Solange Unklarheiten bezüglich der Auswertungsqualitäten bleiben, werden die Labore der HG Pharma nicht mehr vom Gesundheitsministerium gelistet.

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Der Tiroler Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) hätte mit seiner Personalrochade im Regierungsteam und der überraschenden Ankündigung, für eine erneute Kandidatur bereitzustehen, wohl nur allzu gerne die Diskussion auf andere Themen gelenkt. Aber nicht nur im Bundesland, auch in der deutschen Presse und mittlerweile auch in Wien stellt man sich weiterhin eine Frage: Was war da bei den PCR-Tests los?

So wurde in den vergangenen Tagen die Testqualität von HG Pharma angezweifelt: Inzwischen hat sich das Gesundheitsministerium direkt eingeschaltet und der Firma rund um den umstrittenen Wiener Urologen Ralf Herwig mitgeteilt, dass man das Unternehmen vorerst von der Liste der PCR-testenden Labore auf der Ministeriumswebsite entfernen werde. Man bat außerdem um Auskunft, ob derzeit noch Testungen durchgeführt werden und ob man die Meldung als "Corona-Labor" gemäß Paragraf 28c des Epidemiegesetztes zurückgezogen hat.

Hinter Paragraf 28c verbirgt sich eine im vergangenen Jahr in Kraft getretene Gesetzesnovelle, die es auch "naturwissenschaftlichen Einrichtungen" erlaubt, Tests durchzuführen. Dies sei notwendig gewesen, um das Testangebot erweitern zu können, heißt es aus dem Ministerium. Um auf der Homepage des Ministeriums gelistet zu werden, müssen Labore jedoch lediglich einen Fragebogen ausfüllen, was ordnungsgemäß passiert sei.

Kontrolle vor Ort

Das Ministerium betont zugleich, dass die Liste ohnehin nicht mehr als eine Serviceleistung und keinesfalls eine Empfehlung darstelle. Sie beruhe lediglich auf einer Sammlung der Selbstmeldungen. Nur bei Ungereimtheiten im Fragebogen könne das Ministerium tätig werden, die Kontrolle der Labore vor Ort obliege aber den jeweiligen Gesundheits- und Sanitätsbehörden.

Die Tiroler Behörden gaben am Mittwoch bekannt, dass die HG Pharama mehrmals überprüft und die Qualität der Proben für gut befunden wurde. Es sei auszuschließen, dass es in großem Stil falsch-positive Ergebnisse gibt.

Von Laer übernimmt

Auch die HG Pharma wies am Donnerstag jedenfalls jegliche Vorwürfe hinsichtlich möglicher Qualitätsmängel erneut aufs Schärfste zurück: Die Qualität werde durch interne und externe Audits sowie Ringversuche international und national geprüft, die Ergebnisse seien bisher von Wissenschaftern befundet worden.

Am Donnerstag wurde jedoch bekannt, dass die angesehene Virologin Dorothee von Laer von der Medizinischen Universität Innsbruck die Befundung fortan übernehmen soll. Sie will klären, welche Art von Mutation bei den PCR-Proben vorliegen würde, nach derzeitiger Kenntnis gebe es keine falsch-positiven oder falsch-negativen Ergebnisse, sagte sie.

Expansionspläne für Wien

Am Freitag hätte sich Herwig in Wien wegen Körperverletzung mit Dauerfolgen und schweren Betrugs vor Gericht zu verantworten gehabt. Die Verhandlung wurde aber abberaumt, da er laut Gericht eine Krankschreibung vorgelegt habe.

Nachdem die HG Pharma den lukrativen Auftrag in Tirol an Land gezogen hatte, wollte man eigentlich auch in Wien Fuß fassen. Kurz vor Weihnachten suchte ein Unternehmensvertreter um Genehmigung des Laborbusses per Mail beim Bürgermeisterbüro an, sie landete bei der MA 40, die auch für gesundheitsrechtliche Fragen zuständig ist. Genehmigt werden sollte "ein mobiles Labor für alle Bezirke" mit dem Vertretungsbefugten Ralf Herwig.

Anfrage in Salzburg

Als Referenz wird angeführt, dass man eine Zulassung "im Auftrag des Landes Tirol" habe. Etwa 110.000 Testungen sollen dort seit Oktober 2020 durchgeführt worden sein. Nachfragen der Stadt Wien im Jänner, ob es sich denn bei der HG Lab Truck GmbH um ein naturwissenschaftliches Institut im Sinne des Epidemiegesetzes handle, blieben jedoch unbeantwortet. Daraufhin sei das Angebot im Nichts verlaufen, heißt es aus dem Büro des Gesundheitsstadtrats.

Und auch in Salzburg gab es zumindest eine Kontaktaufnahme: Das Ganze sei jedoch ergebnislos gewesen, heißt es aus dem Landhaus. Die HG Pharma rechtfertigte ihre ausbleibende Antwort mit dem hohen Arbeitsaufwand zu dieser Zeit.

Grüne fordern Transparenz, Opposition will Platters Rücktritt

In Tirol wurden jedwede Fragen offenbar beantwortet. Das Büro des Tiroler Landeshauptmanns beteuert, dass der Vertrag durch die Fachabteilungen des Landes Tirol erstellt, geprüft und abgeschlossen wurde. Sehen durfte den Vertrag bisher aber niemand, nicht einmal der grüne Regierungspartner, weshalb Klubobmann Gebi Mair endlich eine tatsächliche Offenlegung im Sinne der Transparenz forderte.

Etwas deutlichere Worte für Platters Krisenmanagement fand die Opposition. Der freiheitliche Landesparteiobmann Markus Abwerzger forderte in einer gemeinsamen Aussendung mit FPÖ-Tourismussprecher Gerald Hauser den Rücktritt Platters – wie zuvor auch schon die Liste Fritz. Es habe sich endgültig "ausgeplattert" im Land, findet die FPÖ. Der oberste Krisenmanager verkenne den PR-Schaden für das Tourismusland und beschwöre mit seiner Realitätsverweigerung ein zweites Ischgl herauf.

Etwas weniger deutlich blieben die oppositionelle SPÖ und Neos. Erstere sprach von einer nicht abreißenden Serie an Missmanagement, Pannen und Konflikten, Letztere von konsequentem Wegschauen bei Fehlern, was einen Neustart in Tirol überfällig mache. (Laurin Lorenz, Stefanie Ruep, Gabriele Scherndl, Fabian Sommavilla, 6.5.2021)