Donald Trumps Microblog entspricht nicht ganz dem, was ursprünglich angekündigt wurde.

Foto: imago images/UPI Photo

Anfang 2021 wurde Donald Trump nach dem Sturm auf das Kapitol endgültig von seiner Lieblingsplattform Twitter verbannt. Auch Facebook hat den ehemals mächtigsten Mann der Welt gesperrt und Anfang Mai verkündet, dass diese Entscheidung vorerst aufrechtbleiben werde. Der einstige US-Präsident reagierte wiederum, indem er Twitter nun kurzerhand als "sehr langweilig" bezeichnete und anschließend seine Ankündigung wahrmachte, einen Microblogging-Dienst auf der eigenen Website zu starten – auf dem wiederum nur er selbst schreiben kann.

Foto: Donald Trump/Screenshot

Diese Lösung ist natürlich weit entfernt von dem, was Trumps Berater Jason Miller noch Ende März angekündigt hatte: Laut damaligen Aussagen sollte Trump ein eigenes Social Network aufbauen, welches "das Spiel komplett neu definieren" sollte. Am Ende wurde es ein Microblog – und es drängt sich die Frage auf: Wie schwierig ist es, eine solche Seite ohne Programmierkenntnisse selbst nachzubauen? Die Antwort: sehr, sehr einfach.

Bloß nicht zu kompliziert denken

In meinen ersten Überlegungen habe ich geglaubt, ich müsste wirklich ein eigenes Social Network bauen, um Trump das Wasser reichen zu können. An und für sich gibt es dafür einige Vorlagen, an denen man sich orientieren kann. Eine dieser Vorlagen ist Mastodon: ein dezentrales Social Network, das sich aus mehreren Gruppen zusammensetzt, die Einzelpersonen und Organisationen jeweils selbst betreiben. Das Netzwerk gehört keinem Konzern, sondern der Community, welche aus inzwischen mehr als 4,4 Millionen Menschen besteht.

Ein Einblick in Mastodon ...
Foto: Mastodon

Eine andere Möglichkeit wäre über Wordpress. Es ist das weltweit meistgenutzte Content Management System (CMS), also das Rückgrat so mancher Website. Es ist gratis, und aufgrund seiner weiten Verbreitung gibt es auch zahlreiche Werkzeuge, mit denen man Wordpress auch ohne Programmierkenntnisse an die eigenen Bedürfnisse anpassen kann. Sogenannte "Themes" verändern dabei das Erscheinungsbild der Website, "Plug-ins" wiederum fügen neue Funktionen hinzu.

Eines der beliebtesten Plug-ins für Wordpress ist Buddypress, mit welchem man diversen Anleitungen zufolge ein eigenes Social Network auf Wordpress-Basis erstellen kann. Wer zusätzlich kostenpflichtige Add-ons wie Buddyboss installiert, kann der eigenen Wordpress-Seite tatsächlich das Look & Feel einer Facebook-Kopie verpassen.

... und in Buddyboss.
Foto: Buddyboss

Doch halt! In Wahrheit möchten wir hier ja gar kein eigenen Social Network bauen – sondern Trump nachahmen. Somit werfe ich alle bisherigen Recherchen beiseite und beginne den Denkprozess neu: Wie kann ich einen Microblogging-Dienst in eine Wordpress-Seite einbauen, auf dem ausschließlich ich selbst schreiben darf?

Die Suche nach entsprechenden Plug-ins mit dem Suchbegriff "Microblogging" fördert auf den ersten Blick zwar Ergebnisse zutage, die helfen könnten – auf den zweiten Blick sind diese jedoch enttäuschend: Meist geht es darum, den eigenen Blog mit Twitter zu verknüpfen oder mit Menschen auf Augenhöhe zu kommunizieren. Das wollen wir ja nicht. Wir wollen ja weg von Twitter. Und alle sollen uns zuhören, aber keiner soll antworten dürfen.

Microblogging mit Wordpress aufsetzen

Die Lösung ist also viel simpler, als wir ursprünglich gedacht haben. Wer Trump kopieren will, der muss simpel denken: Für einen einfachen Microblog brauchen wir nur Wordpress selbst – und sonst gar nichts.

Der erste Schritt dazu ist, sich selber eine Domain inklusive Online-Speicherplatz zu besorgen, falls diese noch nicht vorhanden ist. Viele Anbieter ermöglichen es, mit wenigen Klicks Wordpress auf der eigenen Domain zu installieren. Ist das möglich, so kann das CMS auf Wordpress.org heruntergeladen und anschließend installiert werden. Eine entsprechende Installationsanleitung zeigt das folgende Video.

Carlo Siebert

Ist das System einmal aufgesetzt, so kann es in verschiedenen Formen adaptiert sowie mit Themes und Plug-ins angereichert werden. Für unseren Anlassfall klicken wir aber lediglich im linken Menü des Wordpress-Systems auf "Design" und anschließend auf "Customizer".

Anschließend erhalten wir eine Bildschirmansicht, bei der wir das Erscheinungsbild ändern. Hier wollen wir einstellen, dass Blogpostings immer in voller Länge auf der Startseite angezeigt werden. Im aktuellen Standard-Theme "Twenty Twenty-One" funktioniert das, indem im Menüpunkt "Textauszugseinstellungen" die Option "Den vollständigen Text" angewählt wird. Bei anderen Themes kann es zum Beispiel sein, dass man eine maximale Zeichenanzahl einstellt – was bei einer Twitter-Kopie ohnehin passend ist.

Das war's auch schon. Fertig. Im Ergebnis sehen die Microblog-Beiträge dann ähnlich aus wie jene, an denen der Ex-Präsident zahlreiche Berater monatelang arbeiten ließ.

Foto: Der Standard/Stefan Mey

Ab diesem Zeitpunkt kann freilich weiter adaptiert werden. Mit anderen Themes kann das Erscheinungsbild farbenfroher gestaltet werden, über Plug-ins können zusätzliche Funktionen hinzugefügt werden. Etwa die Möglichkeit, einen Newsletter zu abonnieren oder die einzelnen Beiträge automatisiert auf Twitter zu posten. Außerdem können weitere Unterseiten für die Website angelegt werden – etwa für das Publizieren von Presseaussendungen, die laut Trump ja ohnehin galanter sind als Twitter-Postings.

Und wer die Postings nicht über den Desktop-PC absetzen möchte, der kann dies freilich auch über mobile Geräte tun. Denn über die offizielle, kostenlose Wordpress-App lassen sich auch unterwegs Beiträge verfassen und editieren.

Sharing is caring

Kleine Unterschiede gibt es aber sehr wohl zwischen der hier beschriebenen Lösung und jener des Donald Trump. Aufmerksamen Beobachtern wird nicht entgangen sein, dass Trump ausnahmslos jeden Beitrag mit seinem eigenen Namen betitelt, während ich in meinem Selbstversuch das eigentliche Thema zum Zentrum des Postings mache – wie man seine Posts betitelt, ist letztlich Geschmackssache und vermutlich auch vom Ego des Autors abhängig.

Was außerdem auffällt: Während Trump die Buttons zum Sharen der Beiträge am Rand der Postings angebracht hat, finden sich meine unter den Postings. Das liegt an dem Plug-in, das ich verwende: das vom Heise-Verlag zur Verfügung gestellte Shariff, welches allein schon wegen seiner DSGVO-Konformität empfehlenswert ist. Kleine Randnotiz auch an dieser Stelle: Twitter sperrt aktuell sowieso jene Konten, die Trumps Blogposts verbreiten.

Schnelligkeit und Sicherheit

Sprechen wir generell über das Thema Sicherheit, so sei angeführt, dass Trumps Website laut einer Analyse des STANDARD bei Seitenaufruf zehn Cookies und 28 Third-Party-Anfragen von externen Anbietern lädt. Wer seine Website schlanker gestaltet, der kommt mit deutlich weniger aus.

Selbiges gilt auch für die Geschwindigkeit der Website, die unter anderem für die Suchmaschinenoptimierung relevant ist: www.donaldjtrump.com/desk kommt hier auf magere 68 von 100 möglichen Punkten. Die Techniker des Multimilliardärs haben also eine Site gebastelt, die nicht nur wenig Funktionalität hat, sondern auch langsam ist.

Fazit

Freilich wurde medial viel über den Ex-Präsidenten und seine enttäuschende "Twitter-Kopie" geätzt. Abseits der Politik sollten sich Unternehmen, Organisationen und Influencer aber überlegen, ob es nicht wirklich Sinn macht, ein Microblogging-System auf der eigenen Website einzurichten. Denn immerhin hält sich der technische Aufwand in Grenzen und die eigene Kundschaft beziehungsweise Community kann auf diesem Weg unkompliziert informiert werden – und zwar im eigenen digitalen Zuhause anstatt auf den Servern eines US-Konzerns. (Stefan Mey, 7.5.2021)