Die 20 Tonnen schwere Hauptstufe dieser Langer March 5B-Rakete wird in den nächsten Tagen abstürzen.

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Vor wenigen Tagen haben westliche Raumfahrtexperten vor herabstürzenden Trümmerteilen durch einen "unkontrollierten" Wiedereintritt einer chinesischen 20 Tonnen schweren Raketenstufe gewarnt. Aktuell geht man davon aus, dass der Weltraummüll am am 8. oder 9. Mai in die Atmosphäre eintreten wird. Das von China genannte "Zielgebiet" umfasst jeden Teil der Erdoberfläche zwischen dem 41. Grad nördlicher und dem 41. Grad südlicher Breite. In Europa zählen unter anderem Teile von Spanien, Italien und Griechenland dazu.

Chinas Staatsmedien haben nun zurückgewiesen, dass von den Trümmern eine Gefahr ausgeht. Die Bruchstücke dürften "sehr wahrscheinlich in internationale Gewässer fallen, und die Leute müssen sich keine Sorgen machen", schrieb die häufig als englischsprachiges Propagandaorgan dienende Zeitung "Global Times" am Donnerstag unter Hinweis auf eigene Raumfahrtexperten.

Grundsteinlegung im Orbit

Die neue, leistungsfähige Rakete vom Typ Langer Marsch 5B hatte am vergangenen Donnerstag das Kernmodul Tianhe (Himmlische Harmonie) der künftigen chinesischen Raumstation Tiangong ins All gebracht.

Dass Reste von Raketen zur Erde zurückfielen, sei "in der Luft- und Raumfahrt üblich", schrieb die "Global Times". Das Blatt sah hinter den Warnungen "nichts anderes als westlichen Rummel um eine Bedrohung durch China" in der Raumfahrt. Der Experte Wang Ya'nan, Chefredakteur eines Luft- und Raumfahrtmagazins, wurde zitiert, dass Chinas Raumfahrtbehörden die Entwicklung herabfallender Trümmer vom Design der Rakete und der Wahl des Startplatzes bis hin zur Flugbahn und -höhe sorgfältig berücksichtigt hätten.

"Die meisten Trümmer werden beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre verbrennen, so dass nur ein sehr kleiner Teil übrig bleibt, der auf die Erde fällt, was potenziell in Gebieten weit weg von menschlichen Aktivitäten oder im Ozean landen wird", sagte Wang Ya'nan. Der chinesische Experte Xing Qiang sagte der chinesischen Ausgabe der "Global Times" (Huanqiu), die Leichtmetallhülle könne leicht in der Erdatmosphäre verbrennen. "Im Vergleich zu Raumstationen oder großen Satelliten ist deswegen die Möglichkeit sehr gering, dass die Raketenreste am Boden Schaden anrichten."

Esa: Unklare Vorhersagen

Hingegen hatte das europäische Esa-Büro für Raumfahrtrückstände mitgeteilt, es sei aktuell praktisch unmöglich, Vorhersagen darüber zu treffen, welche Teile den Wiedereintritt überstehen werden. Materialien mit hohen Schmelztemperaturen wie etwa Motor- oder Tankkonstruktionen stellten ein besonderes Risiko dar. Allgemein verglühten die meisten Objekte beim Wiedereintritt aber vollständig, so die Experten.

Der Astrophysiker Jonathan McDowell vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics in Cambridge (US-Staat Massachusetts) warnte, dass es "im schlimmsten Fall" wie der Absturz eines kleinen Flugzeugs werden könne, der sich über Hunderte Kilometer verteile. Wie viele Bruchstücke übrig blieben, lasse sich nicht vorhersagen. "Aber genug, um Schaden anzurichten." Auch der Raumfahrtexperte Andrew Jones warnte vor Schaden für Mensch oder Eigentum. (red, APA, 6.5.2021)