Es war der erste große Streit zwischen den alten und den neuen Aktionären. Schon 2017 war das Thema aufgekommen: der Verkauf der Auslandstochter des teilstaatlichen Glücksspielkonzerns, der Casinos Austria International (CAI). Sazka hielt ab Anfang 2018 offiziell mit rund 34 Prozent bereits die Mehrheit der Casinos Austria AG (Casag) und durfte die Stimmrechte der Novomatic mitausüben, die staatliche Beteiligungsholding Öbib (heute: Öbag) besaß rund 33 Prozent und Novomatic rund 17 Prozent. Chef der Casag war Alexander Labak, ein Mann der Tschechen und bei der Belegschaft ob seines Führungsstils nur mäßig beliebt. Vor allem den Tschechen war daran gelegen, die CAI zu verkaufen. Und: Wie sich nun aus Unterlagen aus dem Ermittlungsakt zur Causa Casinos erschließt, trug sich die Novomatic mit dem Gedanken, die Casag-Auslandstochter zu kaufen.

Verkauf abgeblasen

Der Aufsichtsrat der Casag beschloss bereits im Juni 2017, den Markt für einen CAI-Verkauf zu sondieren. Die Öbib, über die die Republik ihre Anteile hielt, war darob gar nicht begeistert, die Diskussionen waren hart. Ab August eskalierte der Streit. Damals wandte sich der Vorstand unter Labak, der die Verkaufspläne forcierte, in einem sogenannten Teaser an potenzielle Interessenten. Die Öbib-Vertreter erfuhren davon jedoch erst, als die Briefe bereits verschickt waren. Der Streit eskalierte, die Öbib gewann, und Labak musste bekanntgeben, dass der Verkauf abgeblasen sei. Die CAI – ihr gehören 32 Casinos, sie hatte von 2009 bis 2015 Verluste geschrieben und war erst 2016 in die Gewinnzone gekommen – gehört bis heute zur Casag.

Die gemeinsame Zeit von Novomatic und der teilstaatlichen Casinos Austria währte nur kurz und war von Differenzen geprägt.
Fotos: Herbert Pfarrhofer, Herbert Neuba

Aus den Unterlagen geht hervor, wie Novomatic und die Tschechen den Glücksspielkonzern damals aufteilen und wie sie Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) eine "österreichische Lösung" schmackhaft machen wollten. Zunächst sollten die Tschechen ihren CAI-Anteil an Novomatic verkaufen, heißt es in Schriftstücken, und dass man dem Minister die weiteren Schritte noch nicht offenbaren wolle.

Diese hätten dazu geführt, dass Novomatic rund 60 Prozent und die Republik rund 33 Prozent an der Casag besitzen: Sazka wäre draußen gewesen ("österreichische Lösung"). Im Gegenzug wären rund 60 Prozent der Lotterien an die Tschechen gegangen, die Öbib wäre mit 34 Prozent beteiligt gewesen: Novomatic wäre draußen gewesen. Genau das wollte Sazka: Sie ist bis heute vor allem am profitablen Lotteriegeschäft interessiert, die Casinosparte hat es ihr nie sehr angetan.

Es sollte anders kommen. Sazka und Novomatic gerieten sich in die Haare, die Wettbewerbshüter untersagten Novomatic die mehrheitliche Casag-Übernahme, 2020 verkaufte Novomatic an die Tschechen. Sie halten heute die Mehrheit, die Republik rund 33 Prozent.

Spielen mit Coppola

2017, als der Streit spielte, hatte Novomatic ja noch vor, an die Börse zu gehen. Das Steuerproblem in Italien, wo eine saftige Nachzahlung drohte, trübte diese Pläne aber. Wobei der Gumpoldskirchner Glücksspielkonzern laut Vorstandsprotokoll von 6. Juli 2017 noch große Pläne in Italien hatte: "ein Joint-Venture mit Familie Coppola zur Entwicklung mehrerer großer Spielhallen mit hohem Entertainment-Fokus". Dass damit die Familie des US-Regisseurs Francis Ford Coppola (Der Pate) gemeint war, die in Süditalien im Hotelgeschäft engagiert ist, wird heute in Abrede gestellt. Man habe im Bereich Sportwetten Kooperationen geplant, daraus sei dann aber nichts geworden, so ein Novomatic-Sprecher.

Scheitern am Olymp: Auch aus dem Börsengang ("Projekt Olymp") wurde nichts – wegen der verschlechterten Ergebnisentwicklung wie Novomatic-Chef Harald Neumann in einer Vorstandssitzung erklärte.
Foto: APA/HELMUT FOHRINGER

Auch aus dem Börsengang ("Projekt Olymp") wurde nichts. Am 25. September 2017 war er Geschichte, sei wegen der verschlechterten Ergebnisentwicklung "vorerst" abgebrochen worden, wie Novomatic-Chef Harald Neumann in einer Vorstandssitzung erklärte. Im Konzern startete ein Kostensenkungsprogramm. Novomatic brauchte Luft für die Anfang 2018 anstehende Mehrheitsübernahme des australischen Branchenriesen Ainsworth. Kostenpunkt laut Vorstandsprotokoll: 313 Millionen Euro. Ein folgenschweres Engagement: Mit der Ainsworth-Sanierung ist Ex-Novomatic-Chef Neumann derzeit sehr beschäftigt.

Problem in Italien

Das Steuerthema in Italien, wegen dem sich Neumann an den inzwischen als Beschuldigten geführten Gernot Blümel gewendet hatte (Stichwort: "Spende", "Problem in Italien"; beide weisen die Vorwürfe zurück), war dagegen Ende 2017 so gut wie gelöst. Am 30. November wurde der Vorstand informiert, dass mit der Steuerbehörde in Rimini "eine Einigung erzielbar" sei: rund 19 Millionen Euro Nachzahlung für die Jahre 2012 bis 2016. Zwar sah der Vorstand "valide Gegenargumente", doch angesichts eines Nachzahlungsrisikos von bis zu 72 Millionen Euro bei Nichteinigung mit der Finanz beschloss die Novomatic-Führung, dem Vergleich zuzustimmen.

Die italienische Tochter wollten die Gumpoldskirchner dann loswerden, der Vorstand prüfte ihren Verkauf. Die Pläne zerschlugen sich: Die Preisvorstellungen der Novomatic waren nicht realisierbar. (Renate Graber, 10.5.2021)