Wolfgang Fellner erklärt seine eigene "freiwillige Beurlaubung".

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Wolfgang Fellner gönnt sich eine Bildschirmpause: Bis die gegen ihn erhobenen Vorwürfe wegen sexueller Belästigung geklärt sind, gibt der Wiener Medienmacher die Moderation seiner Sendung Fellner live auf Oe24.TV ab. Eine von seiner Mediengruppe beauftragte Wirtschaftskanzlei – BDO Austria – werde mit einer "internen Untersuchung der Vorwürfe nach internationalen Compliance-Regeln beauftragt". Fellner hat die Vorwürfe – wie berichtet – mehrfach als unwahr zurückgewiesen.

Fellner dürfte mit dem Schritt die Notbremse gezogen haben: Ranghohe Politikerinnen planten einen Boykott seiner Person. Frauenministerin Susanne Raab (ÖVP), die grüne Klubobfrau Sigrid Maurer, SPÖ-Frauenvorsitzende Gabriele Heinisch-Hosek und Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger erklärten, sie würden "Wolfgang Fellner nicht mehr für Interviews in seiner Sendung zur Verfügung stehen, solange die Vorwürfe, die von ihm bestritten werden, nicht ausgeräumt sind".

Fellner in Angriffsmodus

Laut Ö1 soll auch Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) den Boykott unterstützt haben. Fellner sei einer finalen Entscheidung jedoch zuvorgekommen. Fellner gab bekannt, dass die Moderation einstweilen von seinem Sohn, Niki Fellner, und Innenpolitik-Journalistin Isabelle Daniel übernommen wird. Zum Auftrag wollte BDO Austria am Freitag nicht Stellung nehmen.

Am Donnerstag lancierte Fellner zu den Vorwürfen zweier seiner Ex-Moderatorinnen einen Gegenangriff: Die zwei jetzigen Krone.TV-Moderatorinnen und der Sender Puls 24 hätten sich gegen ihn "verbündet". Die Vorwürfe seien unwahr und widerlegbar.

Am Mittwochabend traten Raphaela Scharf und eine weitere mutmaßlich Betroffene, Katia Wagner, bei Puls 24 auf und sprachen offen über die "Angstsituation" im Unternehmen und über Vorwürfe gegen Fellner, die er als falsch zurückweist. Wagner ist Zeugin im Verfahren, das Fellner gegen Scharf führt. Er klagt seine Ex-Mitarbeiterin auf Unterlassung der Behauptung, er habe sie sexuell belästigt. Scharf wiederum klagt wegen ihrer fristlosen Entlassung.

Wagner wirft Fellner vor, sie in Nachrichten, die dem STANDARD vorliegen, bedrängt und in der Redaktion begrapscht zu haben.

Fellner bestreitet: Wagner habe diesen Vorfall nie thematisiert und hätte ihm zwei Jahre später sogar persönliche Geschenke übermittelt. Außerdem veröffentlichte Fellner einen Brief Wagners, in dem sie ihm zum Geburtstag gratulierte. Diesen interpretiert Fellner als "Liebes-Brief" und "proaktiven Versuch" Wagners, wieder mit ihm in Kontakt zu treten. Wagner sagte dem STANDARD dazu: "Das ist ein typisches Muster, um Opfer einzuschüchtern." Deshalb hätten zahlreiche Opfer, die sich bei ihr gemeldet haben sollen, Angst. "Wenn Fellner einen Geburtstagsgruß als Liebesbrief interpretiert, tut er mir leid", sagte Wagner.

Fellner sagte, Wagner selbst hätte die Nähe zu ihm gesucht und ihn öfter als "Traummann" und sie beide als "Traumpaar" bezeichnet. Vorwürfe der sexuellen Belästigung seien "absurd". Im Magazin Horizont nannte er die Vorwürfe "eine letztklassige Vorverurteilung einiger Konkurrenzmedien". Diese würden sich bald als unwahr herausstellen.Doch gab es bereits im Jahr 2016 Vorwürfe einer Frau, die nicht im österreichischen Medienmarkt verankert und nicht bei Fellner angestellt war. Sie erstattete Strafanzeige gegen Fellner. Das Verfahren wurde eingestellt, weil sich die Darstellung der Frau laut Fellners Anwalt nicht erwiesen habe.

Aussage gegen Aussage

Fellner soll der Frau damals Artikel und eine Kolumne in Österreich zu ihrer Geschäftsidee versprochen haben. Daraufhin soll er sie zum Abendessen und nach Paris zu einem Fußballspiel eingeladen haben. Die Frau nahm die Einladung an und soll in Paris überraschenderweise festgestellt haben, dass nur eine Hotelsuite für sie und Fellner gemeinsam gebucht worden sei. Schließlich soll Fellner sie im Hotel bedrängt und sexuell belästigt haben. Fellner bestritt dies damals vehement: Die Initiative sei von der Frau ausgegangen. Bereits zuvor hätten sich die beiden innig geküsst. Es stand Aussage gegen Aussage, das Verfahren wurde eingestellt.

Die Frau wollte auf Nachfrage nicht mehr Stellung nehmen. Fellner sagte, dass es sich damals um eine "Sex-Falle" gehandelt haben soll, die Fellner aber erkannt haben will. Das angebliche Vorhaben der Frau sei deshalb gescheitert. Nach den ersten Berichten ging Fellner auch gegen den STANDARD juristisch vor: Eine einstweilige Verfügung wurde allerdings bereits rechtskräftig abgelehnt. Das Hauptverfahren ist noch anhängig, Anfang Juli findet eine Verhandlung statt. Der Prozess gegen seine Ex-Mitarbeiterin Scharf geht bereits Ende Mai in die nächste Runde. (red, 7.5.2021)