Man erkennt den Irrtum daran, dass die ganze Welt ihn teilt. Nein, der Satz stammt nicht von mir. Der Diplomat und Schriftsteller Jean Giraudoux ist der Urheber. Er fällt mir öfter ein, wenn ich in einem Auto sitze, das nur noch über Bildschirme bedient werden kann.

Der Kuga Plug-in-Hybrid ist trotz perfekten Fahrwerks kein Ausbund an Sportlichkeit, dafür aber praktisch, und er hat dank rund 50 Kilometer E-Reichweite das Potenzial, extrem sparsam Alltagswege zu meistern.
Foto: Guido Gluschitsch

Im Kuga musste ich an meinen eigenen Irrtum denken, Ford immer wieder angekreidet zu haben, dass sie zu viele Knöpfe verbauen. Auf einmal ist man froh, dass man etliche Funktionen bedienen kann, ohne hinschauen zu müssen. Ist es kalt, dreht man den Knopf links unten nach rechts. Fertig. Ist das Radio zu laut, dreht man den Knopf darüber nach links. Fertig. Und noch perverser: Ein Zeiger, der die Geschwindigkeit anzeigt – ja, so einen hat der Kuga noch –, ist so einfach abzulesen, dass ihn andere Hersteller im digitalen Display versuchen, möglichst schlicht nachzubauen.

Juhuu, Knöpfe, wo sie sinnvoll sind.
Foto: Guido Gluschitsch

Lenken und sitzen

Noch was kann der Kuga sehr gut. Fahren. Nein, da geht es nicht ums Geradeaus-Beschleunigen – das können andere viel besser –, es geht um Kurven. Fahrwerk und Lenkung sind so überraschend gut abgestimmt, dass man narrisch werden könnt, dass die Sitze so schlicht sind.

Der aktuelle Kuga hat jetzt auch den riesigen Kühlergrill.
Foto: Guido Gluschitsch

Es fehlt an Seitenhalt, die Beinauflage ist zu kurz, und ich persönlich würde lieber gerne tiefer sitzen, als es im Kuga möglich ist. Aber damit bin ich wohl ähnlich allein, wie in meiner Abneigung des Diktats der inzwischen omnifunktionalen Bildschirme.

Zwei Endröhrln gehen sich auch mit Plug-in-Hybrid-Antrieb noch aus.
Foto: Guido Gluschitsch

Umstritten sind ja auch Plug-in-Hybride per se. Zu Recht. Ihre Berechtigung haben sie aber doch. Vor allem dann, wenn sie, wie der Test-Kuga, rund 50 Kilometer weit rein elektrisch zurücklegen können. Damit lassen sich so ziemlich alle Alltagswege zwischen Eisenstadt und Wien derreiten – wenn man dort und da eine Möglichkeit zum Laden hat. Wer nachlässiger beim Anstecken ist, muss mit einem Verbrauch von rund vier Liter Sprit rechnen. Ihn nur mit leeren Akkus zu fahren und nie zu laden, habe ich aus reiner Sinnlosigkeit nicht im Testkatalog. Ford aber anscheinend schon.

Im Getriebe rührt man mittels Drehknopf.
Foto: Guido Gluschitsch
Grafik: Der Standard

Denn nicht anders ist zu erklären, dass sie den Motor und das CVT-Getriebe so fein abgestimmt haben, dass beides nie nervt. Trotzdem, rein subjektiv betrachtet ist der E-Antrieb der feinere. Wenn es nicht weiß wie pressiert, reichen die rund 100 kW des E-Motors auch locker, um voranzukommen. Pressiert es, wird man beide Antriebe locken und die kombinierten 165 kW nutzen. Und nein, die reichen nicht aus, um den Kuga zu einem Sportwagen zu machen.

Ja, ein bisserl Gelände kann er schon, trotz Frontantrieb, Bodenfreiheit hat er ja.
Foto: Guido Gluschitsch

Dabei, so wie der Wagen abgestimmt ist, würde er auch noch mehr Leistung vertragen. Ein Power-SUV fehlt Ford eh noch. Oder wäre das auch ein Irrtum?

Was noch fehlt, ist ein Scorpio-Nachfolger. Nachdem der neue Puma und Mustang jetzt SUVs sind, hätten wir auch schon einen Namensvorschlag für eine luxuriöse Limousine. Wie wäre es mit Maverick? Der Name wurde ja durch den Kuga wieder frei. (Guido Gluschitsch, 31.5.2021)