Die Lehrervertreter kritisieren die geplante Reform.

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Mit dem Schuljahr 2023/24 bekommen Volks- und Mittelschulen sowie AHS-Unterstufen neue Lehrpläne, im Herbst soll die Verordnung kommen. Doch schon die vom Bildungsministerium vorgelegten gesetzlichen Vorarbeiten sorgen für Unmut bei der AHS-Gewerkschaft. Im Gesetzesentwurf ist die Umstellung auf kompetenzorientierte Lehrpläne vorgesehen, was eine "nachvollziehbare Kommunikation" auch über die Leistungsbeurteilung ermöglichen soll. Die Lehrer warnen vor "Gesinnungsterror".

Kritik von Lehrervertretern

Kompetenzen sind laut den Begriffsbestimmungen des Gesetzes "verfügbare kognitive Fähigkeiten und Fertigkeiten", die die Schüler dazu befähigen, "Aufgaben in variablen Situationen erfolgreich und verantwortungsbewusst zu lösen und die damit verbundene motivationale und soziale Bereitschaft zu zeigen". Die geplante Umstellung auf kompetenzorientierte Lehrpläne soll nun laut den Erläuterungen zum Gesetzesentwurf "eine transparente und nachvollziehbare Kommunikation zwischen den Beteiligten über den Unterricht, die zu erwerbenden und tatsächlich erworbenen Kompetenzen und erbrachten Leistungen und damit letztlich auch über die Leistungsbeurteilung" ermöglichen.

Die AHS-Lehrer sehen darin die Vorgabe, Verantwortungsbewusstsein und soziale Bereitschaft – "oder, anders formuliert, das Verhalten der Schüler" – in die Benotung einzubeziehen. "Die AHS-Gewerkschaft lehnt aber die offenbar geplante Verknüpfung dieses Kompetenzkonzepts mit Leistungsbeurteilung mit aller Entschiedenheit ab, da das Gesinnungsterror Tür und Tor öffnet."

Ministerium beschwichtigt

Im Bildungsministerium betont man unterdessen gegenüber der APA, dass die Begriffe "verantwortungsbewusst" und "soziale Bereitschaft" sich genau so in der bereits geltenden Kompetenzdefinition der Bildungsstandards fänden und nun wegen der geplanten kompetenzorientierten Lehrpläne auch in der Schulrechtsnovelle verankert werden müssten. "Dass 'Verantwortungsbewusstsein' und 'soziale Bereitschaft' nicht Teil der Leistungsbeurteilung sein sollen, ist auch im Sinne des Bildungsministeriums", wird in der Stellungnahme klargestellt. Sehr wohl solle im Unterricht aber an der Entwicklung von "Verantwortungsbewusstsein" und "sozialer Bereitschaft" gearbeitet werden, um junge Menschen in ihrer Entwicklung zu unterstützen. "Begutachtungen von Gesetzesentwürfen sind auch deshalb sinnvoll, damit derartiges Aspekte diskutiert und Klarstellungen getroffen werden können."

Wegen der Corona-Pandemie ist noch immer nicht an einen Normalbetrieb an den Schulen zu denken.
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Skeptisch zeigen sich die AHS-Lehrer auch beim Plan, den Schulversuch zum Schüler-Schüler-Gespräch bei der mündlichen Fremdsprachenmatura ins Regelschulwesen zu überführen. Die Entscheidung darüber, ob im Dialogteil anstelle des Gesprächs mit dem Lehrer eine Schülerdiskussion stattfindet, müsse beim unterrichtenden Lehrer liegen.

Diskussion auch über Maturabenotung

Der Katholische Familienverband wehrt sich ebenfalls dagegen, das Schüler-Schüler-Gespräch als verbindliches Prüfungselement zu sehen. Außerdem warnt er davor, in der Volksschule in der Grundstufe II (3. und 4. Klasse) eine lebende Fremdsprache als Pflichtgegenstand festzulegen. Dies könne zu Überfrachtung und Notendruck führen.

Die Gymnasiallehrer sind außerdem dagegen, dass Minister Heinz Faßmann (ÖVP) nur per Verordnung die Einbeziehung der Jahresnote in die Maturanote vorschreibt. Wegen der Wichtigkeit der Maturanoten brauche es dafür breiten politischen Konsens und daher ein Gesetz. Die Regeln müssten außerdem bei mündlicher und schriftlicher Matura gleich sein.

Die Wirtschaftskammer ist generell gegen die Einbeziehung der Jahresnote in die Note der mündlichen Prüfung. Der teilzentrale Aspekt (zentral vorgegebene schriftliche Klausuren, von Schulen vorgegebene mündliche Prüfungen) werde dadurch weiter verwässert. Vielmehr solle in eine Optimierung der Zentralmatura investiert werden, um den Schülern "ein ehrliches Ergebnis ihrer schulischen Laufbahn zu geben und somit die Schulen zu verlässlichen Partnern für Wirtschaft und Hochschulen zu machen". Auch der Zentralausschuss der Lehrer an berufsbildenden mittleren und höheren Schulen (BMHS) pocht "im Interesse aller Schulpartner" darauf, dass es nicht zu permanenten Änderungen bei der gesamthaften Beurteilung kommt. (APA, 7.5.2021)