Die Wirbeltiere transportierten im Vergleich zu den Bienen in den tropischen Bergregenwäldern größere Mengen an Pollen zwischen den Blüten.

Foto: Uni Wien/Francisco Sornoza

Die große Diversität bei den Blütenpflanzen ist nicht zuletzt ihrer Fortpflanzungsmethode zu verdanken. Durch die zahllosen Möglichkeiten für eine Bestäubung – in vielen Fällen sind es Insekten oder Wirbeltiere – haben sich schier endlos viele Blütenvariationen entwickelt. Oft weisen dabei sogar nah verwandte Pflanzenarten unterschiedliche Bestäubungssysteme auf. Beispielsweise kann eine Pflanzenart von Bienen, eine nahverwandte Art aber von Kolibris bestäubt werden. Wie es im Laufe der Evolution zu solchen Verschiebung kommt, habt nun ein Team um Agnes Dellinger und Jürg Schönenberger von der Universität Wien anhand tropischer Gebirgspflanzen untersucht.

Rätselhafter Wechsel

Wie kommt es dazu, dass die Bestäuber einer Pflanzenart im Laufe der Evolution wechseln? "Theoretische Konzepte besagen, dass vor allem extrinsische Faktoren wie Veränderungen im Klima dazu führen", sagt Dellinger. Diese Theorien gehen davon aus, dass klimatischen Veränderungen die Häufigkeit des ursprünglichen Bestäubers (etwa einer Bienenart) verringern und sich Blüten über längere evolutionäre Zeiträume hinweg an einen anderen Bestäuber anpassen können.

Bis heute wurden diese Theorien aber kaum empirisch untersucht. Pflanzengruppen, die sowohl in Tieflagen als auch in Gebirgen verbreitet sind, eignen sich besonders zum Testen dieser Theorien, da sie die Möglichkeit bieten, Bestäuber im Kontext klimatischer Unterschiede entlang von Höhenlinien zu untersuchen.

Expeditionen in Süd- und Mittelamerika

In fünf Expeditionen untersuchten die Forscher im Rahmen eines FWF-Projekts elf Pflanzenarten der Familie der Schwarzmundgewächse in den Tiefland- und Bergregenwäldern Costa Ricas, Ecuadors und Kolumbiens. "Wir fanden heraus, dass Bienen häufige Blütenbesucher im Tiefland waren, wo die untersuchte Pflanzengruppe vermutlich ihren evolutionären Ursprung hat", erklärt Dellinger.

Im Laufe der letzten fünf Millionen Jahre haben sich diese Pflanzen auch in den – durch die Auffaltung der Anden – neu entstandenen Gebirgshabitaten ausgebreitet. "In dieser Höhe von etwa 2.400 bis etwa 3.300 Meter sind Bienen nur sehr seltene Blütenbesucher, während Wirbeltiere wie Fledermäuse, Kolibris und Sperlingsvögel häufig an Blüten anzutreffen sind", so Dellinger.

Mehr Pollen

Diese Wirbeltiere transportieren im Vergleich zu Bienen in den tropischen Bergregenwäldern größere Mengen an Pollen zwischen den Blüten. Diese effizientere Pollenübertragung durch Wirbeltiere ist sehr wahrscheinlich ein wichtiger Faktor in der Evolution von Bestäuberwechseln, berichtet das Team im Fachjournal "New Phytologist".

"Wechsel von Bienen- zu Wirbeltierbestäubung haben bei Schwarzmundgewächsen ausschließlich in Gebirgswäldern stattgefunden, wo das Klima generell feuchter, kühler und windiger ist als im Tieflandregenwald", so Dellinger. Auch haben sich die Blüten in ihrer Funktionsweise und ihrer Morphologie über lange evolutionäre Zeiträume an die neuen Wirbeltierbestäuber angepasst.

Ob der Klimawandel auch zu Bestäuberwechseln und den entsprechenden Anpassungen führen wird? "Wahrscheinlich kommt es zu Veränderungen in der Häufigkeit unterschiedlicher Blütenbesucher", sagt Dellinger. Fraglich ist jedoch, ob die Anpassung der Blüten an neue Bestäuber mit dem sich derzeit sehr rasch verändernden Klima mithalten kann. (red, 6.5.2021)