Joshua Wong sitzt derzeit wegen seiner Beteiligung an anderen Protesten in Haft.

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Hongkong/Peking – Der inhaftierte Hongkonger Aktivist Joshua Wong ist zu einer zusätzlichen Haftstrafe von zehn Monaten verurteilt worden. Mit drei Bezirksräten, die vier bis sechs Monate Gefängnis erhielten, wurde der 24-Jährige wegen der Teilnahme an einer nicht genehmigten Demonstration zum Jahrestag der blutigen Niederschlagung der Demokratiebewegung in China am 4. Juni 1989 im vergangenen Jahr bestraft, wie Hongkonger Medien berichteten. Die vier Angeklagten hatten sich schuldig bekannt.

Strafe als Abschreckung

Wegen der Pandemie wurde die alljährliche Kerzenandacht im vergangenen Jahr erstmals verboten. Trotzdem versammelten sich am 4. Juni 2020 rund 20.000 Teilnehmer zu einer Mahnwache in einem Hongkonger Park. Der Richter sagte, die vier Angeklagten hätten sich "offen dem Gesetz widersetzt", aber seien so klug gewesen, sich schuldig zu bekennen. Das allein habe ihnen mildernde Umstände eingebracht, zitierte ihn die "South China Morning Post".

Das Risiko bei der Demonstration sei groß gewesen, sagte der Richter. Aufgrund der unruhigen Zeit hätten Emotionen hochschlagen und Unruhestifter zu Gewalt anstiften können. So sei es notwendig, mit der Strafe andere davor abzuschrecken, ähnliche Vergehen zu begehen, berichtete der Sender RTHK. Das Urteil stieß international auf Kritik.

"Ein Land, ein System"

Wong gilt als "Gesicht der Demokratiebewegung" in Hongkong. Er sitzt gegenwärtig schon wegen seiner Rolle bei anderen Protesten aus dem Jahr 2019 in Haft. Im November wäre er eigentlich auf freien Fuß gekommen. Bei den Bezirksräten handelt es sich um Lester Shum (27), Tiffany Yuen Ka-wai (27) und Jannelle Rosalynne Leung (26). Sie sitzen wegen einer Anklage wegen des Verstoßes gegen das neue Sicherheitsgesetz ebenso in Haft. Ihnen wurde eine Freilassung auf Kaution verweigert.

Das nach den Demonstrationen für mehr Demokratie in der chinesischen Sonderverwaltungszone im Juli 2020 erlassene Sicherheitsgesetz richtet sich gegen Aktivitäten, die Peking als umstürzlerisch, separatistisch, terroristisch oder verschwörerisch ansieht. Seit 1. Juli 1997 gehört die frühere britische Kronkolonie wieder zu China, wird aber nach dem Grundsatz "Ein Land, zwei Systeme" eigenständig regiert. Diese Vereinbarung sieht eigentlich vor, dass die Hongkonger für 50 Jahre bis 2047 "ein hohes Maß an Autonomie" und viele Freiheiten genießen. Seit dem Erlass des Sicherheitsgesetzes reden viele aber nur noch von "Ein Land, ein System".

Preisgekrönte Dokumentation

Unterdessen wurde die bekannte Hongkonger Journalistin Bao Choy für ihre Arbeit mit einem wichtigen Menschenrechtspressepreis ausgezeichnet. Choy und fünf Kollegen gewannen am Donnerstag den chinesischsprachigen Dokumentarfilmpreis bei den Human Rights Press Awards für ihren Film "Who Owns the Truth?". Die Journalistin, die für den Sender RTHK arbeitete, war vergangenen Monat wegen ihrer Filmrecherche zu einem Angriff auf Demokratieaktivisten zu einer Geldstrafe verurteilt worden.

Der Film "Who Owns the Truth?" handelt von einem Angriff mehrerer mit Knüppeln und Stöcken bewaffneter Männer auf eine Gruppe von Demokratieaktivisten im Jahr 2019. Die Filmemacher nutzten für ihre Recherche unter anderem Aufnahmen von Sicherheitskameras, Interviews mit Zeugen und eine Datenbank für Nummernschilder.

Hongkong ist in den vergangenen Jahren auf der weltweiten Rangliste der Pressefreiheit zunehmend nach unten gerutscht. Die Organisation Reporter ohne Grenzen (RSF) führt die chinesische Sonderverwaltungszone derzeit auf Platz 80, im Jahr 2002 war es noch Platz 18. (APA, 6.5.2021)