Luna Wedler spielt Sophie Scholl in dem Instagram-Projekt.

Foto: SWR/Èdith Carron/Sommerhaus Film

Stell dir vor, es ist 1942, und auf Instagram postet Sophie Scholl Storys aus ihrem Alltag. Zum hundertsten Geburtstag der deutschen Widerstandskämpferin am 9. Mai haben der Bayerische Rundfunk (BR) und der Südwestrundfunk (SWR) ein besonderes Projekt zur Geschichtsvermittlung ins Leben gerufen. Auf dem Instagram-Account @ichbinsophiescholl spricht Sophie Scholl, gespielt von der Schauspielerin Luna Wedler, in die Selfie-Kamera und lässt ihre Follower an den letzten zehn Monaten ihres Lebens in nachempfundener Echtzeit teilhaben.

Gestartet ist die Instagram-Serie am 4. Mai. An diesem Tag vor 79 Jahren stieg Scholl in Ulm in den Zug Richtung München, um dort mit 21 Jahren ihr Studium der Biologie und Philosophie an der Ludwig-Maximilians-Universität zu beginnen. Am Münchener Bahnhof wird sie von ihrem großen Bruder Hans empfangen. Später lernt sie seine Freunde kennen. Die letzten Postings sind für den Tag von Scholls Verhaftung am 18. Februar geplant. Vier Tage später wird sie hingerichtet.

Das Projekt hebt die Biografie Scholls aus dem Geschichtsbuch in die sozialen Medien und erreicht dort das junge Publikum. So konsumieren die Instagram-User jeden Tag nicht nur die Alltagsvideos der Influencer und Content-Creator mit der dazugehörigen Werbung, sondern werden auf dem Account auch mit dem Leben der Studentin und späteren Widerstandskämpferin konfrontiert. Sophie Scholl, ihr Bruder und andere aus der Widerstandsgruppe Weiße Rose hatten das Terrorregime der Nationalsozialisten in Flugblättern scharf kritisiert. Wegen ihrer Kritik am Naziregime sind die Geschwister am 22. Februar 1943 ermordet worden.

Die Schauspielerin Luna Wedler, bekannt aus der Netflix-Serie "Biohackers", zieht mit ihrem ernsthaften Blick in die Kamera hinein in die kurzen Clips. Als Vorbereitung auf die Rolle hat Wedler viele Briefe von Scholl gelesen und ist begeistert. "Ein Riesengeschenk war für mich der Briefaustausch zwischen ihr und ihrem Verlobten Fritz Hartnagel. Das sind über 400 wunderschöne Briefe. Man kann dadurch regelrecht in ihren Kopf gucken", sagte die 21-jährige Schauspielerin der Deutschen Presse-Agentur in München. "Es ist sehr, sehr berührend."

Gerade in Zeiten von Fake-News hält Wedler Scholls Vorbild für sehr wichtig. "Das ist etwas, was wir uns bei ihr abgucken können: mehr nachdenken, mehr hinterfragen", meinte sie. "Wir haben sehr viel Social Media mit vielen Influencern und Prominenten. Das ist eine Fake-World, man muss aufpassen, was man da glaubt oder nicht." (Stefanie Ruep, 5.5.2021)