Heillos überfüllte Parkplätze knapp unter dem Gipfel der 1541 Meter hohen Bleckwand am Wolfgangsee. Shuttlebusse? Fehlanzeige.

Foto: Thomas Neuhold

Blauer Himmel, Sonnenschein und Wochenende – da zieht es viele Menschen verständlicherweise nach draußen. Die Corona-Pandemie hat den Drang in die Natur noch angekurbelt. Tausende Ausflügler pilgern mit ihren Autos und Motorrädern zu Naturschutzgebieten und auf Berge, um dort die unberührte Natur zu genießen. Die Anrainer leiden unter der Blechlawine zu den Ausflugszielen und beginnen sich zu wehren. Das Öffiangebot auszubauen oder Shuttleservices anzubieten bleibt meist ein Vorschlag, stattdessen werden die vorhandenen Parkflächen weiter ausgebaut.

So etwa bei einem Ausflugsmagneten im Salzburger Tennengau, dem Gollinger Wasserfall. An Spitzentagen im Sommer waren hier die rund 40 Stellplätze schnell voll, die nachkommenden Autos parkten am Rande der schmalen Einfahrt, die Zufahrt war fast täglich verstopft. Heuer hat die Gemeinde ein Grundstück gepachtet, um 80 weitere Stellplätze zu errichten, und das Wildcampen auf dem Wasserfallparkplatz wird verboten.

Der Gollinger Wasserfall ist ein Naturjuwel und somit eine beliebte Sehenswürdigkeit im Salzburger Tennengau.
Foto: Stefanie Ruep

Einen ähnlichen Lösungsansatz für den Andrang von Wanderern und Tagesgästen verfolgt die Gemeinde Untertauern im Salzburger Pongau. Beim beliebten Wandergebiet Gnadenalm soll der Parkplatz erweitert werden, weil dieser an schönen Wochenenden sommers wie winters überfüllt ist und die Autos sogar entlang der Katschberg-Straße (B99) parken.

Chaletdorf über die Hintertür

Winfrid Herbst vom Naturschutzbund spricht sich, wie auch andere Naturschützer, klar gegen einen neuen Parkplatz aus: "Es sei eine zusätzliche Bodenversiegelung, die wir nicht brauchen können. Sehr stark bewanderte Gebiete sollten gut mit dem öffentlichen Verkehr erschlossen werden." Die verdichtete Busverbindung von Radstadt nach Obertauern in den Wintermonaten brauche es auch im Sommer.

Herbst befürchtet zudem, dass der neue Parkplatz ein Hintertürl für die Widmung von einem Chaletdorf auf der Gnadenalm sein könnte. Denn der Parkplatz mache eine neue Zufahrt notwendig, und diese sei eine Grundbedingung, dass im Bereich der vorderen Gnadenalm Bauland ausgewiesen werden könne. Auch der Bürgermeister von Untertauern Johann Habersatter (Liste Habersatter) habe ein Interesse daran, da er zu den Mitbesitzern der Gnadenalm gehöre, sagt Herbst.

Radtour lebensgefährlich

Andernorts schlängelt sich die Autokolonne bis hoch zum Gipfel. Einer der Hotspots im Salzkammergut ist die Bleckwandstraße von Strobl am Wolfgangsee bis knapp unter den Gipfel der 1541 Meter hohen Bleckwand. Die Almstraße wird von den Fremdenverkehrsverbänden offensiv beworben, und so stauen sich an jedem einigermaßen sonnigen Wochenende hunderte Ausflügler auf der schmalen rund sieben Kilometer langen Straße berg- und auch wieder talwärts. Die Parkplätze sind heillos überfüllt, und so wird eben das Auto wild irgendwie am Straßenrand abgestellt. Die Bleckwandstraße ist auch als Radtour ausgeschildert, Radlerinnen und Radler sieht man hier aber selten – durch den vielen Autoverkehr ist das Radfahren lebensgefährlich.

Der schöne Blick durch das Ofenloch auf Strobl macht die Bleckwand zum Ausflugsmagneten.
Foto: Stefanie Ruep

Mit Anfragen von Medien zur jährlichen Besucherfrequenz, Maßnahmen zur Besucherlenkung oder zu öffentlichen Förderungen hat man bei der Weggenossenschaft sichtlich wenig Freude. Mehrere konkrete Fragen des STANDARD an die Weggenossenschaft der Bleckwandstraße blieben schlicht unbeantwortet. Schätzungen von Anrainern sprechen aber von mehreren Zehntausend Fahrten in der Saison 2020.

Tourismus für Shutteldienste zuständig

Nur eine Frage wird von der Genossenschaft präzise beantwortet: und zwar die nach allfälligen Shuttlebussen oder anderen verkehrsbegrenzenden Maßnahmen: "Generell gehört touristische Attraktivität nicht zu unseren Zielen. Für Wanderparkplätze im Tal, Parkplatzbewirtschaftung, Shuttleservice sind wir nicht zuständig." Das sei Angelegenheit der "Tourismusorganisationen am Wolfgangsee".

Dass gerade im Salzkammergut bald schon auf jede zweite größere Alm eine Mautstraße führt, ist auch den neuen Zutrittssystemen geschuldet. Wo früher ein händischer – und daher oft wenig rentabler – Ticketverkauf notwendig gewesen wäre, versieht heute ein kostengünstiger Ticket- und Schrankenautomat seinen Dienst. Die Investitions- und Wartungskosten sind für die Almgenossenschaften überschaubar, und so spült die ohnehin vorhandene und oft auch mit öffentlicher Unterstützung errichtete Almstraße plötzlich Geld in die Genossenschaftskasse.

Gipfel mit Auto erklimmen

Besonders dramatisch ist die Verkehrssituation auf dem Gaisberg. Der Hausberg Salzburgs ist mit einer breiten Landesstraße erschlossen und wird an schönen Wochenenden oft überrollt. Schätzungen gehen von 650.000 Gaisberg-Besuchern jährlich aus, die den Gipfel mit dem Auto "erklimmen" – und das sind die Zahlen vor dem Corona-Jahr 2020. Das Verkehrsaufkommen ist fallweise derart groß, dass die Polizei regelmäßig die Straße wegen Überfüllung komplett sperren muss.

Wenn keine Wolke am Himmel zu sehen ist, wird die Gaisbergspitze zum Großparkplatz. Da kommt teilweise der Bus, der sowieso nur einen 90-Minuten-Takt hat, nicht einmal durch.
Foto: Stefanie Ruep

Auf den Gaisberg führt zwar auch eine Buslinie, eine Verdichtung des 90-Minuten-Taktes scheitert aber an den Salzburger Autoparteien ÖVP und SPÖ. Zu geringe Nachfrage heißt es gebetsmühlenartig. Den Einwand, dass das unattraktive Angebot zur geringen Auslastung der Buslinie führe, lassen ÖVP und SPÖ nicht gelten. Vorstöße für eine dauerhafte Verkehrsberuhigung, eine Maut oder für temporäre Sperren an den Wochenenden und die Einrichtung eines Gratis-Shuttlebusses wurden und werden von ÖVP und SPÖ ebenfalls konsequent abgeblockt.

Radldemo gegen Parkchaos

In Oberösterreich fühlen sich Einheimische ebenfalls von Ausflüglern geplagt – Parkchaos inklusive. In Grünau im Almtal protestieren die Anrainer nun regelmäßig gegen den Andrang. Einmal im Monat, zuletzt Ende April, formierten sich 70 Radfahrer zu einer Demonstration, um auf die "mittlerweile unerträgliche Blechlawine zum Naturjuwel Almsee" aufmerksam zu machen. Die Grünen fordern als Sofortmaßnahme eine Taktverdichtung der Almtalbahn. In einem weiteren Schritt sollte die Strecke zwischen Wels und Grünau modernisiert werden, um die Bahn zur Alternative zum eigenen Auto zu machen.

Auch am Traunsee hatten im Vorjahr viele Anrainer die Schnauze voll und machten ordentlich Druck. Hier ist die Stadt Gmunden bereits einen Schritt weiter: Gegen den heillos überfüllten Parkplatz im Stadtteil Unterm Stoan, den viele Traunstein-Besteiger als Ausgangspunkt nutzten, und den damit verbundenen Verkehrskollaps auf der Traunsteinstraße am Ostufer wurde letzten August ein Wanderbus eingerichtet. (Thomas Neuhold, Stefanie Ruep, 12.05.2020)