Was konnten oder mussten die Prüfer von EY bei Wirecard erkennen? Dieser Frage gehen die Justiz und der U-Ausschuss nach.

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Die Rolle von EY als Wirtschaftsprüfer der kollabierten Wirecard gilt seit der Insolvenz des Zahlungsdienstleisters als hoch umstritten und hat auch an der Reputation des Prüfers genagt. In Deutschland wurde sogar bereits darüber diskutiert, ob EY weiterhin Finanzdienstleister prüfen solle.

Immer wieder wird die Frage gestellt, ob denn die mutmaßlichen Malversationen des Wirecard-Managements für Experten nicht auffindbar gewesen sind. Diese Frage beschäftigt die deutsche Justiz ebenso wie den laufenden Untersuchungsausschuss. Nun gab es zu dieser Frage aber spannende Einblicke im U-Ausschuss. Demnach hatte der Wirtschaftsprüfer schon Jahre vor der Insolvenz Hinweise auf Unregelmäßigkeiten. "Wir hatten Indikationen, aber keine Beweise", sagte EY-Partner Christian Muth am Donnerstag im Untersuchungsausschuss zu dem milliardenschweren Finanzskandal. Er bezog sich dabei auf Unregelmäßigkeiten nach Übernahmen in Indien, die Gegenstand einer Sonderprüfung waren.

Viel Frust

Muth sagte, er schiebe viel Frust mit sich rum. Daten und E-Mails seien in dem Fall immer wieder nicht zur Verfügung gestellt worden, auch Interviews nicht zustande gekommen ebenso wie eine geplante Reise nach Indien.

Muth ist beim jahrelangen Wirecard-Prüfer Ernst & Young (EY) ein sogenannter Forensiker. "Wir suchen und finden Fakten", sagt der 45-Jährige. Dies geschehe durch die Auswertung der Buchhaltung, von E-Mails, öffentlich zugänglichen Informationen sowie Interviews mit Mitarbeitern in den zu prüfenden Unternehmen. Sein Team habe aber unabhängig vom eigentlichen Bilanz-Prüfungsteam agiert.

Unmittelbar vor der Testierung des Jahresabschlusses 2016 habe die Untersuchung von Korruptionsvorwürfen durch das Team von Muth mehrere rote Ampeln gezeigt, sagte Jens Zimmermann, der für die SPD im U-Ausschuss sitzt. "Dennoch wurde der Jahresabschluss durch EY durchgewunken." Ähnlich äußerte sich Danyal Bayaz von den Grünen. Muth belaste seine Prüfer-Kollegen. "Es gibt starke Indizien, dass Risiken nicht ausreichend benannt und angemessen ausgewertet wurden."

Blindflug

"Es ist ganz offensichtlich, dass Wirecard die Untersuchungen von EY gezielt behindert hat", sagte FDP-Finanzpolitiker Florian Toncar. "Es bleibt aber umso rätselhafter, warum EY trotzdem immer wieder die Wirecard-Bilanz abgesegnet hat. Das kann nur in einem gewissen Blindflug passiert sein."

EY hatte jahrelang die Bilanzen von Wirecard testiert und steht deswegen massiv in der Kritik. Muth sagte, die Vorwürfe und das Vorgehen der involvierten Prüfern werden intern aufgearbeitet zusammen mit externen Experten. EY trage zur Aufklärung bei, es gebe seiner Kenntnis nach aber noch keinen Zwischenbericht über diese Sonderprüfung. (Reuters, 7.5.2021)