ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz (61) tritt noch einmal um die Führung des ORF ab 2022 an – hier am Donnerstag bei einem Pressegespräch darüber.

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Alexander Wrabetz bewirbt sich – wie lange erwartet, aber bisher noch nicht offiziell bestätigt – neuerlich um den ORF-Generalsjob. Er informierte am Donnerstag nach STANDARD-Infos die Stiftungsräte darüber per Mail.

Der Sozialdemokrat Alexander Wrabetz ist seit 2006 Generaldirektor des ORF. Für die Bestellung braucht es die Mehrheit im Stiftungsrat – die liegt bei ÖVP-nahen Stiftungsräten.

Der Stiftungsrat bestellt den nächsten ORF-Generaldirektor ab 2022 am 10. August. Am 16. September bestellt der Stiftungsrat die übrigen ORF-Direktorinnen und -Direktoren sowie die Landesdirektoren auf Vorschlag des bestellten ORF-Generaldirektors.

Als potenzieller Gegenkandidat wird Ronald Weißmann gehandelt, Vizefinanzdirektor im ORF, Chefproducer und Geschäftsführer von ORF.at.

Die formelle Bewerbungsfrist wird laut Wrabetz erst am 1. Juli 2021 beginnen (laut Gesetz darf der Stiftungsratsvorsitzende nicht früher vor der Wahl ausschreiben).

Keine Halbheiten

Spekuliert wurde in den vergangenen Wochen, Wrabetz würde eine Halbzeitlösung anpeilen: Noch zwei Jahre als ORF-General und dann eine geordnete Übergabe an einen Nachfolger. Der amtierende ORF-General winkt ab: "Bestellt wird man für eine Geschäftsführungsperiode" – und die dauert laut Gesetz fünf Jahre. Wrabetz: "Darüber würde ich jetzt keine Spekulationen beginnen." Er würde sich "für die gesamte Periode bewerben. Wenn man gesund bleibt, kann man das sicher umsetzen." Die begonnen Projekte würden "noch Jahre" zur Umsetzung brauchen.

"Lust und Freude"

Vor Journalisten erklärte Wrabetz am Donnerstag zu seiner – erwarteten – Bewerbung: "Ich habe gezeigt, dass ich das Unternehemn in herausfordernden Zeiten führen kann. Wir haben Zukunftsprojekte begonnen, und ich habe große Lust und Freude, diese und die beschlossene Strategie umzusetzen."

Der ORF habe das Pandemiejahr 2020 herausragend gemeistert. Auch das erste Quartal 2021 habe der ORF sehr gut und über Plan abgeschlossen. Die Quoten aller TV-Sender seit Jahresbeginn seien im Vergleich zum Vorjahr gestiegen.

ORF-Stiftungsrat und seine 35 Mitglieder bestellen im August den nächsten ORF-General.
Grafik: DER STANDARD

Der ORF stehe vor großen Herausforderungen in der Post-Pandemie-Zeit (die erwartet Wrabetz im kommenden Herbst). Wrabetz verwies auf die Dominanz der internationalen Onlineriesen bei Werbung und Programmnutzung – von Google und Facebook bis Netflix und Dazn.

Der ORF soll sich laut im Dezember beschlossener Strategie insbesondere mit der Streamingplattform zu einer Public-Service-Plattform entwickeln. Er wolle diesen Player nicht nur entwerfen und strukturieren, sondern auch umsetzen. Ebenso etwa den multimedialen Newsroom des ORF, der gerade fertiggestellt wird – und einen großen Umbau der ORF-Information in TV, Radio und Online sowie deren Führung bringt.

"ZiB Spezial"

Die umstrittene "ZiB Spezial" im Hauptabend statt der "Millionenshow" vorige Woche ohne erkennbaren nachrichtlichen Anlass mit einer Viertelstunde für Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) im Gespräch verteidigte Wrabetz gegen den Verdacht des Antichambrierens bei der Mehrheitsfraktion im Stiftungsrat: "Ich hielte ich für absurd, dass man glaubt, dass eine redaktionelle Programmentscheidung" eine entscheidende Rolle spiele bei "solche wichtigen Fragen für die Zukunft des ORF, des Publikums und des Landes." Gemeint ist hier die ORF-Führung.

Vierte Bewerbung

Wrabetz, bis dahin ORF-Finanzdirektor, wurde 2006 mit einer sogenannten Regenbogenkoalition mit ÖVP-Regierungspartner BZÖ gegen die ÖVP ORF-Generaldirektor. Er wurde 2011 mit breiter Mehrheit wiederbestellt. 2016 knapp gegen den ÖVP-FPÖ-Kandidaten Richard Grasl. (fid, 6.5.2021)