ÖGB-Chef Katzian ist über die Debatte irritiert.

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Wien – Der Chef des Österreichischen Gewerkschaftsbundes (ÖGB), Wolfgang Katzian, zeigte sich von den Forderungen des Wirtschaftsbundes nach einem degressiven Arbeitslosengeld "extrem irritiert". "Bei einem Verhältnis von 1:6, also offene Stellen zu Arbeitssuchenden, jetzt so zu tun, als wären die, die arbeitslos sind, alles Tachinierer, das halte ich wirklich für eine Katastrophe," sagte der ÖGB-Chef am Montag im "Morgenjournal" des ORF.

Jobs in ganz Österreich

Zur Erinnerung: Der ÖVP-Wirtschaftsbund hatte jüngst gefordert, dass Langzeitarbeitslose Jobs in ganz Österreich annehmen müssen und ihr Arbeitslosengeld auf unter 40 Prozent gesenkt wird. SPÖ, FPÖ und Gewerkschaft hatten empört reagiert. Widerstand kam auch vom Koalitionspartner, den Grünen. Sie warfen der ÖVP soziale Kälte und Verachtung für Arbeitslose vor. Der ÖVP-Bund hielt dagegen. Man wolle mit den Maßnahmen mehr Menschen in Beschäftigung bringen. Es könne doch nicht sein, dass "in Zeiten einer Wirtschaftskrise mit Rekordarbeitslosigkeit tausende offene Stellen unbesetzt sind", meinte Kurt Egger, Generalsekretär des Wirtschaftsbundes.

Es werde einerseits verkündet, etwas gegen Langzeitarbeitslosigkeit tun zu wollen, aber im Hintergrund werde daran gearbeitet, das Arbeitslosengeld zu kürzen und die Zumutbarkeitsbestimmungen zu verschärfen, kontert Katzian. Das sei "eine soziale Kälte, eine Verachtung von arbeitslosen Menschen und Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern", so Katzian. "Wer glaubt, Arbeitslosigkeit lässt sich dadurch bekämpfen, indem es verschärfte individuelle Bestimmungen gibt, der lebt in Wirklichkeit am Mond."

Fehlende Details zu Sprungbrett

Es brauche attraktive Rahmenbedingungen, wenn man die Zumutbarkeitsbestimmungen für den einzelnen Arbeitssuchenden schärfer gestalten wolle. Von derartigen Plänen habe er aber noch nicht gehört. Derzeit werde hingegen "mit der Keule gearbeitet", so Katzian. "Auf der Basis zu sagen, jetzt machen wir einen Wanderzirkus durch ganz Österreich, ehrlich gesagt, dafür werden wir nicht zur Verfügung stehen."

Zum vom Arbeitsministerium geplanten Programm "Sprungbrett" an sich äußerte sich Katzian dagegen etwas positiver. Er sei prinzipiell froh, dass etwas für die Langzeitarbeitslosen getan werde. "Es fehlen halt nach wie vor die Details," so Katzian. An deren Ausarbeitung werde man aber auch teilnehmen. (APA, red, 10.5.2021)