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Auch das ist ein Bild. das man vor 2020 wohl eher nicht für möglich gehalten hätte: Eine Hochzeit mit Masken.

Foto: AP/Jorge Saenz

Nicht viel deutet darauf hin, dass sich Manuel und Alexandra soeben das Ja-Wort gegeben haben: Händchenhaltend kommen sie aus dem Bezirksamt Wien-Ottakring heraus, beide haben sich in Schale geworfen, das schon. Aber: keine Trauzeugen im Schlepptau, kein Sekt, keine Musik, kein Konfetti. "Wir sind froh, dass es endlich erledigt ist", sagt der Bräutigam. "Wir haben unserer Familie nicht einmal Bescheid gegeben", ergänzt die Braut. Deswegen wollen die beiden auch nicht ihre richtigen Namen angeben. Wieso "endlich"? "Wir haben unsere große Hochzeitsfeier jetzt schon zwei Mal verschoben, der aktuelle Termin hätte wieder nicht gehalten. Deswegen haben wir gesagt, wir ziehen das jetzt einfach durch, nur wir beide. Darum geht es eigentlich ja auch beim Heiraten", sagt Manuel. Freunden und der Familie wollen sie bald Bescheid geben. Ein Fest werde vielleicht 2022 nachgeholt. "Aber wir schmieden keine Pläne", sagt Alexandra.

Was derzeit (nicht) möglich ist

Der Mai steht nicht nur für erste Besuche im Freibad und lange Wochenenden. Es ist normalerweise auch jener Monat, in dem die Hochzeitssaison richtig Fahrt aufnimmt. Nach 2020 bleibt das aber auch dieses Jahr aus.

Derzeit sind Feiern explizit untersagt, Trauungen im Standesamt sind aber möglich, natürlich mit klaren Regeln. In Wien dürfen bei standesamtlichen Hochzeiten neben der Standesbeamtin beziehungsweise dem Standesbeamten und dem Brautpaar beispielsweise maximal sechs Gäste anwesend sein – alle müssen getestet sein und eine FFP2-Maske tragen. Gesang oder andere Live-Musik ist ein No-Go, die Untermalung muss stattdessen über das Handy oder einen CD-Player kommen. An zwei Standorten können die Trauungen dafür über einen Livestream übertragen werden.

Was ab 19. Mai möglich ist

Ab dem 19. Mai sind dann tagsüber unter bestimmten Voraussetzungen auch größere Veranstaltungen mit bis zu 50 Personen zwar erlaubt, wenn es zugewiesene Sitzplätze gibt und alle getestet, genesen oder geimpft sind. Allerdings dürfen keine Speisen verabreicht oder Getränke ausgeschenkt werden (siehe Wissen).

Zwischen den Zeilen wird klar: Richtige Hochzeitsfeiern sind nicht möglich. Das Virus hätte schließlich auch einen sehr guten Nährboden: Eine Kombi aus großen Emotionen und – meist – viel Alkohol bildet die Basis dafür. Eine Hochzeit, die zumindest jenen vor Corona-Zeiten ähnelt, könnte frühestens im Juli wieder möglich sein, stellte die Bundesregierung zuletzt in Aussicht.

Darauf hoffen Lukas und Carina Kogler. Eigentlich wollten die beiden im Juli 2020 mit etwas mehr als 100 Gästen auf einer Almhütte heiraten, sie entschieden sich aber schon im Mai dazu, um ein Jahr zu verschieben: "Wir wollten einfach auf Nummer sicher gehen. Letztes Jahr war noch nicht so viel über das Virus bekannt, die Situation war für alle noch ungewohnt. Außerdem gab es keine bzw. viel weniger Testmöglichkeiten", sagt Carina Kogler.

14 Prozent weniger Eheschließungen

Dass auch andere Paare 2020 ihre Hochzeit verschoben bzw. abgesagt haben, zeigt ein Blick in die Statistik: Demnach wurden im letzten Jahr laut den vorläufigen Daten von Statistik Austria 39.478 Ehen geschlossen – um 14 Prozent weniger als 2019. Den stärksten Rückgang bei den Eheschließungen verzeichnete dabei Wien. Hier wurden laut der Statistik Austria im Vorjahr fast um ein Viertel weniger Ehen geschlossen. An zweiter Stelle liegt Salzburg, wo um 15,6 Prozent weniger Eheschließungen zu verzeichnen waren. Die beiden Städte sind mit ihren Schlössern auch bei ausländischen Paaren eine beliebte Hochzeitsdestination.

Grafik: APA

Größer als das Minus bei den Trauungen ist natürlich der Rückgang bei den Feiern, denn viele Paare haben sich im Vorjahr zwar am Standesamt vermählt, aber die Party mit Familie und Freunden auf später verschoben – wie die Koglers. Die beiden gaben sich letztes Jahr im kleinen Kreis standesamtlich im Sommer 2020 das Ja-Wort.

Zehntausende Feiern abgesagt

Schätzungen zufolge wurden im letzten Jahr die Hälfte der mehr als 40.000 geplanten Hochzeitsfeiern abgesagt. Das trifft nicht nur Betreiber beliebter Hochzeitslocations, sondern zieht freilich einen langen Rattenschwanz an betroffenen Firmen und Selbstständigen nach sich.

Hochzeiten sind schon längst zu einem Wirtschaftsfaktor in Österreich geworden. Vom Weddingplaner über die Hochzeitstortendesigner, den Brautmodegeschäften bis hin zu Musikern oder Fotografen haben alle von ihnen im Vorjahr mit etlichen Verschiebungen und Absagen umgehen müssen. Die Unsicherheit ist auch hier zum Fixum geworden.

Unsicherheit auch bei DienstleisterInnen

So auch bei Andrea Streitwieser, die mit ihrer Firma Cake Couture Hochzeitstorten und Sweet Tables designt und bäckt. Im Vorjahr habe sie natürlich Umsatzeinbußen gehabt, weil viele Aufträge ausgefallen seien. "Ab dem Zeitpunkt, wo es wieder gegangen ist, haben alle wie wild geheiratet", sagt die Salzburgerin. Mitte Juni musste dann deswegen "von null auf hundert" sofort mit dem Backen begonnen werden. Sie arbeite viel mit Weddingplanerinnen zusammen. "Wir haben in drei Wochen Hochzeiten aufgestellt, für die wir normalerweise eineinhalb Jahre Vorlaufzeit haben." Andere Paare mussten ihre Hochzeit schon mehrmals verschieben. "Wir leiden auch mit den Brautpaaren mit, für sie ist das der wichtigste Tag im Leben", sagt Streitwieser.

So geht es auch Alexandra Dobner, nebenberufliche Hochzeitssängerin aus Linz. "Die Brautpaare organisieren so viel, wollen, dass alles perfekt ist, und von der Regierung gab es so wenig Planungssicherheit." Deshalb hätten auch viele im Hochzeitsbusiness die Stornobedingungen auf ein Minimum runtergeschraubt, sagt sie. "Weil alle froh sind, dass sie gebucht werden. Hauptberufliche zittern um jede Hochzeit." Im Vorjahr habe sich die Pandemie auf die Sängerin nicht so schlimm ausgewirkt, weil von Mai bis September viele Trauungen doch noch stattgefunden haben.

Lehren aus der Pandemie

Auch die Koglers hätten letztendlich ihren großen Tag durchziehen können, weil die Regeln gelockert wurden. "Aber wir sind trotzdem glücklich mit unserer Entscheidung, die Feier auf diesen Juli zu verschieben." Nun heißt es allerdings wieder zittern, ob das möglich sein wird. "Mittlerweile stresst uns diese Ungewissheit gar nicht mehr", sagt Carina Kogler. "Mit der Pandemie hat man ja auch gelernt, dass man flexibler sein muss."

Die Dienstleister wollen Absagen natürlich vermeiden und versuchen, Paare mit allen möglichen Ideen bei Feierlaune zu halten: Das Brautmodengeschäft Feinstens in Linz hat für die "Corona-Bräute" eigene Aufbewahrungsboxen für die Kleider produzieren lassen, weil die Stoffe, nachdem sie monatelang im Schrank gehangen sind, leiden. Und Bernhard Fichtenbauer, Betreiber von einer Plattform für Hochzeitslocations, wartet mit einer terminlichen Alternative auf: Er empfiehlt, "eine romantische Winterhochzeit mit Schneelandschaft, Pferdeschlitten und wärmendem Kaminfeuer in Betracht zu ziehen", und hat deshalb gleich eine eigene Seite für diese Locations erstellt.

Die Koglers könnte er damit nicht überzeugen, sie ziehen grüne Wiesen und Sonnenschein vor. Aber: "Ein zweites Mal verschieben wir die Feier nicht mehr. Irgendwann reicht es dann auch, und geheiratet haben wir ja schon." Das Paar bleibt aber zuversichtlich: "Der Juli wird sich schon ausgehen." (Lara Hagen, Stefanie Ruep, 11.5.2021)