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Mediaset-Turm in Mailand.

Foto: REUTERS/Paolo Bona

Mailand/Unterföhring – Nach der Einigung mit Vivendi könnte Mediaset seine deutsche Beteiligung ProSiebenSat.1 künftig enger an sich binden. Fachleute gehen davon aus, dass der italienische Medienkonzern und ProSieben-Großaktionär das bayerische Fernsehunternehmen in seine europäischen Wachstumspläne miteinbeziehen will. Die Analysten vom Broker Equita rechnen damit, dass Mediaset einen "Zusammenschluss" mit seiner spanischen Tochter und mit ProSieben anstrebt.

Auch ein anderer Branchenexperte erwartet, dass das von der Familie Berlusconi kontrollierte Unternehmen zunächst seinen ProSieben-Anteil auf 30 Prozent erhöhen und dann eine Übernahme versuchen könnte: "Durch die Beilegung der Rechtsstreitigkeiten und die Entflechtung zwischen Vivendi und Mediaset sieht es tatsächlich so aus, als ob Mediaset einen ernsthaften Versuch in Richtung ProSieben unternehmen könnte."

Mediaset hält direkt und über Derivate rund 23,5 Prozent an ProSieben und buhlt seit längerem um eine engere Zusammenarbeit mit dem deutschen Konzern. Die Italiener wollen ihren Firmensitz in die Niederlande verlegen, europaweit wachsen und ProSieben dabei haben. Aber wie bereits sein Vorgänger Max Conze gibt sich ProSieben-Chef Rainer Beaujean hier zurückhaltend. Auf der Bilanz-Pressekonferenz im März hatte sich Beaujean angesichts von Annäherungsversuchen von Mediaset und der RTL Gruppe gelassen gezeigt: "Wir kommen sehr gut klar."

"Ergebnisoffen analysieren"

Nun erklärte ProSiebenSat.1, es gebe regelmäßig Spekulationen im Markt, die man aber grundsätzlich nicht kommentiere. "Uns wurde bisher kein Vorschlag – auch nicht von Mediaset – unterbreitet, den wir bewerten können." Sollte es in Zukunft einen solchen Vorschlag geben, werde man diesen "ergebnisoffen im Detail analysieren und dabei die Interessen aller Stakeholder berücksichtigen". Klare Strategie sei, Wert für die Aktionäre zu schaffen. So habe man aus eigener Kraft die Diversifizierung vorangetrieben und als Digitalkonzern ein Geschäftsmodell mit Wachstumspotenzial etabliert.

Die Reihen der ProSieben-Großaktionäre haben sich gelichtet, was Mediaset Handlungsspielraum verschaffen könnte. Der US-Finanzinvestor KKR hat seinen Anteil fast ganz verkauft, die Investoren um den tschechischen Milliardär Daniel Kretinsky halten nur noch knapp drei Prozent.

Mediaset-Aktien gestiegen

Für neuen Schwung dürfte nun sorgen, dass Mediaset sich mit seinem eigenen Großaktionär Vivendi geeinigt und einen jahrelangen Rechtsstreit beigelegt hat. Dieser hatte auch die Europa-Pläne der Italiener blockiert. Der Deal sieht nun vor, dass Vivendi über fünf Jahre hinweg zwei Drittel seines Anteils von knapp 29 Prozent an Mediaset über die Börse verkauft. Die Holding Fininvest der Familie des früheren italienischen Regierungschefs Silvio Berlusconi übernimmt weitere fünf Prozent von Vivendis Mediaset-Anteilen. Die vom französischen Milliardär Vincent Bollore kontrollierte Vivendi-Gruppe kann dann entscheiden, ob sie die restlichen 4,6 Prozent behält oder verkauft. Die Unternehmen lagen seit einem geplatzten Pay-TV-Deal 2016 im Clinch. Die Mediaset-Aktien stiegen zunächst um sechs Prozent und damit auf den höchsten Stand seit eineinhalb Jahren. Am Dienstagnachmittag notierten die Papiere zwei Prozent fester.

Wegen der starken Konkurrenz durch US-Internetriesen und Streamingdienste wie Netflix setzen viele europäische Medienkonzerne auf Zusammenschlüsse in der Branche. Der Chef von Bertelsmann und der RTL Group, Thomas Rabe, plädiert deshalb für nationale Champions. Rabe will bis Ende Juni entscheiden, ob RTL seinen französischen TV-Sender M6 verkauft oder andere Optionen umsetzt. Sowohl Mediaset nach eigenen Angaben als auch Vivendi laut Insidern sind an M6 interessiert. (APA, 5.5.2021)