Wolfgang Fellner über die Vorwürfe gegen ihn in "Österreich am Sonntag".

Foto: Faksimile / "Österreich"

Wolfgang Fellner, Herausgeber, Mastermind und gerade nach Vorwürfen sexueller Belästigung von sich selbst beurlaubter Moderator von Oe24TV, hat am Sonntag in "Österreich" auf einer Doppelseite Vorwürfe zweier Exmitarbeiterinnen zurückgewiesen. Er erklärt die Vorwürfe mit als Kampagne von Konkurrenzsendern Puls24 und Krone.TV.

Exmitarbeiterin Raphaela Scharf hat gegen ihre fristlose Entlassung durch die Fellner-Gruppe bereits 2019 geklagt, bevor sie Moderatorin von Krone.TV wurde, vertreten von einem anderen Anwalt als Michael Rami, der das Mandat inzwischen übernommen hat und auch für die "Krone" und ihre Eigentümerfamilie arbeitet.

"Doch für einen Punkt entschuldigen"

Aber Wolfgang Fellner schreibt auf der Seite mit seiner Sicht der – O-Ton – "Wahrheit" über die Vorfälle, die er vielfach als falsch dementiert hat, auch: "Ich werde künftig in meiner Wortwahl deutlich sensibler und respektvoller sein."

Es gebe in dem Verfahren "doch einen Punkt, für den ich mich klar entschuldigen möchte": Er habe "in einem sehr emotionalen Gespräch Frau Scharf vorgeworfen, ihre an diesem Tag in meinen Augen zu aufreizende und sexbetonte Moderations-Kleidung entspreche nicht dem gewünschten Business-Stil, sondern sehe aus wie eine Nutte'."

Er führt ungenannte "ORF-Mitarbeiterinnen" an, wonach solche Worte (oder auch alternativ auch "Zuhälter") im öffentlich-rechtlichen Rundfunk "immer wieder gebraucht würden". Dennoch "tut mir diese Aussage im Nachhinein leid und sie entspricht nicht dem Respekt, den ich Frau Scharf und allen Frauen in meinen Unternehmen entgegenbringe".

Fellner schreibt, er habe mit der Mediengruppe Österreich/Oe24 "ein Unternehmen aufgebaut, das heute zu Recht als das frauenfreundlichste im Mediensektor angesehen werden kann". Mehr als 80 Prozent aller Führungspositionen "in meinem Unternehmen" seien mit Frauen besetzt: "Von Chefredaktion und Geschäftsführung der Zeitung Österreich über die Programmdirektion und Geschäftsführung von oe24.TV, von oe24 Online bis zu Radio Austria und allen Magazinen werden bei uns fast alle Medien von Frauen geleitet – das gibt es nirgendwo sonst in Österreich".

Frauenanteil: Check im Firmenbuch

Im Firmenbuch lässt sich der Frauenanteil von 80 Prozent in den Geschäftsführungen nicht so einfach nachvollziehen; die Konstruktion mit einigen Dutzend Firmen mit unterschiedlichen Eigentümerkonstellationen hinter der Fellner-Mediengruppe ist aber auch eher unübersichtlich. Der Befund ist also nicht komplett, umfasst aber eine Reihe von, soweit von außen nachvollziehbar, wesentlichen Gesellschaften der Gruppe.

Tamara Fellner, die Wolfgang Fellner 2020 heiratete, wurden laut Aussendung der Mediengruppe Österreich im September 2019 zusammen mit Beate Österreicher neben Wolfgang Fellners Sohn Niki Fellner "Geschäftsführerinnen" von Oe24.at. Tamara Chambers, inzwischen Fellner, ist im Firmenbuch (Stand Sonntag) lediglich als Eigentümerin eines nach ihr benannten Medienberatungs-Einzelunternehmens zu finden. Österreicher ebensowenig. Als Geschäftsführer der O24 GmbH sind Niki und Wolfgang Fellner eingetragen.

In der Mediengruppe Österreich GmbH sind Wolfgang Fellner und Wolfgang Zekert als Geschäftsführer eingetragen, ebenso in der Österreich Zeitungsverlag GmbH. In der Media Invest Österreich GmbH der Rechtsanwalt Christoph Leon, ebenso in deren Eigentümergesellschaft. In der Media Content und Cityservice GmbH (hier sind die Journalistinnen und Journalisten von "Österreich angestellt) sind laut Firmenbuch Wolfgang Zekert und Wilfrid Wagner eingetragen. In der Oe24 Redaktions- und Produktions GmbH sind Wolfgang Fellner und Wolfgang Zekert als Geschäftsführer eingetragen. Diese Gesellschaft gehört ebenfalls zur Gänze der Mediengruppe Österreich GmbH, sie produziert nach deren Angaben die Gratiszeitungsvariante "Oe24".

Austria Digital und A.Digital

In der A.Digital Errichtungs- und Beteiligungs GmbH, laut Impressum Medieninhaber von Oe24.tv und den gleichnamigen Abrufdienst sowie Muttergesellschaft diverser anderer Onlineportale wie wetter.at, ist Niki Fellner als alleiniger Geschäftsführer eingetragen.

In der Radio Austria GmbH, laut Impressum Medieninhaberin des gleichnamigen Radiokanals, ist Sylvia Buchhammer als alleinige Geschäftsführerin eingetragen. Buchhammer ist zudem eingetragen als Geschäftsführerin der Fellner-Firmen Alpha Medien GmbH für Wirtschaftskommunikation, Antenne Salzburg GmbH, CM Classified Media GmbH, Careesma GmbH, D24 Newsroom GmbH und ELCG GmbH.

Unter den zahlreichen – bei früheren Zählungen mehr als 50 – Firmen behält auch der Kopf der Gruppe nicht immer leicht die Übersicht: Fellner betont in dem Text, nicht er sei in den Verfahren mit einer Exmitarbeiterin vor dem Arbeits- und Sozialgericht geklagt worden. Die Moderatorin Raphaela Scharf habe vielmehr "die Firma Austria Digital" geklagt. Eine solche Firma ist im Firmenbuch nicht zu finden. In der Fellner-Gruppe gibt es (soweit erkennbar) aber eine A.Digital 2026 GmbH, eine A.Digital Errichtungs- und Beteiligungs GmbH sowie eine A.Digital Content GmbH (alleiniger Geschäftsführer laut Firmenbuch bei allen dreien: Niki Fellner).

Zwischentitel und Text

Fellner wiederum hat umgekehrt Scharf auf Unterlassung des Vorwurfs sexueller Belästigung geklagt (DER STANDARD berichtete ausführlich).

In Fellners Text in "Österreich am Sonntag" zum Thema steht der Zwischentitel "Augenzeugen und Fotos belegen: Keine Berührung". Im Text lautet die Formulierung eine Nuance präziser über die Verhandlungen vor dem Arbeits- und Sozialgericht: "In diesen Verfahren haben die Augenzeugen ausgesagt, sie hätten keine Berührung von Frau Scharf durch mich und schon gar kein 'Begrapschen' gesehen."

Zwei Absätze weiter schreibt Fellner in diesem Text dezidiert: "Während also die Vorwürfe der sexuellen Belästigung durch "Grapschen" nicht zutreffen – entscheiden wird das Gericht"... dann folgt die Entschuldigung für die "Nutten"-Wortwahl.

"Völlig absurd"

Als "völlig absurd" bezeichnet Fellner die Aussagen und Vorwürfe sexueller Belästigung von Katia Wagner, ehemalige Mitarbeiterin der Fellner-Gruppe und heute ebenfalls bei Krone.TV. Sie wären schon vor ihrer Tätigkeit bei Oe24 "privat befreundet" gewesen, sieh habe "großen Wert darauf gelegt, diese Freundschaft zu betonen und mich deshalb – teilweise sehr aufdringlich – vor ihrem Team umarmt, auf die Wange geküsst, mit Geschenken bedacht". "Österreich" verweist auf der Doppelseite zudem erneut auf eine Geburtstagskarte mit Herzchen an Fellner, sie habe 2019 sogar als Moderatorin zu Oe24.TV zurückkehren wollen, schreibt der Herausgeber.

Wagner sprach auf Puls 4 zuletzt von einem Angebot Fellners. Fellners Darstellung ihres Verhältnisses zueinander kommentierte sie am Freitag auf STANDARD-Anfrage so: "Das ist ein typisches Muster, um Opfer einzuschüchtern." Deshalb hätten zahlreiche Opfer, die sich bei ihr gemeldet haben sollen, Angst. "Wenn Fellner einen Geburtstagsgruß als Liebesbrief interpretiert, tut er mir leid", sagte Wagner. Sie wird Ende Mai als Zeugin am Arbeits- und Sozialgericht aussagen.

Bildschirmpause, Wirtschaftsprüfer

Am Freitag hat Wolfgang Fellners Mediengruppe Österreich in einer Aussendung angekündigt, Fellner pausiere freiwillig als Moderator seiner Talksendung "Fellner Live". Die Mediengruppe beauftrage die Wirtschaftsprüfung BDO, die Vorwürfe gegen Fellner – unabhängig von den laufenden Gerichtsverfahren – zu prüfen. Fellner kam mit seiner Bildschirmpause einer Erklärung mehrerer führender Politikerinnen nach, bis zur Klärung der Vorwürfe nicht mehr zu "Fellner Live" zu kommen. (fid, 9.5.2021)