo gab es in den letzten Wochen immer wieder Proteste von verzweifelten Bürgern, die die Lieferung von Impfstoffen forderten.

Angesichts der extrem hohen Fallzahlen und der Überbelegung der Spitäler kam es zu einem akuten Mangel an Sauerstoff für die Beatmung von Covid-19-Erkrankten. Für Aufsehen sorgte auch ein Brief von Ärzten der Universitätsklinik in Sarajevo, die kritisierten, dass die aus China gelieferten Beatmungsgeräte nicht wirklich helfen würden. Die chinesischen Beatmungsgeräte stehen im Zentrum eines Beschaffungsskandals, in den die größte bosniakische Partei, die SDA, involviert ist. Dazu läuft ein Strafverfahren. Die Wut der Bürger ist groß.

Schallenberg betonte, dass es im Eigeninteresse Österreichs sei, dass die Südosteuropäer Impfstoff bekämen, weil in Österreich 200.000 Bürger mit Wurzeln auf dem Balkan leben und es daher starke menschliche Verbindungen gäbe. Schallenberg hofft, dass künftig die EU-Kommission selbst die Impfstoffe in die Region liefern kann. Ab dem Sommer rechnet er damit, dass ausreichend Vakzine zur Verfügung stehen werden.

Treuere Freunde

Die EU will mit der Hilfsaktion auch das "europäische Narrativ" in der Region stärken. Im Vergleich zu den bisherigen Hauptlieferanten von Vakzinen auf den Balkan, China und Russland, sagte Schallenberg über die EU-Europäer: "Wir sind die treueren und zuverlässigeren Freunde." Wien setze sich auch dafür ein, dass die EU-Beitrittsoption erhalten bleibe. (Adelheid Wölfl aus Sarajevo, 4.5.2021)