Colonial Pipeline hat eine illustre Kundschaft – und ein Datenleck.

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New York – Nach dem Hackerangriff auf die größte Pipeline der USA hat die Regierung in Washington am Sonntag den regionalen Notstand ausgerufen. Dieser Schritt gehe auf die dringende Notwendigkeit ein, "den sofortigen Transport von Benzin, Diesel, Kerosin und anderen Erdölprodukten" sicherzustellen, erklärte das US-Transportministerium. Nach dem Hackerangriff war das gesamte Rohrleitungsnetz der Betreiberfirma Colonial vorübergehend stillgelegt worden.

Colonial mit Sitz im Bundesstaat Georgia ist der größte Pipeline-Betreiber in den USA. Die Colonial-Pipeline ist gemessen am transportierten Volumen die größte US-Pipeline. Jeden Tag fließen mehr als 2,5 Millionen Barrel (ein Barrel sind 159 Liter) an Benzin, Diesel, Kerosin und anderen Erdölprodukten durch die Rohrleitungen. Die Pipeline führt über gut 8.800 Kilometer von Houston im Bundesstaat Texas bis nach New York an der US-Ostküste und versorgt etwa 50 Millionen Verbraucher. Fast die Hälfte der Kraftstoffversorgung der US-Ostküste fließt durch diese Pipelines. Zu den Abnehmern zählen auch mehrere Flughäfen wie der weltgrößte Airport in Atlanta.

Straße statt Pipeline

Durch die regionale Notstandserklärung kann nun Treibstoff über die Straße in die betroffenen Bundesstaaten transportiert werden, darunter Florida, Texas, New York, Washington und Pennsylvania. Denn auch zwei Tage nach dem Cyberangriff konnte Colonial bisher nur einige kleinere Versorgungsleitungen wieder öffnen, das Hauptsystem war weiter außer Betrieb.

Die amerikanische Regierung arbeitet bei der Bekämpfung des Hackerangriffs eng mit dem Betreiber Colonial Pipeline zusammen. Handelsministerin Gina Raimondo sagte im Fernsehsender CBS am Sonntag, die Wiederherstellung des Leitungssystems habe für die Regierung höchste Priorität: "Wir arbeiten eng mit dem Unternehmen, staatlichen und lokalen Behörden zusammen, um sicherzustellen, dass der normale Betrieb so schnell wie möglich wiederaufgenommen wird und es keine Unterbrechungen in der Versorgung gibt."

Tankpreise könnten steigen

Ein längerer Stillstand der Pipeline könnte die Preise an den Zapfsäulen vor der sommerlichen Hauptfahrzeit in den USA in die Höhe schnellen lassen.

US-Benzin-Futures waren am Sonntag um drei Prozent auf 2,217 Dollar pro Gallone gesprungen. Sie erreichten damit den höchsten Wert seit Mai 2018. Die Heizöl-Futures legten auf den höchsten Wert seit Jänner 2020 zu. Die Ölpreise sind am Montag im frühen Handel moderat gestiegen.

Höchst professionelle Hacker

Nach Auskunft eines früherer Regierungsmitarbeiters und zweier Quellen aus der Branche handelt es sich bei den Hackern wahrscheinlich um eine hochprofessionelle Cyber-kriminelle Gruppe. Es werde untersucht, ob es sich um die von IT-Sicherheitsfirmen als "Dark Side" bezeichnete Gruppe handele. "Dark Side" sei bekannt dafür, Schadprogramme einzuschleusen und danach Unternehmen zu erpressen. Das Programm verschlüsselt Unternehmensdaten. Erst nach Zahlung eines Lösegeldes werden die Daten wieder nutzbar gemacht.

Das Unternehmen gab am Sonntag bekannt, dass eine Cybersecurity-Firma mit der Untersuchung des Falls beauftragt worden sei, außerdem habe man die zuständigen Strafverfolgungsbehörden kontaktiert. Wann der bereits seit Freitag ruhende Betrieb wieder aufgenommen wird, blieb offen. (APA, Reuters, red, 9.5.2021)