Das hatten wir alles schon einmal. Einer Reihe an Frauenmorden folgen betroffene Wortmeldungen aus der Politik, eilig einberufene Gewaltschutzgipfel und Maßnahmenpakete. 2018 und 2019, als die Frauenmordraten besonders hoch waren, gab es ein neues Gewaltschutzpaket, das unter anderem Strafverschärfungen für Täter festlegte. "Null Toleranz" hieß es damals vonseiten des Innen- und Frauenministeriums öfter. Das klang zwar markig, gebracht hat es offenbar aber noch nicht sehr viel, wie Fachleute schon damals durch die Bank auch prophezeit hatten.

Jetzt stehen wir wieder da, mit bereits neun Frauenmorden in diesem Jahr. Vergessen sollten wir auch nicht jene Fälle von schwerer Gewalt, die Frauen gerade so überlebt haben. Laut dem Verein Autonome Frauenhäuser waren es heuer fünf solcher Fälle, die Dunkelziffer ist wohl um einiges höher.

Frauenministerin Susanne Raab.
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Die jetzigen anlassbezogenen Aktivitäten von Frauen-, Innen- und Justizministerium lassen befürchten, dass sich so bald nichts ändern wird. Alle Maßnahmen sind vage gehalten, selbst längst beschlossene Maßnahmen wurden als Ergebnis des Gipfels präsentiert. Es soll aber auch nur der Anfang gewesen sein, nächste Woche gibt es einen Termin mit Vertreterinnen von Gewaltschutzeinrichtungen.

Doch eines wird sich auch dann nicht zeigen – nämlich die Einsicht, dass der sicherste Schutz vor geschlechterspezifischer Gewalt die echte Gleichstellung in allen Bereichen des Lebens ist. Dieses umfassende Verständnis von Gewaltschutz fehlt in Österreich weitgehend.

Entschlossene Gleichstellungspolitik

In Schweden wird seit den 1960er-Jahren entschlossene Gleichstellungspolitik betrieben, es gibt etwa einen fix für Väter reservierten Karenzanteil, ebenso in Island, wo 90 Prozent der Väter in Karenz gehen. Was das mit Gewaltschutz zu tun hat? Sehr viel, nicht nur weil es in den erwähnten Ländern deutlich weniger Frauenmorde gibt.

Die einseitige Zuständigkeit der Frauen für unbezahlte Sorgearbeit bringt ihnen niedrigere Einkommen. Studien zeigen, dass vor allem mit der Geburt eines Kindes für Frauen ein Einkommenseinbruch einhergeht und die finanzielle Abhängigkeit vom Partner droht. Wer geschlechtsspezifische Gewalt bekämpfen will, wird an einer grundlegenden Arbeit an den unterschiedlichen Erwartungen hinsichtlich der Rollen von Männern und Frauen nicht vorbeikommen. Denn genau darauf fußt Gewalt gegen Frauen.

Eine der ersten Aussagen von Frauenministerin Susanne Raab nach den jüngsten Frauenmorden war, jede Frau müsse wissen, dass sie einen Zufluchtsort habe. Das sei ihr wichtig. Doch all diese Frauen lernen Tag für Tag, welchen geringen Wert ihnen unsere Gesellschaft beimisst. Sie erleben es in einem kaum spürbaren Kampf um ihre Gleichstellung, auf dem Arbeitsmarkt, bei der Verteilung der unbezahlten Arbeit, in die sich die Politik in Österreich keinesfalls einmischen will.

Die Aussage von Bundeskanzler Sebastian Kurz, "am Geld wird es nicht scheitern", sollten wir nicht dankbar als Ankündigung für ein paar mehr Frauenhausplätze auffassen, sondern als Maxime für eine ernsthafte Frauenpolitik einfordern.

Dort ist es bisher sehr wohl am Geld gescheitert: 15 Millionen Euro Jahresbudget für die riesige Aufgabe, die hierarchische und allzu oft tödliche Ordnung der Geschlechter durch Gleichstellungspolitik zu verändern, ist viel zu wenig. (Beate Hausbichler, 4.5.2021)